Lebensversicherungen Warum Kunden noch auf höhere Überschüsse warten müssen
Mit den wieder anziehenden Zinsen in der Eurozone dürften auch die Erträge für deutsche Kunden von Lebensversicherungen wachsen, erwartet Frank Grund: „Ich rechne damit, dass die Überschussbeteiligung in der Breite steigen wird, natürlich abhängig von der Situation am Kapitalmarkt insgesamt einschließlich der Aktien- und Immobilienmärkte“, zitieren die Nachrichtenagenturen DPA und DPA-AFX den Exekutivdirektor für Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin).
Ihre jeweilige Überschussbeteiligung bestimmen die Lebensversicherer je nach Wirtschaftslage und Anlageerfolg jährlich neu. Hinzu kommt der auch Garantiezins genannte Höchstrechnungszins, der für Neuverträge gerade einmal noch 0,25 Prozent beträgt. Zusammen ergibt sich die laufende Verzinsung, die im vorigen Jahr minimal auf knapp 2,1 Prozent gestiegen war. Dieser Wert bezieht sich auf den Sparanteil der Beitragssumme – also nach Abzug von unter anderem Abschluss- und Vertriebskosten.
Weil dieses Geschäftsmodell der kapitalbildenden Lebensversicherung in Zeiten extrem niedriger Zinsen zuletzt höchstens noch eine laufende Verzinsung von 3 Prozent brachte, haben sich immer mehr Anbieter aus dem Markt für die klassischen Policen verabschiedet. Stattdessen bieten viele von ihnen Neukunden nur noch verringerte Garantien an. Dass sie nun wieder verstärkt auf den Klassiker setzen, hält Bafin-Experte Grund für unwahrscheinlich: „Die Risiken hoher Garantien haben wir gesehen. Ich denke, das dürfte keiner mehr machen.“
Denn die deutsche Assekuranz konnte die bis zu 4-prozentigen Garantiezinsen ihrer Altverträgen aus den Jahren bis 1999 während der jahrelangen Niedrigzinsphase kaum noch auf dem Kapitalmarkt erwirtschaften. Und um die hohen Garantiezinsen aus der Vergangenheit zu gewährleisten, mussten sie eine milliardenschwere Zinszusatzreserve aufbauen. Dieses Geld müssen sie wegen der steigenden Zinsen am Kapitalmarkt nun aber nicht länger zurückhalten. Stattdessen kann es über die Überschussbeteiligung an die Kunden fließen.
Hallo, Herr Kaiser!
Aktuell besteht die Kapitalanlage der Versicherer aber zum Großteil aus Staatsanleihen, die in den vergangenen Jahren zu vergleichsweise niedrigen Zinsen herausgegeben wurden. Ihr Wert ist wegen des aktuellen Zinsanstiege nun gesunken, weshalb die Versicherer in ihren Bilanzen stille Lasten ausweisen müssen. Außerdem dürften sie die stark gestiegene Inflation zu spüren bekommen, die auf die Ausgabenbereitschaft der Kunden drückt. Nach Einschätzung der Bafin könnte das auch das Neugeschäft der Assekuranz schwächen.
15 Lebensversicherer unter verschärfter Aufsicht
„Die Unternehmen sollten sich darauf einstellen, dass das Neukundengeschäft nicht so läuft wie geplant“, zitiert die DPA Deutschlands obersten Versicherungsaufseher. „Die ganz große Kündigungswelle sehen wir bislang aber noch nicht. Gleichwohl sollten die Unternehmen für ein ausreichendes Liquiditätsmanagement sorgen“, so Grund. Denn manche Verbraucher benötigten ihr Geld eher für die nächste Energierechnung und könnten beispielsweise eine Beitragsfreistellung für ihre bestehenden Verträge beantragen.
Aktuell stünden 15 der insgesamt etwa 80 Lebensversicherer hierzulande unter „intensivierter Aufsicht“ der Bonner Behörde. „Ich gehe davon aus, dass die Zahl in absehbarer Zeit deutlich sinken wird“, so Bafin-Exekutivdirektor Grund. Derzeit müsse kein einziger Lebensversicherer hierzulande mehr die Übergangsmaßnahmen des europäischen Aufsichtsregelwerks Solvency II in Anspruch nehmen. Vielmehr erfüllten die Unternehmen bereits heute die Vorgaben, die erst in neun Jahren verpflichtend gelten werden.