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Rückvergütungsmodell PFOF Bafin will Neobrokern auf den Zahn fühlen

Bafin-Sitz in Bonn
Bafin-Sitz in Bonn: Die Finanzaufsichtsbehörde will untersuchen, ob die Geschäftspraxis vieler Neobroker im Einklang mit Mifid II steht. | Foto: imago images / Schöning

„Esma warnt vor Risiken im Zusammenhang mit Wertpapieraufträgen“, heißt es in einer aktuellen Mitteilung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Die Bafin weist auf eine Stellungnahme der europäischen Wertpapieraufsicht von Mitte Juli hin: Die Esma hatte Vorbehalte gegen das Geschäftsmodell der Rückvergütungen für Neobroker durch Handelspartner („Payment for Order Flow“, kurz PFOF) geäußert.

Hintergrund: Neuere Online-Broker („Neobroker“) bieten den Wertpapierhandel meist zu geringen Gebühren an, oft sind Orders dort sogar kostenlos. Statt sich die Order-Ausführung von den Kunden bezahlen zu lassen, erhalten die Broker eine Rückvergütung von den Stellen, die die Orders ausführen – wenigen Market Makern, mit denen sie exklusiv zusammenarbeiten.

Das Geschäftsmodell ist auf den ersten Blick für Kunden zwar vorteilhaft – ermöglicht es ihnen doch, Wertpapiere quasi zum Nulltarif zu kaufen. Dennoch hat die Esma Bedenken: Es gebe einen Interessenkonflikt. Neobroker könnten nicht den für den Kunden günstigsten Ausführungspartner wählen, sondern jenen, der ihm selbst die höchste Rückvergütung zukommen lasse. Die Behörde bat die nationalen Aufsichtsbehörden ddarum, das Thema 2021 oder Anfang 2022 auf die Agenda zu nehmen.

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Die Bedenken der Esma macht sich jetzt auch die Bafin zu eigen: Man wolle prüfen, ob Unternehmen mit entsprechendem Geschäftsmodell nicht gegen die europäische Finanzmarktrichtlinie Mifid II verstießen, heißt es aktuell von der Bafin. Neben dem Umgang mit Interessenkonflikten und Zuwendungen und dem Thema Kostentransparenz will die Behörde auch die Werbung der Neobroker in Augenschein nehmen. So wolle man sicherstellen, dass die PFOF-Praxis den Interessen der Kunden nicht zuwiderliefe.

Die Bafin erinnert, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen nur in Ausnahmefällen Zuwendungen annehmen dürfen – „wenn die Unternehmen dabei die einschlägigen Anforderungen des WpHG bzw. der MiFID II zur Offenlegung, zur Verbesserung der Qualität der Dienstleistung und zur Vermeidung von Interessenkonflikten erfüllen“. Das gelte auch für die Praxis des PFOF. „Werden dem Kunden zur Auftragsausführung mehrere Ausführungsplätze zur Auswahl gestellt, darf der Kunde (etwa durch interessengeleitete Informationsaufbereitung) nicht zu einer Weisung veranlasst werden, die das Wertpapierdienstleistungsunternehmen wahrscheinlich daran hindert, zumindest in Bezug auf das Gesamtentgelt das bestmögliche Ergebnis für den Kunden zu erzielen“, gibt die Bafin, etwas umständlich formuliert, als Maßgabe aus. Die hiesigen Finanzaufseher wollen mithin bei den Neobrokern ab sofort ganz genau hinschauen.

Das Geschäftsmodell von Neobrokern steht derzeit auch bei der US-Finanzmarktaufsicht SEC auf der Agenda. Dort erwägt man laut SEC-Chef Gary Gensler sogar ein mögliches Verbot von PFOF. Ein Ansatz, der auch in Europa auf Interesse stößt: Am Mittwoch dieser Woche war Gensler zum Gedankenaustausch über das Thema beim Wirtschafts- und Währungsausschusses der EU-Kommission eingeladen.

Nicht ganz unwahrscheinlich, dass die vorwiegend auf den Smartphone-Wertpapierhandel fokussierten Online-Broker demnächst in der Breite umschwenken müssen. Sie werden dann anstelle der Umsonst-Orders vermutlich ganz klassisch ihre Kunden zur Kasse bitten und sich ihre Dienstleistung von dieser Seite bezahlen lassen. Die Aufsichtsbehörden diesseits und jenseits des Atlantiks haben bereits die Fährte aufgenommen.

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