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Investmentchef von Edmond de Rothschild AM Bei der Fed geben die Tauben die Richtung vor

Frau auf Elektroroller
Frau auf Elektroroller vor dem Gebäude der Federal Reserve (Fed) in Washington D.C., USA: Die Notenbanker haben ihre Wachstumsprognosen kürzlich nach oben angepasst. | Foto: imago images / Xinhua

In seiner jüngsten Sitzung hielt der Offenmarktausschuss der Fed an der ultraexpansiven Geldpolitik der US-Zentralbank fest. Und das, obwohl die Notenbanker ihre Wachstumsprognosen gerade erst deutlich nach oben angepasst hatten, nachdem vom Kongress ein massives Konjunkturprogramm verabschiedet worden war. Klar ist: Nur eine Minderheit der Ausschussmitglieder ist für eine Straffung im Jahr 2023. Dass die Fed zudem noch immer nichts über die Bedingungen sagt, die zu einem Tapering führen könnten, werten wir als Argument dafür, dass die Liquidität trotz eines deutlichen Wachstumsschubs noch mindestens einige Monate lang weiter zunehmen wird.

Wie stabil sind die Märkte?

Die Fed ist von dem Versuch, eine gewisse Kontrolle über das lange Ende der Zinskurve auszuüben, schnell dazu übergegangen, ihren Griff zu lockern. Infolgedessen haben sich die Renditen langlaufender US-Anleihen rasch wieder normalisiert; die Rendite 10-jähriger US-Treasuries ist seit Anfang 2021 um 80 Basispunkte gestiegen. Die große Frage ist, ob eine solch große Bewegung die Märkte destabilisieren wird, zumal die Indizes angesichts der aktuellen Bewertungen etwas fragil erscheinen. Vorerst haben wir jedoch im Wesentlichen eine Sektor- und Faktorrotation gesehen, wobei zyklische Werte und Value-Titel einen starken Aufschwung erlebten.

Zwei Punkte sprechen allerdings dafür, dass sich die US-Anleihemärkte nun wieder beruhigen:

  1. Sowohl die EZB als auch die australische Zentralbank haben ihre Entschlossenheit demonstriert, die Renditen langlaufender Anleihen auf dem aktuellen Niveau zu halten, indem sie ihre Käufe erhöhten. Dadurch wird sich der Spread zwischen dem Rest der Welt und den USA ausweiten, was US-Anleihen interessanter für Anleger macht und damit den Druck auf die Renditen von Treasuries verringert.
  2. Die aktuellen Renditen in den USA zeigen, dass die Anleger bereits drei bis vier Zinserhöhungen bis Ende 2023 erwarten. Sollte sich das Szenario der Fed als richtig erweisen, gibt es jedoch keine politische Mehrheit im Ausschuss für auch nur eine einzige Zinserhöhung. Mit anderen Worten: Die Anleihemärkte nehmen Schritte vorweg, die durch die Aussagen der Fed nicht untermauert werden.

Einen weiteren Anstieg der Renditen von US-Langläufern möchten wir dennoch nicht ausschließen, schon allein deshalb, weil Rentenmärkte zu Übertreibungen neigen. Zudem könnten wir mit der sich abzeichnenden Wiederbelebung der US-Wirtschaft kurzfristig auch erratische Inflationsdaten aufgrund einer Angebots- und Nachfrageverzögerung bei bestimmten Waren und Dienstleistungen sehen.

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Aktien bevorzugt

Die von Edmond de Rothschild Asset Management verwalteten Portfolios sind weiterhin in Aktien übergewichtet. Denn ein weiterer Anstieg der Renditen für langlaufende Anleihen in den USA ist keine beschlossene Sache, insbesondere nicht in dem rasanten Tempo der letzten Zeit. Ein allmählicherer Anstieg würde von den Anlegern viel leichter akzeptiert werden. Und in jedem Fall wäre eine Marktkorrektur nicht automatisch die Folge, selbst wenn die Zinsen weiter ansteigen sollten. In der Vergangenheit kam es zu Ausverkäufen am Aktienmarkt, wenn die Anleger anfingen, Zinserhöhungen der Fed zu berücksichtigen – was in diesem Jahr nicht der Fall sein wird – oder wenn die langfristigen Inflationserwartungen überzogen erschienen, d.h. über 2,5 Prozent für die 10-jährige Inflationsrate; mit derzeit 2,3 Prozent ist dies noch in weiter Ferne. Daher ist der aktuelle Anstieg der langfristigen Anleiherenditen offenbar nicht mit den üblichen Effekten verbunden, die sich auf alle Anlageklassen auswirken können. Was allerdings zurückkehren kann ist Volatilität. Denn der S&P500 ist derzeit stark auf Wachstumswerte mit langfristiger Perspektive ausgerichtet. Er reagiert daher naturgemäß empfindlicher auf steigende Renditen langlaufender Anleihen.

Großbritannien hat das Brexit-Blatt gewendet

Aus genau diesem Grund haben wir das Engagement in US-Aktien zugunsten von britischen Aktien reduziert. Der Abschlag des britischen Marktes hat sich seit dem Brexit-Referendum vergrößert und die Tatsache, dass er auf Value-Aktien ausgerichtet ist, macht ihn weniger zinssensibel. Außerdem war die Impfkampagne ein Erfolg und das Land hat im Wesentlichen das Brexit-Blatt gewendet.

Bei festverzinslichen Wertpapieren haben wir im Januar beschlossen, Anleihen unterzugewichten – und halten auch weiterhin an dieser Überzeugung fest. Wir halten es für zu früh, um das Durationsrisiko wieder aufzunehmen. Außerdem berücksichtigen wir bei der Portfoliokonstruktion die Möglichkeit, dass die Renditen langlaufender Anleihen weiter steigen, was dazu führt, dass sich Aktien- und Anleiherisiken addieren anstatt sich gegenseitig aufzuheben.

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