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Aktualisiert am 31.03.2020 - 16:32 UhrLesedauer: 8 Minuten
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BB African Opportunities Hoffen und Bangen am nigerianischen Aktienmarkt

Vor einem Jahr ist Nigeria durch eine statistische Neuberechnung des Bruttoinlands-produktes (BIP) von Rang zwei auf Rang eins der afrikanischen Volkswirtschaften vorgerückt. Doch nun hat sich die wirtschaftliche Dynamik des Landes abgeschwächt. Verursacht wurde dies in erster Linie durch den Kollaps der Ölpreise in den vergangenen zwölf Monaten. Obwohl sich die Preise für die Referenzsorte Brent-Rohöl von ihren Tiefstständen im Januar 2015 erholen konnten, hinterließ der Preisverfall bereits seit dem dritten Quartal 2014 deutliche Spuren im nigerianischen BIP.

Die hinter den Erwartungen zurückgebliebenen Rohölexporte, die niedrigeren Marktpreise und die erhöhte US-Dollar-Nachfrage führten zu einem signifikanten Aderlass bei den nigerianischen Devisenreserven. Diese reduzierten sich von durchschnittlich 43,0 Milliarden US-Dollar in den Jahren 2012/13 auf 34,7 Milliarden US-Dollar im Juli 2014 und schließlich auf 27,3 Milliarden US-Dollar im Februar 2015. Die zusätzliche Belastung durch einen Netto-Devisenabfluss in Höhe von 4,3 Milliarden US-Dollar in der zweiten Hälfte des Jahres 2014 führte dazu, dass die Landeswährung Naira seit Juni letzten Jahres 20 Prozent gegenüber dem US-Dollar einbüßte.

Die kurz- bis mittelfristigen Aussichten geben wenig Anlass zur Hoffnung. So erwartet der Internationale Währungsfonds (IWF) für 2015/16 ein reales BIP-Wachstum von weniger als 5 Prozent. Ein BIP-Wachstum von 4 bis 5 Prozent mag aus Sicht der entwickelten Industriestaaten beachtlich klingen. Allerdings benötigt ein Land wie Nigeria Wachstumsraten im hohen einstelligen Bereich, bedingt durch die Bevölkerungsstruktur, die extrem ungleiche Wohlstandsverteilung und einen unterentwickelten Industriesektor. Nur dann kann es bei der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Erhöhung des Lebensstandards spürbare Fortschritte erzielen. Tatsächlich verzeichnete Nigeria in den vergangenen zehn Jahren ein durchschnittliches Plus von 6,8 Prozent.

Unternehmen haben mit schwieriger Wirtschaftslage zu kämpfen

Die Regierung hat Mühe, das Haushaltsloch zu stopfen, das sich infolge des zweistelligen Rückgangs bei den Staatseinnahmen aufgetan hat. Neben den makroökonomischen Indikatoren sind auch die im Land tätigen Unternehmen wertvolle Informationsquellen für eine objektive Lagebeurteilung. Die nachfolgend skizzierten Erkenntnisse aus Gesprächen mit diversen Unternehmensvertretern bestätigen unsere Analyse.

Die meisten Konsumgüterhersteller haben mit einem schwierigen Preisumfeld zu kämpfen. Dieses ist durch eine geringe oder sinkende Nachfrage, die Verlagerung zu preisgünstigeren Produkten und einen deutlich härteren Wettbewerb gekennzeichnet. Die im April/Mai veröffentlichten Ergebnisse für das erste Quartal 2015 belegen diesen Trend, ohne dass die Abwertung des Naira bereits durchgedrungen war. Mit Blick auf die Gewinnmargen fielen häufig Begriffe wie „Kosteneffizienz“, „Kostenrestrukturierung“ und „Kostenrationalisierung“. Dies macht deutlich, mit welchen Mitteln die Unternehmen versuchen, den Rückgang bei der Rentabilität auszugleichen.

Die nigerianischen Banken setzen derzeit auf eine Restrukturierung ihres Kreditgeschäfts. Sie reduzieren ihr Engagement im Erdöl-/Erdgassektor gezielt und ziehen andere Schlüsselsegmente wie den Energie- oder Produktionssektor in Erwägung. Grundsätzlich war eine vorsichtigere Haltung spürbar. Der Fokus liegt auf weniger risikobehafteten Anlageklassen wie Staats- und Unternehmensanleihen und billigen Kundengeldern. Das von den Banken anvisierte Kreditwachstum von 5 bis 8 Prozent (gegenüber 15 bis 20 Prozent im Vorjahr) zeigt, dass auch die Prognosen allmählich an die neue Realität angepasst werden.

Ein weiterer Indikator ist die Tatsache, dass die Branche der Konsumgüter des alltäglichen Bedarfs (Fast Moving Consumer Goods, FMCG-Sektor) und die Zementbranche von einem Umsatzplus im niedrigen bis mittleren einstelligen Bereich sprechen. Die nachlassende Wirtschaftsleistung Nigerias dürfte sich in den nächsten Quartalen noch stärker als bisher auf die Resultate beziehungsweise auf eine noch größere Zahl von Unternehmen auswirken.

Bevölkerung leidet unter schwerwiegenden Kraftstoff-Engpässen

Seit 2012 müssen wir immer wieder feststellen, dass die Bevölkerung Nigerias an mehreren Fronten zu kämpfen hat. Die teilweise Abschaffung der Benzinsubventionen und die politische Instabilität im Norden des Landes, der ungebremste Anstieg der Wohnungsmieten sowie die steigenden Energiekosten haben die Kaufkraft spürbar geschmälert. Dazu kommen erschwerend die jüngste Abwertung des Naira sowie die Tatsache, dass über die Hälfte der 36 nigerianischen Bundesstaaten ihre Beamten nicht mehr bezahlen können. Dies ist fatal, da die Mittelschicht des Landes zu einem großen Teil aus öffentlichen Bediensteten besteht.

Die Krise in der Kraftstoffversorgung beeinträchtigte die Wirtschaft Nigerias in den vergangenen sechs Wochen besonders stark. Streiks der Benzinvermarkter und -transporteure aufgrund von Subventionsstreichungen und unbezahlter Rechnungen in Höhe von rund 1,0 Milliarden US-Dollar haben zu einem der schlimmsten Kraftstoff-Engpässe in der Geschichte Nigerias geführt. Die Folgen betrafen insbesondere die Transportkosten. Dies zeigt der explosionsartige Anstieg des Preises für den gängigsten Kraftstofftyp Premium Motors Spirits (PMS) auf Schwarzmarktwerte von 400 bis 500 Naira pro Liter. Der staatlich regulierte Preis beträgt 87 Naira pro Liter.

Ebenfalls spürbar war die Krise bei Energiekosten und -verfügbarkeit sowie bei Unternehmen, bei denen es zu Betriebsausfällen aufgrund der Energieknappheit kam. Weitere, wenn auch weniger drastische, Folgen der Streiks waren lange Schlangen an Tankstellen und, dass Pendler nicht zu ihrem Arbeitsplatz gelangen konnten. Die stoische Haltung der nigerianischen Bevölkerung, die sich nicht zu gewalttätigen Demonstrationen hinreißen ließ, finden wir bewundernswert.