LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in Tipps & RatgeberLesedauer: 3 Minuten

Kündigung muss wirksam sein Bausparverträge und Bonuszinsen – der Anspruch könnte doch noch bestehen

Reihenhäuser in Neu-Ulm
Reihenhäuser in Neu-Ulm: Viele Bausparkunden nutzten Bausparverträge nicht als Kreditgrundstock, sondern als zinsträchtige Geldanlage. Bausparkassen beförderten dieses Modell. | Foto: imago images / Westend61

Es ist ein recht spezielles Konstrukt, das sich einige Bausparkassen in der Vergangenheit ausgedacht haben, um Verbraucher zum Mitmachen in einer Gemeinschaft von Bausparern zu bewegen: Wer nach der Ansparzeit den in Aussicht gestellten Baukredit doch nicht braucht und ihn nicht abruft, soll im Nachhinein einen Zinsbonus erhalten. Ausgezahlt wird dieser, wenn der Kunde auf den Kredit verzichtet und den Vertrag wieder kündigt. Es gibt dann zum Beispiel 5 Prozent statt ursprünglich nur 2 Prozent Zinsen auf das angesparte Guthaben. Die Differenz wird im Nachhinein als Einmalsumme ausgezahlt.

So war es auch bei einem Bausparvertrag vereinbart, der letztlich jedoch zu einem Streit zwischen Anbieter und Kunden führte und schlussendlich vor Gericht landete. Entscheiden sollte das Oberlandesgericht Brandenburg. Über den Fall berichtet Rechtsanwalt OIiver Renner von der Kanzlei Wüterich Breucker Rechtsanwälte.

Der Fall vor dem OLG Brandenburg entzündete sich zunächst an einem schon lange schwelenden allgemeinen Zwist zwischen Bausparkassen und einigen bestimmten Bausparkunden: Viele Bausparer hatten in der Vergangenheit ihren Bausparvertrag nicht bestimmungsgemäß genutzt – also um Geld für ein Haus anzusparen. Vielmehr sahen sie in ihm eine zinsträchtige Geldanlage. Die Sparer profitierten von den Zinsen, riefen den Baukredit allerdings nie ab, sondern ließen den Vertrag auch nach der sogenannten Zuteilungsreife einfach weiterlaufen. Der Bausparvertrag als Anlagemodell wurde von Bausparkassen teils sogar explizit so beworben.

BGH kommt Bausparkassen entgegen

In Nullzinszeiten brachten solche Kunden die Bausparkassen nun in Bedrängnis: Die zu zahlenden Zinsen wuchsen den Anbietern über den Kopf. Der Bundesgerichtshof hat bereits 2018 entschieden, dass bei Nichtabrufen des Kredits die Bausparkasse solche Verträge auch kündigen darf – und zwar dann, wenn die vereinbarte Ansparsumme erreicht ist, der Kunde den Kredit jedoch zehn Jahre lang nicht abgerufen hat. Von dem Kündigungsrecht haben schon etliche Bausparkassen Gebrauch gemacht.

Ist der Vertrag aber erst einmal gekündigt, haben Kunden im Zweifel auch ihren Anspruch auf den höheren Bonuszins verwirkt. Denn um den Bonus zu erhalten, hätten sie zuvor erklären müssen, auf den Bausparkredit verzichten zu wollen. Auf die Gefahr, den Bonuszins auf diese Weise zu verlieren, brauchen Bausparkassen ihre Kunden im Vorfeld auch nicht hinzuweisen, erläutert Rechtsanwalt Renner unter Verweis auf die Entscheidungen zweier Oberlandesgerichte (OLG Stuttgart, Beschluss vom 7. Juni 2019 – 9 U 34/19; OLG Nürnberg, Urteil vom 11. Februar 2020 – 14 U 36/19).

1.200% Rendite in 20 Jahren?

Die besten ETFs und Fonds, aktuelle News und exklusive Personalien erhalten Sie in unserem Newsletter „DAS INVESTMENT Daily“. Kostenlos und direkt in Ihr Postfach.

Das OLG Nürnberg hat zudem präzisiert, was es aus Kundensicht genau heißt, auf den Bausparkredit zu verzichten. Diesen Verzicht müsse der Kunde aktiv erklären, so Renner weiter. Erteilt der Kunde dem Bausparanbieter einfach einen Auszahlungsauftrag für das angesparte Geld, ist das rechtlich gesehen noch kein Verzicht auf das Darlehen – die Bausparkasse muss dem Kunden in dem Fall dann keinen Bonus mehr zahlen (OLG Nürnberg, Urteil vom 11. Februar 2020 – 14 U 919/19).

Wann der Zinsbonus entfällt

In dem eingangs erwähnten Fall vor dem OLG Brandenburg ging es nun um eine weitere Feinheit, auch hier drehte sich der Streit um den nachträglichen Bonuszins. Dieser Bonuszins kann erst dann kein Thema mehr sein, wenn der Bausparvertrag tatsächlich aufgelöst wurde. Um den Bausparvertrag aber wirklich zu beenden, muss die Bausparkasse ihrem Kunden eine rechtlich wirksame Kündigung zugestellt haben. Und der Kunde muss diese nachgewiesenermaßen auch erhalten haben (Urteil vom 19. August 2020 – 4 U 23/20).

Die bloße Frage, wohin man die angesparte Summe nun überweisen solle, reicht als Kündigung nicht aus. Es reicht darüber hinaus auch nicht, zu behaupten, man habe ein Kündigungsschreiben an den Kunden versendet. Denn im Zweifel muss der Bausparanbieter belegen können, dass der Kunde das Kündigungsschreiben wirklich erhalten hat, beschied das OLG Brandenburg.

„Hierfür muss die Kündigungserklärung beim Bausparer auch tatsächlich zugegangen sein“, erläutert Rechtsanwalt Renner. „Ist dies nicht der Fall, dann ist die Kündigung alleine aus diesem Grunde nicht wirksam.“ Renner weiter: „Die bloße Behauptung, dass das Kündigungsschreiben versandt worden sei, reicht nicht aus.“ Selbst wenn laut Bausparbedingungen dann eine sogenannte Zugangsfiktion angenommen werde, könne sich der Bausparanbieter nicht darauf berufen, dass der Kunde die Kündigung somit erhalten habe.

Dieses Detail ist wichtig, wenn Kunden doch noch ihren Anspruch auf den angeblich schon verwirkten Bonus durchsetzen wollen, wie Renner betont. Denn wenn der Vertrag nicht wirksam gekündigt wurde, läuft er offiziell weiter. Der Kunde behalte damit die Möglichkeit, noch formal korrekt seinen Verzicht auf den Bausparkredit zu erklären. Den Bonus kann er in dem Fall dann doch noch mitnehmen.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen
Tipps der Redaktion