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SPD fordert drastische Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze

Der Gesundheitspolitiker der SPD schlechthin war jahrelang Karl Lauterbach, zuletzt im Ministerrang. In der neuen Koalition ist das anders. Der bisher wenig bekannte neue gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Christos Pantazis, hat nun seine erste Duftmarke gesetzt. Er forderte am Pfingstwochenende eine drastische Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze, die aktuell bei 5512,50 Euro liegt.
Die Anpassung soll der Entlastung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) dienen, die mit hohen Defiziten kämpft. Laut Institut der deutschen Wirtschaft könnte eine solche Maßnahme 20 Milliarden Euro Mehreinnahmen bringen. Im Gegenzug würden Gutverdiener und Arbeitgeber deutlich stärker belastet. Laut des Vereins Bund der Steuerzahler hätten Millionen Beschäftigte dann zum Teil mehr als 1.000 Euro weniger netto im Jahr zur Verfügung.
Beitragsbemessungsgrenze 2500 Euro rauf?
Konkret regt Pantazis an, die Grenze bis auf 8.000 Euro im Monat und damit etwa auf das Niveau der Rentenversicherung anzuheben. Das würde höhere Krankenkassenbeiträge für alle Arbeitnehmer bedeuten, die mehr als 5512,50 Euro im Monat verdienen. Diese Anpassung „kann ein Beitrag zur finanziellen Entlastung der Krankenkassen sein, ohne die Versicherten über Gebühr zu belasten“, sagte Pantazis gegenüber der „Bild“-Zeitung.
Und weiter: „Für eine nachhaltige Stabilisierung der GKV-Finanzen dürfen wir uns keine Denkverbote auferlegen. Wir müssen über alle relevanten Stellschrauben offen diskutieren. Dazu gehört eine Dynamisierung des Bundeszuschusses ebenso wie die kritische Überprüfung versicherungsfremder Leistungen“, sagte Pantazis.
SPD auch für Anhebung der Versicherungspflichtgrenze
Gleichzeitig bringt der SPD-Poitiker, der seit 2021 im Bundestag sitzt und selbst Arzt ist, eine Anhebung der Versicherungspflichtgrenze ins Spiel. Diese liegt 2025 bei 73.800 Euro und gibt ab, ab welchem Gehalt Arbeitnehmer nicht mehr versicherungspflichtig in der GKV sind und in eine Private Krankenversicherung (PKV) wechseln können. Eine Anhebung würde demnach den Wechsel in PKV erschweren und das GKV-System stärken. Ein Effekt könnte sein, die Beiträge stabil halten zu können.
Zustimmung von Grünen und Sozialverband
Zustimmung zu den Vorschlägen kam unter anderem von den Grünen. Deren gesundheitspolitischer Sprecher, Janosch Dahmen, plädiert ebenfalls für eine Anhebung. „Neben umfassenden Strukturreformen ist es richtig, die Beitragsbemessungsgrenze zusammen mit der Versicherungspflichtgrenze stufenweise auf das Niveau der gesetzlichen Rentenversicherung anzuheben.“
Auch beim Sozialverband Deutschland (SoVD) traf der Vorschlag auf Zustimmung. „Der SoVD fordert schon seit vielen Jahren, die Versicherungspflichtgrenzen anzuheben und die Beitragsbemessungsgrenze zumindest auf das Niveau der gesetzlichen Rentenversicherung anzupassen“, sagte die Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier zu „Bild“. „Darum begrüßen wir diesen Vorstoß.“
Koalitionspartner lehnt Pläne erwartungsgemäß ab
Dagegen lehnt der Koalitionspartner CDU/CSU mit Verweis auf den Koalitionsvertrag den Vorschlag ab. Fraktionsvize Albert Stegemann sagte dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“: „Wir müssen als Koalition darauf achten, dass niemand über Gebühr belastet wird – auch nicht der gut verdienende Facharbeiter. Denn dieser müsste die zusätzlichen Belastungen schultern. Anstatt über höhere Belastungen müsse grundlegend über die Finanzierung der Krankenversicherung gesprochen werden. Wir müssen das System effizienter machen.“
PKV-Verband kritisiert „Sondersteuer auf Arbeitsplätze“
Auf das Zitat verwies auch der PKV-Verband in einem Statement vom Wochenende und machte sich die Union quasi zum Anwalt in eigener Sache. Wenig überraschend stoßen die Pantazis-Vorschläge auf wenig Gegenliebe bei den Lobbyisten. Die zusätzlichen Belastungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer würden laut PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther den Wirtschaftsstandort empfindlich treffen.
„Die Erhöhung der Bemessungsgrenzen ist nichts anderes als eine Sondersteuer auf Arbeitsplätze. Sie belastet Arbeitgeber und hochqualifizierte Arbeitnehmer gerade in den zukunftsfähigen Branchen, auf die Deutschland in der aktuellen wirtschaftlichen Lage dringend angewiesen ist. Ihre Beiträge würden in der Folge um bis zu 46 Prozent steigen und dadurch Arbeitsplätze in Deutschland vernichten“, wird Reiuther zitiert.
Für eine verantwortliche Gesundheitspolitik müsse es Priorität sein, mit den vorhandenen Einnahmen auszukommen. Aus Sicht des Verbands bedeuten die Vorschläge eine Einschränkung der Wahlfreiheit. Der Zugang zur PKV dürfe aber nicht weiter eingeschränkt werden. Reuther: „Um unser Gesundheitssystem besser auf die Belastungen des demografischen Wandels einzustellen, ist das genaue Gegenteil nötig.“