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Bank-Manager Jochen Werne „Finanzberater müssen künftig noch schneller beim Kunden sein“

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Welchen konkreten Mehrwert kann die persönliche Finanzberatung und die Finanzbranche Verbrauchern denn heute bieten?

Werne: Die Branche ist das perfekte Bindeglied zwischen menschlichen Bedürfnissen und einer komplexer werdenden sich schnell verändernden Welt. Klassische Finanzberater können einem Verbraucher abstrakte Konzepte mit konkreten Beispielen so erklären, dass er sie wirklich versteht. Mangelndes Wissen über neue technische Möglichkeiten und auch lieb gewordene kulturspezifische Gewohnheiten hemmen im Finanzsektor in manchen Ländern aktuell beispielsweise die noch schnellere Verbreitung digitaler Zahlungsmethoden. Es ist entscheidend kulturellen Besonderheiten, wie beispielswiese die Liebe der Deutschen für Bargeld, Rechnung zu tragen, ohne jedoch auf den Einsatz moderner Technologien zur Befriedung real existierenden Bedürfnisse zu verzichten. Bankintern arbeiten wir deshalb bereits an Plänen, wie wir zukünftig Blockchain Technologien für den effizienten Betrieb von Geldautomatennetzwerken einsetzen können. Heute kann der Berater außerdem noch damit punkten, dass er seinem Kunden lästige Tätigkeiten rund um die Finanzthemen abnimmt. Denn es macht den wenigsten Normalbürgern besonders großen Spaß, einen Robo-Advisor oder Online-Versicherungsmakler mit einer Vielzahl an Daten zu persönlichen zu füttern.

Inwiefern unterscheidet sich die Qualität der persönlichen Beratung durch Menschen gegenüber der standardisierten Kommunikation eines Robo-Advisors?

Werne: Viele Robo-Advisor sind in ihrem Back-end sehr effizient. Schwieriger wird es, wenn es zum Thema Mensch und Behavioral Finance kommt. Das für das dauerhafte Durchhalten einer gewählten Anlagestrategie notwendige Vertrauen ist ein wichtiger Punkt. Was passiert beispielsweise, wenn Aktienmärkte so stark einbrechen wie im Jahr 2008? Der Crash nach der Lehman-Pleite belastet das Vertrauen in die Finanzbranche bis heute und dies trotz der beeindruckenden Entwicklung der internationalen Aktienmärkte seither. Kahneman verdeutlicht in seinen Behavioral-Finance-Studien eindrucksvoll wie Erinnerungen an negative Geschehnisse mehr als doppelt so stark im Gedächtnis verankert sind wie positive Erlebnisse. So ist ein zwischenzeitlicher Wertverlust um 30 Prozent für einen langfristig orientierten Anleger zwar eine gute Gelegenheit zum Nachkaufen. Doch um dies im Krisenfall auch umzusetzen, stellt sich die Frage ob er in Zeiten der Panik besser von einem Chatbot oder einem Menschen zu rationalen Überlegungen veranlasst werden kann.

Was bedeutet das für die Ausbildung der so genannten Family Banker des Bankhauses August Lenz?

Werne: Für Finanzberater wird es in Zukunft wichtig, noch schneller bei ihren Kunden zu sein, um ihnen in Zeiten persönlicher Unsicherheit beratend zur Seite zu stehen. Dazu müssen sie lernen, Unsicherheiten zu antizipieren und Erlernen wie sie beispielsweise nach einem Crash rational mit den Emotionen der Anleger umgehen können. Helfen kann Ihnen dabei beispielsweise, einen Notfallplan in guten Marktzeiten schriftlich zu vereinbaren. Wenn außerdem entsprechende Liquidität vorgehalten wird, können die gesunkenen Aktienkurse sinnvoll als Einstiegszeitpunkt genutzt werden. Das ist keine leichte Aufgabe für einen Finanzberater, der anders als manche Online-Discounter der Branche, auch noch die Gesamtsicht auf die Finanzen seines Kunden wahren soll. Als technische Unterstützung haben wir längst digitale Finanz-Tools entwickelt. Doch diese geben wir bei uns im Hause bewusst nur einem Spezialisten an die Hand – unserem Family Banker.

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