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Behavorial Finance: Kennen Sie Ihr wahres Risikoempfinden?

Guido vom Schemm
Guido vom Schemm
Guido vom Schemm ist Geschäftsführer der Merito Asset Management aus Dreieich

Eine aktuelle Analyse aus dem Bereich der verhaltensökonomischen Finanzforschung belegt, dass Investoren das Risiko der Anlage von vielen Faktoren abhängig machen, nur nicht vom objektiven Risiko. Zinssätze und Kursbewertungen sind Indikatoren für das mögliche Risiko. Anleger sollten sich nicht durch die Kursschwankungen bei Aktien verunsichern lassen, sondern sich mehr mit der Stärke der Volatilität und der Unternehmensbewertung vertraut machen.

Für Sparer gilt – Zinssätze sind das Thermostat für das Risiko. Erinnern Sie sich an die Kaupthing-Bank? Ein seriöser Anleger und Sparer wusste um die Gefahr, denn eine Bank hat nichts zu verschenken. Also Vorsicht beim Sparen – Tagesgeld ist nicht gleich Tagesgeld.

Dies macht deutlich, wie schnell durch Erfolgserlebnisse die Risikohemmschwelle sinkt. Kinder beim Skifahren sind dafür ein gutes Beispiel. Sie wissen gar nicht, welche Gefahren auf und neben der Piste lauern und wie schmerzvoll ein Unglück sein kann. Besonders wenn die Kinder den ersten Hügel gemeistert haben, wollen sie direkt noch mal fahren – aber einen gefährlicheren Hügel bitte schön!

Leider verhalten sich Erwachsene bei der Suche nach einer guten Anlagemöglichkeit genauso. Hierzu haben zwei Ökonomen zirka 1.000 Anleger ein Jahr lang kontinuierlich nach ihren ganz persönlichen Risikoempfinden gefragt.

Die Maastrichter Forscher legten den Probanden eine Skala vor, an derer die Anleger das Risiko eines aktuellen Börseninvestments im folgenden Monat bewerteten. Simultan erhielten die Forscher Einblicke in die Aktiendepots der Anleger über einen Online-Broker. Durchschnittlich investierte jeder Anleger 50.000 Euro, keiner war weder blutiger Anfänger noch Investmentprofi.

Im nächsten Schritt wurde analysiert, wie die persönlichen Börsenerfahrungen den Mut oder die Angst der Investoren manipulierte. Es kristallisierte sich ein klares Muster heraus: Je erfolgreicher der Anleger in der jüngsten Vergangenheit war, desto geringer wurde sein Risikoempfinden und objektiv waghalsige Deals wurden immer wahrscheinlicher.

Das tatsächliche Risiko, quantifiziert anhand der Volatilität oder Value-at-Risk, hat dagegen überhaupt keinen Einfluss auf die persönliche Risikobereitschaft.

Rendite gut, alles sicher?

Dies ist ein sehr naives Denkmuster, welches uns häufig verleitet. Richtig ist: die Rendite ist die Kompensation für das eingegangene Risiko, denn die Wahrscheinlichkeit von Verlusten steigt entsprechend mit der Rendite.

Kurzfristige Erfolge werden zum Rauschmittel und vernebeln alle anderen Gedanken. Vergangene Trends werden blindlings in die Zukunft projiziert, dies ist natürlich einfacher und bequemer statt sich mit Alternativszenarien auseinanderzusetzen.

Verstärkt wird dieses Phänomen durch den begrenzten Erfahrungsschatz der Anleger. Eine Studie von Schweizer Forschern belegt dies. Sie baten 500 zufällig ausgewählte Kleinanleger, ihre Einschätzung über 20 Anlageklassen abzugeben. Darunter Gold, Aktien und Immobilien. Das Ergebnis bestätigte die These der Forscher: Die Anlageklassen, mit denen sich die Probanden nach eigener Aussage am besten auskannten, wurde als die risikoärmste definiert.

Investoren leiden an einer gewissen Selbstüberschätzung, aus dem vorhandenen Halbwissen werden dann teilweise falsche Grundsätze abgeleitet – Immobilien sind sicher, Börse ist Glücksspiel.

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