


Die Verbraucherschützer vom Bund der Versicherten (BdV) wiederholen ihre Warnung, dass kapitalbildende Lebensversicherungen nur selten für die Altersvorsorge sinnvoll sind. Demnach machen folgende drei Punkte diese Produkte unattraktiv: Sie seien vergleichsweise intransparent sowie in der Ansparphase unflexibel und brächten dem Kunden nur eine geringe Rendite.
Aber auch fondsgebundene Policen seien für die Altersvorsorge ungeeignet. Denn hohe Kosten minderten hier die Rendite der Fonds-Investments deutlich. Die von den Versicherern betonten Steuervorteile durch das Halbeinkünfteverfahren könnten die Kostennachteile gegenüber einem Fondssparplan womöglich nicht ausgleichen.
BdV als Gegengewicht zur Versicherungslobby
Aktueller Anlass für den jüngsten Appell des Vereins, der „ein Gegengewicht zur Versicherungslobby bilden“ will und seine rund 43.000 Mitglieder bei Fragen zu Versicherungen berät: Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat die deutschen Lebensversicherer unter anderem wegen hoher Kosten bei ihren Produkten ermahnt. „Lebensversicherungen sollen den Absicherungsbedürfnissen und den Renditeerwartungen der Kundinnen und Kunden gerecht werden. Das klingt wie eine Selbstverständlichkeit, ist es aber leider nicht“, kritisierte die zuständige Bafin-Exekutivdirektorin Julia Wiens beim diesjährigen „Handelsblatt Strategiemeeting Lebensversicherung“.
Effektivkosten, Abschlussprovisionen, Stornoquoten

Bereits im Mai vergangenen Jahres hatte die Bafin ihr Merkblatt zu sogenannten wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherungen veröffentlicht. Außerdem hat sie einzelne Produkte analysiert und Ausreißer bei den Effektivkosten, Abschlussprovisionen und Stornoquoten gesucht. Dabei sind 13 Lebensversicherer aufgefallen, welche die Branchenkontrolleure genauer geprüft haben. Das Ergebnis: Neben formalen Defiziten genügten manche Versicherer bei Weitem nicht den Vorgaben des Bafin-Merkblatts, berichtet die Bonner Aufsichtsbehörde. „Was wir bislang herausgefunden haben, entspricht nicht unseren Erwartungen“, so Wiens.
Effektivkosten mindern die jährliche Rendite
Ein Dorn im Auge ist der Bafin insbesondere die Höhe der Effektivkosten. Sie mindern die jährliche Rendite des jeweiligen Produkts und damit auch seinen Kundennutzen, der angemessen sein soll. Einige Branchenvertreter seien zudem mit sehr hohen Stornoquoten kurz nach Vertragsschluss negativ aufgefallen. „Wenn ein Produkt nicht den Bedürfnissen des Zielmarkts entspricht, dann ist das ein Missstand“, drohte Wiens mit dem Einschreiten ihrer Beamten. „Wir können beispielsweise den Vertrieb von Produkten untersagen oder Maßnahmen gegenüber einzelnen Vorstandsmitgliedern verhängen, wenn deren fachliche Eignung angesichts von Missständen in Frage steht“, sagte die ehemalige Baloise-Managerin und Nachfolgerin des heutigen Generali-Aufsichtsrats Frank Grund.
Fragwürdige Rückvergütungen an die Vertriebspartner
Bei einigen Fondspolicen erschienen den Bafin-Prüfern auch die Rückvergütungen der Fondsgesellschaften an die Vertriebspartner „mehr als fragwürdig“. Weil auch diese Kosten von den Kunden getragen werden, müsste ihnen eigentlich ein angemessener Kundennutzen gegenüberstehen. „Ich möchte es klar sagen: Solche Praktiken, die einseitig zu Lasten der Kundinnen und Kunden gehen, sind nicht akzeptabel“, machte Wiens ihren Unmut deutlich. Dies sei „ein Missstand, wie er im Buche steht. Genauer gesagt im Versicherungsaufsichtsgesetz.“ Die Exekutivdirektorin für Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht der Bafin kündigt an: „Solche Missstände wollen wir beseitigen. Natürlich schauen wir uns dazu jeden Fall genau an.“
„Nur der Vertrieb und die Versicherer profitieren“

