Bantleon-Volkswirt Jörg Angelé
Italiens Nummer 68 startet mit Rückenwind
Aktualisiert am 10.03.2020 - 16:51 Uhr
Seit Anfang September hat Italien eine neue Regierung. Es ist die 68. seit Ende des Zweiten Weltkriegs, und ihre Ausgangslage ist gar nicht so schlecht, findet Bantleons Wirtschafts-Senioranalyst Jörg Angelé in einem Gastbeitrag.
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In Italien trat am 5. September die neue Regierung unter Ministerpräsident Giuseppe Conte ihren Dienst an. Es ist die 68. seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, und ihre Ausgangslage ist gar nicht so schlecht. Bis vor einigen Monaten war zu befürchten, dass die italienische Wirtschaft in einer Rezession versinkt. Ausgelöst durch die sich abzeichnende Regierungskoalition aus linkspopulistischer 5-Sterne-Bewegung und rechtspopulistischer Lega schoss die Rendite italienischer Staatsanleihen im Mai 2018 in die Höhe (siehe Abbildung 1). Gleichzeitig drohte der unter einer enormen Last an faulen Krediten ächzende Bankensektor des Landes zusammenzubrechen.
In der Folge trübte sich das konjunkturelle Klima stark ein. Im zweiten und dritten Quartal des vergangenen Jahres schrumpfte die Wirtschaftsleistung sogar um je 0,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Seither gab es nur ein Magerwachstum von je 0,1 Prozent im Vorquartalsvergleich. Ohne die diversen finanziellen Wohltaten, die die damalige Regierungskoalition aus 5-Sterne und Lega den Wählern angedeihen ließ, wäre es wohl noch schlimmer gekommen.
Bestand fauler Kredite halbiert
Inzwischen haben sich die Wogen aber geglättet. Die Rendite italienischer Staatsanleihen liegt mittlerweile auf beziehungsweise unter dem Niveau von vor Mai 2018 (Abbildung 1) und der Bestand fauler Kredite in italienischen Bankbilanzen hat sich seither nahezu halbiert. Die neue italienische Regierung startet also mit viel Rückenwind in die regulär verbleibenden dreieinhalb Jahre der laufenden Legislaturperiode. Dank der jüngsten EZB-Entscheidung, die Geldpolitik über niedrigere Zinsen und ein neues Anleihekaufprogramm noch weiter zu lockern sowie die Zusage, diese lockere Geldpolitik länger beizubehalten, als es bisher angedacht war, wird der Rückenwind auch noch eine Weile erhalten bleiben.

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