Es sind nicht nur rationale Gründe, die Kunden Finanzentscheidungen treffen lassen. Finanzprofessor Andreas Walter von der Universität Gießen hat die weichen Faktoren untersucht, die sowohl den Erfolg von Kunden als auch den ihrer Berater stark bestimmen, und kommt zu interessanten Ergebnissen.
Geschäftliches Gespräch: Finanzkunden fassen eher dann Vertrauen, wenn der Berater ihnen ähnlich ist, hat man an der Universität Gießen herausgefunden. | Foto: Imago Images / agefotostock
Wenn Kunden Finanzentscheidungen treffen, spielen Emotionen darin eine erhebliche Rolle. Daran erinnert Finanzprofessor Andreas Walter von der Justus-Liebig-Universität Gießen. In einem Webinar, ausgerichtet von der Fondsgesellschaft Vanguard, stellte Walter eigene Forschungsergebnisse der vergangenen Jahre vor. Sie dürften gerade Finanzberater interessieren – denn sie geben Hinweise, wo genau in der Finanzberatung sich ansetzen lässt, um Menschen zu besseren Anlegern zu machen und gleichzeitig die Tätigkeit von Beratern mit mehr Erfolg zu krönen.
Walters Spezialgebiet am Gießener Lehrstuhl Finanzdienstleistungen ist die Verhaltensökonomie mit ihrem Zweig Behavioral Finance. Das Forschungsfeld hat maßgeblich der kürzlich verstorbene Ökonom Daniel Kahnemann („Schnelles Denken, langsames Denken“) erschlossen. Kahnemann nahm die weichen, nicht rationalen Kriterien für Finanzentscheidungen in den Blick. Denn – so sind sich Verhaltensökonomen sicher: Den klassischen „Homo Oeconomicus“ gibt es nicht. Vielmehr seien Menschen zu 95 Prozent von Intuition und Instinkten angetrieben.
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Wenn Kunden Finanzentscheidungen treffen, spielen Emotionen darin eine erhebliche Rolle. Daran erinnert Finanzprofessor Andreas Walter von der Justus-Liebig-Universität Gießen. In einem Webinar, ausgerichtet von der Fondsgesellschaft Vanguard, stellte Walter eigene Forschungsergebnisse der vergangenen Jahre vor. Sie dürften gerade Finanzberater interessieren – denn sie geben Hinweise, wo genau in der Finanzberatung sich ansetzen lässt, um Menschen zu besseren Anlegern zu machen und gleichzeitig die Tätigkeit von Beratern mit mehr Erfolg zu krönen.
Walters Spezialgebiet am Gießener Lehrstuhl Finanzdienstleistungen ist die Verhaltensökonomie mit ihrem Zweig Behavioral Finance. Das Forschungsfeld hat maßgeblich der kürzlich verstorbene Ökonom Daniel Kahnemann („Schnelles Denken, langsames Denken“) erschlossen. Kahnemann nahm die weichen, nicht rationalen Kriterien für Finanzentscheidungen in den Blick. Denn – so sind sich Verhaltensökonomen sicher: Den klassischen „Homo Oeconomicus“ gibt es nicht. Vielmehr seien Menschen zu 95 Prozent von Intuition und Instinkten angetrieben.
Im Rahmen von Behavioral Finance wurden mehrere typische Anlegerfehler identifiziert, von denen einige mit Schlagwörtern wie Herdenverhalten oder Selbstüberschätzung leicht fassbar sind. Daneben gibt es weniger selbsterklärende Fehler, wie die „Regret Aversion“ (sich Anlagefehler nicht eingestehen und an einem unglücklichen Investment lieber festhalten) oder verschiedene Formen von verzerrter Wahrnehmung – darunter den Home Bias (bevorzugt am heimischen Markt investieren, auch wenn dort nicht die besten Chancen lauern) oder den Recency Bias (sich vor allem an der jüngsten Kursentwicklung orientieren). Nicht nur bei Finanzentscheidungen, sondern auch bei politischen Überzeugungen spiele zudem der „Confirmation Bias“ eine Rolle, erinnerte Finanzprofessor Walter: Anleger wie auch Menschen überhaupt akzeptierten besonders solche Informationen, die die eigene Sichtweise bestätigten.
Die Erkenntnisse der Behavioral Finance legte Walter für weitere Forschung zugrunde, in deren Zentrum er auch die Finanzberatung stellte. Die wichtigsten Erkenntnisse stellte er nun vor.
Mehr Finanzbildung – ein dorniger Weg zu mehr Anlageerfolg
Schon lange wird beklagt, dass Menschen in Deutschland im Mittel über eine nur unzureichende Finanzbildung verfügen. Es gibt bereits viele Initiativen und Bildungsangebote, die das ändern wollen. Erklärtes Ziel ist meist, Verbraucher mit dem nötigen Wissen zu versorgen, damit sie kompetent Geld anlegen könnten. Oft wird dabei auf die Notwendigkeit der privaten Altersvorsorge verwiesen.
