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Aktualisiert am 30.01.2020 - 09:34 Uhrin FinanzberatungLesedauer: 6 Minuten

Verkaufstrainerin Anne M. Schüller: „Unser Hirn liebt Happy Ends“

Anne M. Schüller
Anne M. Schüller

DAS INVESTMENT.com: Erfolgreiche Verkäufer handeln und verhandeln emotional, so die Kernaussage Ihres Buchs „Erfolgreich verhandeln – erfolgreich verkaufen“. Trifft das auch auf die Finanzbranche zu? Schließlich müssen Entscheidungen, die beispielsweise die Altersvorsorge betreffen, rational, auf der Grundlage harter Fakten wie Rendite und Risiko getroffen werden.

Anne Schüller: Der Homo Oeconomicus, das ist ein weit verbreiteter Irrtum, der in vielen Branchen anzutreffen ist. Jede Entscheidung ist in Wirklichkeit emotional. Das haben die neuesten Erkenntnisse der Hirnforschung klar bestätigt. Entscheidungen werden emotional getroffen und im Nachhinein rational begründet.

DAS INVESTMENT.com: Wie läuft das denn ab?

Schüller: Das Gehirn versieht jede Alternative mit einem positiven oder negativen Marker. Dann wird diese emotionale Markierung dem sogenannten Denkhirn präsentiert. Dieses muss dann nur noch eine rationale Begründung für die bereits emotional getroffene Entscheidung finden. Hat ein Beratungsgespräch also ein diffuses negatives Gefühl beim Kunden hinterlassen, bittet er um Bedenkzeit oder bezeichnet Preise und Konditionen als zu teuer. Dabei ist der Preis häufig nur ein Nebenkriegsschauplatz.

DAS INVESTMENT.com: Wie meinen Sie das?

Schüller: Nur die wenigsten Menschen kaufen billig. Selbst vielen Schnäppchenjägern geht es mehr um das befriedigende Gefühl, einen guten Fang gemacht zu haben, als um den Preis an sich. Jeder Bankberater, der das nicht glaubt, sollte nur auf seine Armbanduhr schauen. Alles, was teurer als 10 Euro ist, ist unvernünftig. Denn die eigentliche Funktion, nämlich das Anzeigen der Uhrzeit, erfüllen auch die Billiguhren. Alles, was man darüber hinaus bezahlt hat, hat man für die guten Gefühle, für Schönheit und Status gezahlt.

DAS INVESTMENT.com: Eine Armbanduhr ist aber kein Finanzprodukt.

Schüller: Auch bei Finanzprodukten wird nicht nur der reine Preis in die Waagschale geworfen. Unser Hirn stellt bewusst oder unbewusst eine Kosten-Nutzen-Rechnung auf, bei der der Preis oft nur eine untergeordnete Rolle spielt. Der Kunde fragt sich, ob der Berater es ehrlich mit ihm meint oder nur an seine Provision denkt und ob genug Vertrauen für eine langfristige Geschäftsbeziehung besteht. Hat der Kunde ein gutes Gefühl bei der Sache, erscheint ihm der Preis bis zu einem gewissen Punkt sekundär. Deshalb muss der Berater auch gute emotionale Gründe für sich und sein Produkt haben. Denn wenn Anbieter keine anderen Unterscheidungsmerkmale als den Preis oder den Zinssatz haben, wird sich der Kunde natürlich für den billigsten beziehungsweise den renditestärksten entscheiden.

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