Volkswirt Henning Vöpel
Die Bankenkrise steht erst am Anfang
Henning Vöpel ist Direktor des Centrums für Europäische Politik. Foto: Centrum für Europäische Politik
Eine Bankenkrise können Notenbanken derzeit nicht gebrauchen. Denn die Retter der letzten eineinhalb Jahrzehnte sind mit der Bekämpfung der Inflation bereits voll ausgelastet. Jedoch schossen sie zuletzt so viel Geld ins System, dass sich Risse auftun.
Der gegenwärtige Zustand der internationalen Finanzmärkte bleibt über die kurzfristige Lösung mit der Credit Suisse hinaus angespannt. Die Weltwirtschaft hat sich geo- und industriepolitisch stark und abrupt verändert. Wir stehen am Beginn eines neuen geopolitischen Regimes der Weltwirtschaft, aber auch in den nationalen Volkswirtschaften vor großen industriepolitischen Veränderungen.
Es werden sich unabwendbar sektorale Ungleichgewichte zwischen Konsum und Investition, außenwirtschaftlichen Überschüssen und Defiziten und Gegenwart und Zukunft bilden, was wiederum zu fundamentalen, aber auch monetären Anpassungen führen muss. Es ist interessant und kein Zufall, dass in den letzten Jahren...
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Der gegenwärtige Zustand der internationalen Finanzmärkte bleibt über die kurzfristige Lösung mit der Credit Suisse hinaus angespannt. Die Weltwirtschaft hat sich geo- und industriepolitisch stark und abrupt verändert. Wir stehen am Beginn eines neuen geopolitischen Regimes der Weltwirtschaft, aber auch in den nationalen Volkswirtschaften vor großen industriepolitischen Veränderungen.
Es werden sich unabwendbar sektorale Ungleichgewichte zwischen Konsum und Investition, außenwirtschaftlichen Überschüssen und Defiziten und Gegenwart und Zukunft bilden, was wiederum zu fundamentalen, aber auch monetären Anpassungen führen muss. Es ist interessant und kein Zufall, dass in den letzten Jahren sowohl die österreichische Konjunkturtheorie, die sich wesentlich auf die Idee von Ungleichgewichten stützt, und die postkeynesianische Finanztheorie in Gestalt der Modern Monetary Theory nahezu zeitgleich eine Renaissance erlebt haben.
So finanziert die Politik die Wirtschaft
Beide Theorien werden in ihren Erklärungen und Limitationen in der politischen Debatte eine wichtige Rolle spielen und wahrscheinlich sogar aufeinanderprallen. Hintergrund ist die politische Absicht, den hohen Investitionsbedarf und die ökonomische Realität zu finanzieren, in der Finanzierungsspielräume kleiner werden, weil das Potenzialwachstum sinkt und gleichzeitig die Verteilungskonflikte zunehmen.
Häufig wird argumentiert, die grüne Transformation der Wirtschaft könne einen neuen Boom auslösen. Richtig ist, dass sie durch den Schutz der Lebens- und Produktionsbedingungen unsere langfristigen Konsummöglichkeiten erhält. Grüne Investitionen haben jedoch keinen Kapazitätseffekt: Wir können zwar zukünftig klimaneutral, aber nicht unbedingt mehr produzieren.
Die Transformation geht also makroökonomisch mit einem Entzug an heutigen Konsummöglichkeiten einher, ohne dass dem ein Mehrkonsum in Zukunft gegenübersteht. Das ist der Grund dafür, dass grüne Investitionen heute nach wie vor nur bedingt kapitalmarktfähig sind.
Deglobalisierung verteuert Produktion
Die makroökonomischen Konsumansprüche werden indes eher steigen, denn die lange Phase des volkswirtschaftlichen Sparens geht zu Ende. Das demografische Entsparen hat bereits begonnen und ein langer realer Kreditzyklus befindet sich damit am Wendepunkt. Die von der Politik versprochenen Investitionen in die Transformation werden in der Summe so hoch sein, dass die Rechnung nicht aufgeht, ohne dass die Politik die Illusion fallen lässt, dies alles sei zum Nulltarif zu haben. Hinzu kommt die Tendenz einer Deglobalisierung, die die Produktion massiv verteuert und Konsummöglichkeiten beschränkt.
Die immergleiche ordnungspolitische Lehre aus der Vergangenheit und für die Zukunft lautet: Politik, Finanzierung und Realität lassen sich nicht unabhängig voneinander denken. Banken und Finanzmärkte sollen helfen, durch Fristen- und Risikotransformation die realwirtschaftlichen Prozesse effizienter zu machen. Dafür müssen sie aber mit der Realität konfrontiert werden. Letztlich führt fast immer eine politische Überforderung der ökonomischen Realität zu Finanzkrisen.
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- Seite 3 − Überforderung mündet in Finanzkrisen
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