- Startseite
- Nachhaltigkeit
-
Bantleon-Manager Johannes Maier „Infrastruktur-Aktien bieten eine seltene Kombi von Wachstum und Stabilität“
DAS INVESTMENT: Warum sollten Anleger Infrastruktur-Investments auf dem Aktienmarkt ins Auge fassen?
Johannes Maier: Erstens sind Infrastruktur-Aktien besonders krisenresistent, da sie häufig auf Geschäftsmodellen mit unelastischer Nachfrage und gut prognostizierbaren Cashflows basieren. Die Nachfrage nach Grundbedürfnissen wie Strom und sauberem Wasser, einer funktionierenden Abfallentsorgung sowie der Bereitstellung von Rechenzentren und Mobilfunknetzen wird nicht durch eine abkühlende Konjunktur beeinträchtigt. Infrastruktur-Unternehmen zeigen deshalb gerade in konjunkturell schwierigem Fahrwasser ihre Vorzüge: In den vergangenen 20 Jahren haben Infrastruktur-Aktien in Monaten mit fallenden Kursen an den breiten Aktienmärkten nur um die Hälfte nachgegeben.
In Summe haben Infrastruktur-Aktien in dieser Zeit ähnlich attraktive Erträge erzielt wie Infrastruktur-Direktanlagen und damit den breiten Aktienmarkt übertroffen – bei deutlich reduzierter Volatilität. Nun sind wir an einem Punkt angekommen, an dem die Infrastruktur in einigen Segmenten nicht mehr den Bedürfnissen unserer modernen Gesellschaft gerecht wird. Ich denke hier vor allem an den Anspruch an ein umweltverträgliches Energiesystem und den stetig steigenden Datenverbrauch. Infrastruktur in diesen Bereichen bietet eine seltene Kombination aus Stabilität und Wachstum.
Welche Rolle sollten diese in einem ausgewogenen Anleger-Depot spielen?
Maier: Wegen ihrer defensiven Eigenschaften und konstant hoher Dividenden eignen Infrastruktur-Aktien sich gut als Basis-Investment. Die Anlageklasse bietet die Chance auf höhere Renditen bei geringerer Volatilität im Vergleich zum breiten Aktienmarkt – zumindest war das bei einem langfristigen Investment in den vergangenen 20 Jahren der Fall.
Wie hat das Zwischenhoch bei fossilen Energieträgern den Markt und Ihre Titelwahl verändert?
Maier: Der traditionelle Energiesektor spielt bei uns generell keine Rolle. Zum einen liegt das an unseren konsequenten Nachhaltigkeitskriterien: Fossile Energieträger sind nun mal für mehr als 70 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Zudem passen die starken Schwankungen des traditionellen Energiesektors generell nicht zur Stabilität des Bereichs Infrastruktur. Und unser Bantleon Select Infrastructure investiert außerdem ausschließlich in nachhaltige Infrastruktur.
Angriffe auf Infrastruktur häufen sich scheinbar, etwa durch Cyber-Attacken oder militärische Konflikte. Stimmt der Eindruck und wie wirkt sich dies auf die Bewertung aus?
Maier: Die Energieversorgung Europas ist ein geopolitischer Spielball. Risiken wertlos gewordener Assets nehmen speziell bei Teilen der Gas-Infrastruktur zu. In anderen Segmenten sehen wir allerdings vermehrt Chancen, denn der Krieg in der Ukraine erwies sich als Auslöser eines Paradigmenwechsels für die Energiepolitik Europas. Wegen der ausbleibenden Öl- und Gaslieferungen aus Russland hat sich die EU mit dem Plan Repower EU mittel- und langfristig klar dazu bekannt, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren und gleichzeitig die Versorgungssicherheit Europas mit dem Ziel der Dekarbonisierung zu verknüpfen. Der Internationalen Energieagentur zufolge führen diese Maßnahmen dazu, dass die Kapazitäten an erneuerbaren Energien bis 2027 um mehr als 60 Prozent zunehmen werden. Damit wächst der Sektor in den nächsten vier Jahren so stark wie in den vergangenen 20 Jahren.