Allein: „Verbraucherbildung ist kein einfacher Weg, um bessere Finanzentscheidungen zu garantieren“, meint Walter. Denn Finanzwissen etwa über Schulen zu vermitteln, sei noch lange kein Garant für Erfolg. Viele Lehrer seien bei Finanzen selbst wenig kompetent und legten dort oft wenig Motivation an den Tag. Im Kreis von Familie und Freunden werde das Thema Geld traditionell oft ausgeklammert. Öffentliche Finanzbildungsmaßnahmen seien bislang wenig effektiv gewesen, stellte Walter fest.
Als einen guten Ausweg bezeichnet Walter die Finanzberatung. Vorausgesetzt, dass die Empfehlungen auch zu den Kunden passten, die Berater keine ureigenen Interessen in den Mittelpunkt stellten – Stichwort Provisionen – und die Kunden die Empfehlungen am Ende auch umsetzten.
„Der Kunde muss zunächst einmal eine Finanzberatung wahrnehmen“, so Walter. Das ist leicht gesagt, doch für viele Verbraucher nicht selbstverständlich. Am häufigsten sind es laut dem Forscher Menschen mit sowieso schon hoher Finanzbildung, die sich an einen Berater oder eine Beraterin wendeten. Die Herausforderung sei somit, Kunden mit geringer Finanzbildung in die Beratung zu bringen, um das Potenzial von Beratung weiter auszuschöpfen.
Für eine erfolgreiche Finanzberatung, erinnerte Walter, müssten die Kunden die Empfehlungen jedoch auch umsetzen – vorausgesetzt natürlich, die Empfehlungen seien geeignet. Die Forscher beobachteten einen interessanten Umstand: Auf den Rat von Finanzberatern hören vor allem Kunden mit geringer finanzieller Bildung – eine Diskrepanz. Walter resümiert: „Kunden mit geringer Finanzbildung werden seltener beraten, folgen der Empfehlung dann aber häufiger.“
Es gibt einen anderen Umstand, der Kunden zu einer potenziell gewinnbringenden Anlage verhelfen kann und Beratern tendenziell erfolgreicher werden lässt: Berater und Kunde müssen zueinander passen. Kunden schließen eher dann Verträge ab, wenn der Berater oder die Beraterin ihnen ähnlich sind. Das Phänomen ist auch als Homophilie bekannt.
Im vorliegenden Fall legten die Forscher Geschlecht, Alter, Familienstand und Vorhandensein von Kindern zugrunde. Ausgewertet wurden rund 3.500 Beratungsgespräche in einer deutschen Sparkasse. „Je höher das Ausmaß der Übereinstimmung ist, desto höher ist auch die Abschlussquote“, beobachtete Walter. Sprich: Ein älterer Finanzberater traut eher dem Rat eines ebenfalls älteren Beraters. Eine junge Kundin mit Kindern lässt sich eher von einer ebenfalls jungen Beraterin mit Kindern überzeugen. Die demographische Ähnlichkeit mache einen Rat für Kunden wertvoller, nennt es Walter.
Interessant: Stimmten alle vier Merkmale zwischen Kunde und Berater überein, folgten die Kunden zu fast 80 Prozent dem Rat ihrer Berater, fanden die Forscher heraus. Passte keines der Merkmale, waren es nur rund 66 Prozent.
Beim Blick auf das Gegenüber zählt jedoch auch das Geschlecht: Weibliche Kunden achteten mehr auf Familienstand und Kinder, bei Männern zählten eher Geschlecht und Alter des Gegenübers.
Die Forscher machten noch weitere Beobachtungen, die sie als entscheidend für den Erfolg von Finanzberatung identifizierten: So ist die Abschlussquote von Beraterinnen und Beratern bei männlichen Kunden insgesamt höher. Ebenso schließen ältere Menschen tendenziell eher Verträge ab als jüngere. Zudem ist die Abschlussquote laut Walter um zehn Prozentpunkte höher, wenn der Berater selbst ein Wertpapierdepot besitzt. Man könnte diesen Faktor wohl auch „Skin in the game“ nennen. Dies beflügelt offenbar das Kundenvertrauen.
Dagegen drückt es den Erfolg der Beratung, wenn sich Kundengespräche in die Länge ziehen („Je länger das Gespräch, desto geringer die Abschlussquote“). Die Forscher stießen auch auf einen weiteren Punkt, der wie ein Dilemma anmutet: Je mehr Finanzbildung ein Kunde mitbringe, desto geringer sei die Abschlussquote. Ein Dilemma ist das deshalb, weil Finanzbildung allseits als wichtiges Ziel erkoren wurde – und weil, wie Walter herausfand, vor allem finanzgebildete Menschen überhaupt den Weg in die Beratung finden.
Walter äußerte sich auch zum Trend der digitalen Beratung. „Der Faktor Mensch spielt beim Finanzvertrieb eine ganz entscheidende Rolle“. Menschen könnten daher nicht ohne Weiteres „wegdigitalisiert“ werden. Allerdings müssten in der Finanzberatung auch stets die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden, „damit der Faktor Mensch sein volles Potenzial ausschöpfen kann“. Insgesamt rät Walter dazu, „die teure Ressource Finanzberater“ so effizient wie möglich einzusetzen.
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