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Bantleon-Kommentar: „Europa der zwei Geschwindigkeiten“

Überraschend schnell haben sich die EU-Regierungschefs vergangene Woche auf einen »Fiskalpakt« geeinigt. Die Verkündung der Ergebnisse bereits in der Nacht von Donnerstag auf Freitag sollte ein klares Zeichen der Entschlossenheit aussenden. In diese Richtung ist auch zu werten, dass Großbritannien bei der Vertiefung der Fiskalunion außen vor gelassen wird. Offensichtlich ist die Politik sogar bereit, ein Europa der zwei Geschwindigkeiten hinzunehmen – wichtig ist nur, dass die fiskalische Integration unter den Ländern der Währungsunion möglichst zügig vorankommt.

Unzweifelhaft sind die jüngsten Entscheidungen ein Schritt in die richtige Richtung, um die Währungsunion auf lange Sicht durch eine Fiskalunion zu flankieren. Das Problem ist aber: Die angestrebte stärkere fiskalische Integration lässt sich nicht so schnell bewerkstelligen. Zum einen bestehen mehrere  juristische Schwierigkeiten. In Deutschland ist zum Beispiel unklar, ob die geplante Genehmigung des nationalen Haushalts durch die EU-Kommission verfassungskonform ist – daran bestehen Zweifel, sollten die Weisungen der EU-Kommission nicht nur konsultativen Charakter haben, sondern bindend sein. Denn dann wäre die vom Grundgesetz geschützte Haushaltsautonomie des deutschen Parlaments in Frage gestellt. Ich gehe zwar davon aus, dass diese Probleme zu bewältigen sind – sie zeigen jedoch, dass die Umsetzung der Beschlüsse nicht ganz so reibungslos ablaufen dürfte, wie das viele hoffen.

Zum anderen stehen die ökonomischen Realitäten schnellen Erfolgsmeldungen bei einer stärkeren fiskalischen Integration entgegen. Wenn die Länder der Währungsunion tatsächlich die angestrebte Haushaltskonsolidierung vorantreiben, verschärfen sie zunächst den konjunkturellen Abschwung. Wie die schmerzhaften Erfahrungen in Griechenland gezeigt haben, konterkariert aber jeder stärkere wirtschaftliche Einbruch die Sparbemühungen erheblich, sodass die angestrebten Konsolidierungsziele kaum erreicht werden dürften. Erst auf längere Sicht kann diese Strategie erfolgreich sein.

Es hilft also nichts – die Politik alleine kann die EUR-Schuldenkrise nicht lösen. Über kurz oder lang muss die Notenbank in die Bresche springen, wenn die Währungsunion gerettet werden soll. Angesichts dieser Faktenlage scheint es somit mehr als fraglich, ob sich die EZB noch lange hinter der Entschuldigung verstecken kann, ihr sei die Finanzierung von Staatschulden vertraglich verboten. Dieses Argument ist allein schon deswegen nicht glaubwürdig, weil es die EZB auch bislang nicht davon abgehalten hat, Anleihen aus den Peripheriestaaten im Umfang von mehr als 200 Mrd. EUR zu kaufen.

Entscheidend wird darüber hinaus künftig sein, dass die EZB Staatsanleihen kaufen wird – nicht um die Haushalte zu finanzieren, sondern um die Konjunktur zu stützen. Die derzeit außergewöhnlich hohe Zinsbelastung in den Peripheriestaaten könnte schon jetzt die Rezession empfindlich verstärken. Nur die Notenbank kann diesem Trend kurzfristig etwas entgegensetzen. In Anbetracht dieser Erwartung eines unumgänglichen Eingreifens der EZB ist festzustellen: Die attraktiven Bewertungen von Covered Bonds, Quasi-Staatsanleihen und EUR-Staatsanleihen rechtfertigen erste Zukäufe in diesem Segment.

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