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BAG-Urteil zur bAV Spätehenklausel ist altersdiskriminierend

Andreas Seidel ist Partner der Kanzlei SKW Schwarz Rechtsanwälte in Düsseldorf
Andreas Seidel ist Partner der Kanzlei SKW Schwarz Rechtsanwälte in Düsseldorf

Grundsätzlich sind Arbeitsgeber frei in der Entscheidung, ob sie ihren Beschäftigten eine Betriebliche Altersversorgung (bAV) einschließlich Hinterbliebenenversorgung anbieten oder nicht. Wenn sie es tun, dürfen sie dabei nicht einzelne Mitarbeiter oder Mitarbeitergruppen diskriminieren, auch nicht wegen des Alters, wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) jetzt entschieden hat (Az. 3 AZR 137/13).

Der Fall

Geklagt hatte die Witwe eines ehemaligen Mitarbeiters, der 2010 mit 63 Jahren gestorben war. Der Arbeitgeber hatte dem Mann eine betriebliche Altersversorgung einschließlich einer Hinterbliebenenversorgung zugesagt, wobei die Pensionsregelung allerdings eine sogenannte Spätehenklausel enthielt. Diese besagte, dass die Witwen- oder Witwerrente nur dann gezahlt würde, wenn die Ehe vor der Vollendung des 60. Lebensjahres geschlossen worden ist. Der versorgungsberechtigte Mitarbeiter hatte seine Frau aber erst im Alter von 61 Jahren geheiratet, weshalb der Arbeitgeber der Witwe die Hinterbliebenenversorgung verweigerte. Die Witwe zog vor Gericht.

Die Enscheidung des BAG

Während die Vorinstanzen die Klage abwiesen, hatte die Revision Erfolg. Das BAG entschied, dass die „Spätehenklausel“ nach Paragraf 7 Absatz 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) unwirksam ist; sie benachteilige den verstorbenen Ehemann der Klägerin unmittelbar wegen des Alters. Eine Rechtfertigung dafür ließen die BAG-Richter nicht gelten. Das AGG erlaube zwar in bestimmten Fällen eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters, dies aber nur bei betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit, sprich: erfasst seien Ausnahmen im Gesetz zu Altersgrenzen nur als Voraussetzung für den Bezug von Alters- und Invaliditätsversorgung – nicht aber in Zusammenhang mit einer Hinterbliebenenversorgung. Im Ergebnis führe die Spätehenklausel „zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer“.

Hintergrund

Sinn und Zweck der Spätehenklauseln ist es, weitergehende Versorgungsansprüche Hinterbliebener auszuschließen, die erst vergleichsweise kurz vor dem eigentlichen Versicherungsfall entstanden waren. Jede Hinterbliebenenversorgung bedingt versicherungstechnisch die Bildung von Rückstellungen und belastet damit die Finanzierbarkeit der Versorgungsansprüche ehemaliger Arbeitnehmer erheblich. Regelmäßig gehen Versorgungswerke auch von in etwa gleichalten Partnern aus und damit einer eingrenzbaren Bezugsdauer der Hinterbliebenenrente nach dem Tod eines versorgungsberechtigten Mitarbeiters. 

Dem Ziel des Arbeitgebers, seine Leistungspflichten im Rahmen der Hinterbliebenenversorgung zu begrenzen, dienen im übrigen auch Klauseln, wonach die Ehe eines versorgungsberechtigten Mitarbeiters vor dem Eintritt des Versorgungsfalles geschlossen sein muss, die sogenannte Haupternährerklausel oder „Altersabstandsklauseln“ (= z.B. Altersunterschied zwischen versorgungsberechtigtem Mitarbeiter und Hinterbliebenem nicht mehr als 15 Jahre). Für Haupternährerklauseln ist zwischenzeitlich anerkannt, dass sie dann nicht rechtswirksam sind, wenn sie unmittelbar an das Geschlecht anknüpfen  (z.B. bei Ansprüchen von Witwern, die die Hinterbliebenenversorgung davon abhängig machen, ob die frühere Arbeitnehmerin den Unterhalt der Familie überwiegend bestritten hat).