DAS INVESTMENT: Am Dienstag gaben Baloise und Helvetia ihre Fusion bekannt. Seit wann laufen schon die Fusionsgespräche?
Michael Müller: Der Verwaltungsrat steht im kontinuierlichen Dialog mit Wettbewerbern. Im Rahmen dieser Gespräche keimte auch der Gedanke für diese Transaktion.
Welche Rolle hat der Einstieg des Finanzinvestors Cevian aus Schweden im vergangenen Jahr bei Baloise bei der Fusionsentscheidung gespielt?
Müller: Der Zusammenschluss ist ein Meilenstein für die Schweizer Versicherungsbranche und die beiden Unternehmen. Wir werden zur zweitgrößten Versicherungsgruppe in der Schweiz mit einer mit einer Top-Ten-Position in Europa. Diese Idee ist schon vor dem Engagement des Investors geboren worden.
Und was ist mit den anderen Interessenten wie der französischen Axa und der deutschen Allianz-Gruppe?
Müller: Sie können sicher verstehen, dass wir uns zu Gerüchten grundsätzlich nicht äußern.
Warum hat sich Baloise ausgerechnet für Helvetia entschieden? Wo sehen Sie die Stärken von Helvetia, wo von Baloise?
Müller: Der Zusammenschluss wird die Wettbewerbsfähigkeit der beiden traditionsreichen Schweizer Versicherer nachhaltig verbessern – sowohl national als auch international. Wir werden größer und profitabler und können mit der stärkeren Marktposition die kommenden Herausforderungen besser meistern. Unsere Kunden, Geschäftspartner, Mitarbeitende, Aktionäre sowie die Schweiz als Wirtschaftsstandort werden von diesem Zusammenschluss profitieren.
Steuereffizienz
Beide Unternehmen betonen in ihrer Mitteilung, dass es sich um einen Zusammenschluss unter Gleichen („Merger of Equals“) handelt. Allerdings wird Baloise rechtlich in Helvetia eingegliedert, wobei Helvetia als übernehmende Gesellschaft bestehen bleibt und anschließend in „Helvetia Baloise Holding AG“ umbenannt wird. Wie kam es zu dieser rechtlichen Struktur?
Müller: Dass es sich hier um eine Fusion unter Gleichen handelt, wird durch unsere kulturelle Nähe, Werte sowie eine ausgewogene Governance deutlich. Der Verwaltungsrat besteht aus 14 Mitgliedern, davon sieben von Helvetia und sieben von Baloise. Das alles zeigt, dass es eine Fusion unter Gleichen ist. Die gewählte Fusionsform ist in diversen Punkten die effizienteste, unter anderem auch aus steuerlicher Sicht.
Sie planen Kosteneinsparungen in Höhe von 350 Millionen Franken pro Jahr durch die Fusion. Stimmt es, dass zwei Drittel davon, also rund 233 Millionen Franken, durch Personalabbau erreicht werden sollen?
Müller: Dies trifft zu. Ein Stellenabbau wird dabei möglichst sozialverträglich durchgeführt werden.
Wie viele Stellen wären das insgesamt bis 2029? In Medienberichten ist die Rede von einem Abbau von bis zu 2.000 Stellen. Können Sie das bestätigen?
Müller: Über die exakte Zahl der betroffenen Stellen können wir derzeit noch nichts kommunizieren.
Welche Unternehmensbereiche werden voraussichtlich am stärksten von den Personalsparmaßnahmen betroffen sein?
Müller: Zu einzelnen Bereichen können wir aktuell noch nichts sagen, die größten Überschneidungen haben wir in der Schweiz und in Deutschland.
Werden die Sparmaßnahmen auf beide Unternehmen, Helvetia und Baloise, gleichmäßig aufgeteilt?
Müller: Es ist aktuell zu früh, Details zur Ausgestaltung der Sparmaßnahmen zu kommunizieren.
Ende Februar wurden Spekulationen laut, dass sowohl Helvetia als auch die Baloise sich aus dem deutschen Markt zurückziehen wollen. Wird es nach der Fusion dazu kommen?
Müller: Zu Gerüchten äußern wir uns grundsätzlich nicht.
Was ändert sich nach der Fusion für deutsche Vertriebspartner und Kunden? In welchen Produktbereichen, die (auch) in Deutschland vertrieben werden, bestehen Überschneidungen? Und was geschieht mit diesen redundanten Produkten?
Müller: Die Zusammenführung wurde angekündigt. Es braucht nun zuerst die Zustimmung der Generalversammlungen. Anschließend braucht es die aufsichtsrechtlichen Genehmigungen, die wir für Ende 2025 erwarten. Bis dahin wird sich nichts ändern und wir werden weiterhin als Helvetia und Baloise getrennt am Markt auftreten.
Und dann?
Müller: Für Deutschland ist eine gemeinsame Geschäftseinheit von Helvetia Baloise geplant. Wie genau sich diese Aufstellung dann auf die Produktlandschaft auswirkt, lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht abschließend beantworten. Fest steht, dass wir nicht die Absicht haben, redundante Produkte über längere Zeit zu vertreiben, sondern eine Zusammenführung anstreben.
Über den Interviewten:
Michael Müller gehört seit 1997 der Baloise an. Er stieg zunächst als Trainee ein, wechselte dann ins Konzerncontrolling, und stieg später zum stellvertretenden Leiter und 2004 zum Leiter der Finanzbuchhaltung der Baloise Gruppe auf. 2009 wurde er als Leiter Finanzen und Risiko Mitglied der Geschäftsleitung des Konzernbereichs Schweiz. 2011 wurde Müller zum Mitglied der Konzernleitung und Vorstandschef (CEO) des Konzernbereichs Schweiz ernannt. Seit 1. Juli 2023 ist Müller Vorsitzender der Konzernleitung.