Auch bei Recycling und Wasseraufbereitung dürfte enormer Bedarf bestehen. Welche Branchen schätzen Sie besonders vielversprechend ein?
Maier: Im aktuellen Umfeld sind vor allem Segmente mit Treibern gefragt, die nicht von der Konjunktur abhängen. Dazu gehören Unternehmen aus den Bereichen der digitalen Infrastruktur und der Wasserversorgung, weil sie sich in allen Phasen des Konjunkturzyklus auf stetige Cashflows verlassen können. Die staatlichen Investitionsprogramme in der EU und den USA befeuern die Energiewende und beflügeln drei Segmente: Produzenten von erneuerbaren Energien, Netzbetreiber und Recyclingunternehmen.
Welche Investments haben in den vergangenen Monaten den größten Beitrag zur Fonds-Performance geliefert?
Maier: Infrastruktur-Unternehmen mit inflationsindexierten Verträgen und konjunkturunabhängiger Nachfrage spielen derzeit auch in unserem Fonds ihre fundamentalen Stärken aus: Betreiber von Funkmasten wie Inwit sowie Betreiber von Mautstraßen wie Vinci.
Wo sehen Sie in den kommenden zwölf Monaten die aussichtsreichsten Titel?
Maier: Unabhängige Erzeuger von erneuerbaren Energien bieten aktuell einen attraktiven Zugang zu margenstarken Projektpipelines. Die jüngsten Entwicklungen mehrerer Portfoliounternehmen aus diesem Bereich werten wir als positives Signal: Erstens bestätigt das Übernahmeangebot eines Private-Equity-Anbieters für das spanische Portfoliounternehmen OPD Energy mit einer Prämie von circa 50 Portfolio unsere Einschätzung von unterbewerteten Vermögenswerten. Zweitens stimmen uns die Fortschritte bei anderen Unternehmen optimistisch dafür, dass die Projekt-Pipelines schneller als erwartet in operatives Wachstum umgemünzt werden. Die Aktienkurse der Unternehmen spiegeln diesen Ausblick jedenfalls noch nicht.
Zu welchen Bereichen halten Sie aktuell lieber Abstand?
Maier: Infrastruktur-Segmente mit vorwiegend konjunktursensitiven Treibern sind derzeit untergewichtet. Dazu zählen beispielsweise Unternehmen aus dem US-Schienenverkehr. Außerdem werden Unternehmen, die Schuldenberge angehäuft haben und sich die Niedrigzinsen nicht langfristig gesichert haben, zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Die Aufregung um den in Großbritannien ansässigen Wasserversorger Thames Water sollte Warnung genug sein. In den nächsten Monaten wird die Analyse der Finanzierungsstruktur von entscheidender Bedeutung für den Anlageerfolg sein.
Von welchen wichtigen Trends dürften Anleger noch profitieren können?
Maier: Anbieter von digitaler Infrastruktur sind versteckte Profiteure des Booms von künstlicher Intelligenz. Im Hintergrund findet die Hochleistungs-Datenverarbeitung nämlich auf den Servern in Rechenzentren statt. Dem jüngsten Mobility Report von Technologie-Anbieter Ericsson zufolge wächst der Datenverkehr über Mobilfunknetze bis 2028 jährlich um 25 Prozent und mobile Daten werden über Funkmasten transportiert. Die Nachfrage nach dem bestehenden Daten-Netzwerk nimmt weiter zu, weshalb der Ausbau der Kapazitäten in den nächsten Jahren neuen Rückenwind erhalten wird.
Über den Interviewten:
Johannes Maier ist Portfoliomanager für internationale Infrastruktur-Aktien bei der Fondsgesellschaft Bantleon Invest in München. Im September 2019 wechselte Maier zu Bantleon und war zunächst als Analyst für globale Infrastruktur-Aktien für die Analyse europäischer und globaler Infrastruktur-Unternehmen verantwortlich. Seit Januar 2021 ist Maier Co-Portfoliomanager des Publikumsfonds Bantleon Select Infrastructure sowie Mitglied im Investment-Komitee des nachhaltigen Multi-Asset-Fonds Bantleon Changing World.