Die Bafin will zukünftig nicht nur bei Lebensversicherungen sehr genau hinsehen, sondern knöpft sich im nächsten Jahr auch den Bereich der Schaden- und Unfallversicherungen vor. Das kündigte Bafin-Exekutivdirektorin Julia Wiens auf der 14. Jahreskonferenz der Versicherungsaufsicht in Bonn an. Rund 500 Teilnehmer von Unternehmen, Verbänden und der Aufsicht nahmen an der Tagung teil.
Price-Walking und risikowidrige Rabatte im Visier
„Wir werden uns mit einigen Preisdifferenzierungen näher auseinandersetzen müssen“, so Wiens. Konkret bemängelt die Aufsichtschefin: Die Rabatte in der Kfz-Versicherung orientierten sich nicht immer am tatsächlichen Risiko des jeweiligen Produkts. Besonders im Fokus der Bafin: das sogenannte Price-Walking. Damit sind wiederholte Prämienerhöhungen gemeint, die weder mit dem versicherten Risiko noch mit den Kosten des Versicherers zusammenhängen.
Wiens stellt klar: „Eine solche Praxis ist mit den Grundsätzen der Wohlverhaltensaufsicht nicht vereinbar.“ Darauf habe auch die europäische Versicherungsaufsicht Eiopa hingewiesen.
Der Tariffreiheit sind Grenzen gesetzt
Die Schaden- und Unfallversicherer genössen zwar eine gewisse Gestaltungsfreiheit beim Festsetzen ihrer Prämien. Allerdings sollten diese auch risikogerecht kalkuliert werden. Die Wohlverhaltensaufsicht setze der Tariffreiheit Grenzen, stellt Wiens klar.
Eine Branchenabfrage der Bafin habe gezeigt: Viele Versicherer differenzierten ihre Prämien teilweise erheblich – und das unabhängig von versicherungsmathematischen Kalkulationen. Dabei seien risikobasierte und transparente Preisdifferenzierungen durchaus erlaubt, stellte Wiens klar. Allerdings nutzten das einige Anbieter offenbar aus: „Uns geht es darum, Ausreißer zu identifizieren und gegen diese vorzugehen“, betont die Exekutivdirektorin.
Minus 40 Basispunkte bei Lebensversicherungen
Wenn die Bafin genau hinschaue, zeige das durchaus Wirkung, betonen die Aufseher. Bei fondsgebundenen Lebensversicherungen etwa seien die Effektivkosten um teils mehr als 40 Basispunkte im Vergleich zu 2021 gesunken – ein Rückgang, den die Bafin auch als eigenen Erfolg verbucht: Die Versicherungsaufsicht hatte 2021 branchenweit die Effektivkosten bei Lebensversicherungen ermittelt und dabei Auffälligkeiten entdeckt. Mehrere Versicherer mussten im Nachgang eine intensive Prüfung über sich ergehen lassen. Wiens' Mahnung an die Branche: „Hohe Sicherheitsmargen dürfen nicht einseitig zu Lasten der Versicherungsnehmer gehen.“
Kapitalanlage: Versicherer sollten sich nicht blind auf Berater verlassen
Neben der Produktaufsicht mahnt die Bafin auch Verbesserungen beim Kapitalanlagerisikomanagement an – vor allem bei kleineren Versicherern. „Zukunftsfähige Versicherungsunternehmen brauchen ein angemessenes Kapitalanlagerisikomanagement“, fordert Wiens. Ihr Rat: Versicherer sollten nur in solche Anlagen investieren, die sie wirklich durchblickten – und sich nicht blind auf externe Berater verlassen.
Dabei verweist Wiens namentlich auf die aktuell stark im Trend liegenden alternativen Investments wie Private Equity, Private Debt, aber auch Immobilien. Gerade Versicherer mit hohen stillen Lasten im Anleiheportfolio und wenig Neugeschäft könnten mit vielen illiquiden Assets im Portfolio sonst in Schwierigkeiten geraten.

