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Diese Lebensversicherer müssen Solvenzquoten neu berechnen

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat angeordnet, dass Lebensversicherer zum zweiten Quartal die Übergangsmaßnahme „Versicherungstechnische Rückstellung“ neu berechnen müssen. Einen entsprechenden Bericht des Fachmagzins „Procontra“ hat ein Sprecher der Behörde auf Anfrage von DAS INVESTMENT bestätigt. Mit der nicht öffentlich gemachten Anordnung wandte sich die Bafin demnach direkt an die etwa 50 betroffenen Unternehmen, die das sogenannte Rückstellungstransitional aktuell anwenden.
Übergang zu Solvency II erleichtern
Diese Übergangsmaßnahme aus dem EU-Aufsichtsregime Solvency II ist in Paragraf 352 Versicherungsaufsichtsgesetz geregelt. Sie erlaubt Versicherern, ihre versicherungstechnischen Rückstellungen vorübergehend niedriger zu bewerten. Das bedeutet, dass sie weniger Geld für noch unklare Verpflichtungen in der Zukunft zurücklegen müssen. Dies soll den Unternehmen den Übergang von Solvency I erleichtern. Denn unter dem Regime müssen sie höhere Rückstellungen bilden als bisher und das auch für bereits seit Jahrzehnten bestehende Verträge.
Höhere Eigenmittel als Kapitalpuffer
Mithilfe der Übergangsmaßnahme Rückstellungstransitional sollen die Versicherer seit dem Jahr 2016 und noch bis 2032 höhere Eigenmittel aufbauen können. Aus deren Verhältnis zur sogenannten Solvenzkapitalanforderung berechnet sich die Solvenzquote. Sie beziffert den Kapitalpuffer des Unternehmens, um seine Verpflichtungen gegenüber Kunden auch bei einer dramatisch schlechteren wirtschaftlichen Lage erfüllen zu können. Bei einem Wert unter 100 Prozent hätte es nicht ausreichend Eigenmittel, um extrem unwahrscheinliche Ereignisse zu überstehen.
Ohne Übergangsmaßnahmen fallen die Solvenzquoten der Versicherer niedriger aus. Das gilt auch für die aktuelle Bafin-Anordnung: „Bei den meisten Unternehmen nimmt das Rückstellungstransitional nach Neuberechnung den Wert 0 an“, erklärte ein Sprecher der Aufsichtsbehörde mit Sitz in Frankfurt und Bonn auf Anfrage von DAS INVESTMENT. „Wie hoch sie tatsächlich sein werden, wird die Öffentlichkeit erst mit den Geschäftsberichten für 2024 im neuen Jahr erfahren“, erklärt dazu Lars Herrmann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei der Rating-Agentur Assekurata.
Solvenzquoten der Versicherer sinken
Relativ entspannt äußert sich hierzu der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV): „Da die Solvenzquote ohne Berücksichtigung von Übergangsmaßnahmen 2023 in der Lebensversicherung im Branchenmittel 305 Prozent betrug, bleibt die Kapitalausstattung auch nach Neuberechnung auf einem hohen Niveau“, begründet eine GDV-Sprecherin. „Neben den von den Unternehmen in den letzten Jahren ergriffenen Maßnahmen für ein verbessertes Risikomanagement und der Einführung neuer Produkte wirkt sich dabei vor allem das positive Zinsumfeld aus.“
Das Diagramm oben zeigt den Vergleich der durchschnittlichen Solvenzquoten in der Lebensversicherung, jeweils mit und ohne Übergangsmaßnahmen in den Jahren 2022 und 2023. Die auch mittlere Bedeckungsquote genannte Kennzahl ohne Übergangsmaßnahmen blieb gegenüber dem Vorjahr fast unverändert, betont der GDV. „Bei einer Solvenzquote von 100 Prozent könnten Versicherer auch in einem theoretischen Krisenszenario, das nur alle 200 Jahre eintritt, alle Verpflichtungen erfüllen. Das spricht für solide Geschäftsverhältnisse in einem zuverlässigem Marktumfeld.“