Am liebsten wäre es der obersten Versicherungsaufseherin, wenn die Behörde gar nicht erst Zwangsmaßnahmen ergreifen muss. Dazu müssten alle Lebensversicherungen am Markt nicht nur den Anbietern nutzen, sondern auch den Versicherten.
Für Bianca Boss steht jedoch auch jetzt schon fest: „Eine kapitalbildende Lebensversicherung abzuschließen, ist ein Fehler. Denn davon profitieren letztlich nur der Vertrieb und die Versicherer“, sagt die BdV-Vorständin. „Versicherte merken meist leider zu spät, dass sie bei diesem Produkt nur draufzahlen.“ Auch wenn eine Fondspolice bis zum vorgesehenen Ende durchgehalten wird, sei die Rendite eines Fondssparplans bei einem üblichen Verlauf meist höher.
ETF-Sparpläne sollen bessere Alternative zu Fondspolicen sein
„Anleger sollten daher andere Finanzprodukte nutzen, um fürs Alter vorzusorgen“, rät Boss von Fondspolicen ab, die heute einen großen Teil des Neugeschäfts vieler Lebensversicherer ausmachen. Konkret seien „ETF-Sparpläne, die man mit regelmäßigen Raten bespart, eine einfache und kostengünstige Alternative“. Es gebe aber auch Hoffnung für „Verbraucher, die bereits eine kapitalbildende Lebensversicherung abgeschlossen haben“: Mithilfe eines kostenlosen Online-Rechners könnten die Versicherten prüfen, ob sie ihre Police wie gehabt fortführen sollten. Nur in manchen Fällen ist es sinnvoll, den Vertrag kurzentschlossen zu kündigen. Oft ist es besser, ihn zunächst beitragsfrei zu stellen.
Private Lebens- oder Rentenversicherung fortsetzen?

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Ausstieg aus kapitalbildenden Versicherungen
Denn Boss rät zur Vorsicht: „Enthält die Lebensversicherung einen wichtigen Risikoschutz, beispielsweise für den Todesfall oder eine Zusatzversicherung gegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit mit einem Rentenanspruch, sollte man zuerst prüfen, ob der Risikoschutz verzichtbar ist oder anderweitig abgesichert werden kann.“ Eine erste Orientierung für Kunden einer bereits abgeschlossenen kapitalbildenden Lebens- oder Rentenversicherung soll der BdV-Entscheidungsbaum (siehe oben) bieten. Daneben gibt der Verein betroffenen Verbrauchern auch weitergehende Tipps und Hinweise im kostenlosen Infoblatt „Ausstieg aus kapitalbildenden Lebens- und Rentenversicherungen“.
Warnung vor Kombiprodukten
Um gar nicht erst in diese Situation zu gelangen, empfiehlt auch Sandra Klug: „Es gibt Versicherungen, die kein Mensch braucht, weil sie nie Sinn machen. Dazu zählt zum Beispiel jede Form kapitalbildender Lebensversicherungen und alle Kombiprodukte; eine Berufsunfähigkeitsversicherung zum Beispiel sollte immer selbstständig abgeschlossen werden“, sagt die Abteilungsleiterin Geldanlage, Altersvorsorge und Versicherungen bei der Verbraucherzentrale Hamburg auf Anfrage von DAS INVESTMENT. Denn Kombiangebote lassen sich schlechter vergleichen und können versteckte Produktkosten enthalten, die oft zu einer schlechten Rendite führen und bei Verträgen mit Miniraten die Erträge sogar aufzehren können.
Provisionsberatung nicht bedarfsgerecht?

Zur besonderen Vorsicht mahnt Klug bei Angeboten der betrieblichen Altersversorgung (bAV). „Wir erleben es nämlich immer wieder, dass Verbraucherinnen und Verbraucher hierzu nicht vernünftig aufgeklärt werden“, berichtet die Juristin. „Die bAV-Eigenanteile fließen aus dem Bruttoeinkommen; Steuern und Sozialabgaben werden gespart. Dadurch sinken aber die Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Weil die bAV-Rente später zu versteuern ist, handelt es sich hierbei also lediglich um eine Steuerverschiebung in das Rentenalter.“ Daher gelte es, „nicht blind einen Vertrag abzuschließen“. Denn: „Es besteht immer die Gefahr, an einen Falschen zu geraten.“ Eine Beratung gegen Provisionen könnte nicht bedarfsgerecht sein.
Umfrage von DAS INVESTMENT Versicherungen
Aber führt die Vergütung per Provision dazu, dass ein Versicherungsvermittler Kunden nicht bedarfsgerecht beraten kann? „Ja, immer“, antworteten nur 6 Prozent der Teilnehmer einer Umfrage von DAS INVESTMENT Versicherungen. „Ja, oftmals“, meint ein Drittel der Teilnehmer. Die meisten (39 Prozent) sagen „Nein, nur selten“ und weitere 22 Prozent „Nein, nie“.
Klugs Warnung „Es besteht immer die Gefahr, an einen Falschen zu geraten“ im Karrierenetzwerk Linkedin kommentiert Janko Laumann, Leiter des Instituts für angewandte Finanzpsychologie, dies mit dem Hinweis: „Was für viele andere Branchen auch gilt“. Unser Leser Heiko Bauer betont: „Ein Honorarberater verdient an Serviceverträgen. Jedes Jahr, solange das Mandat besteht.“