Berenberg-Chefvolkswirt Holger Schmieding
Wo Anlegern aktuell Chancen winken und wo Risiken lauern
Holger Schmieding ist Chefvolkswirt der Berenberg Bank. Foto: Berenberg Bank
Holger Schmieding, Chefökonom der Hamburger Privatbank Berenberg, unternimmt hier einen Rundumblick und filtert die wichtigsten Themen heraus: Diese Entwicklungen sollten Anleger im angelaufenen Jahr im Blick behalten.
Märkte: Unruhige Zeiten mit möglicher Wende zum Besseren
Mit dem erneuten Anheben ihres Leitzinses im Dezember hat die US-Fed wieder ein nahezu neutrales Zinsniveau erreicht. Wir rechnen damit, dass die Fed bei etwas weniger lebhafter US-Konjunktur nach einem weiteren Zinsschritt im Frühjahr eine längere Pause einlegen wird. Das könnte auch die Märkte stützen. Da sie jedoch vorläufig ihre Bilanz weiter verkürzen wird, indem sie nicht alle fällig werdenden Anleihen durch neue ersetzt, begrenzt das weniger großzügige Angebot an Liquidität das Aufwärtspotenzial für Finanzmärkte. Die schrumpfende Fed-Bilanz kann gelegentlich für Unruhe sorgen.
Ein Jahr nach dem Auslaufen...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Märkte: Unruhige Zeiten mit möglicher Wende zum Besseren
Mit dem erneuten Anheben ihres Leitzinses im Dezember hat die US-Fed wieder ein nahezu neutrales Zinsniveau erreicht. Wir rechnen damit, dass die Fed bei etwas weniger lebhafter US-Konjunktur nach einem weiteren Zinsschritt im Frühjahr eine längere Pause einlegen wird. Das könnte auch die Märkte stützen. Da sie jedoch vorläufig ihre Bilanz weiter verkürzen wird, indem sie nicht alle fällig werdenden Anleihen durch neue ersetzt, begrenzt das weniger großzügige Angebot an Liquidität das Aufwärtspotenzial für Finanzmärkte. Die schrumpfende Fed-Bilanz kann gelegentlich für Unruhe sorgen.
Ein Jahr nach dem Auslaufen der Anleihekäufe wird die EZB voraussichtlich Ende 2019 die Zinswende einleiten, sofern sich die Konjunktur im Frühjahr 2019 erwartungsgemäß wieder etwas belebt. In einem ersten Schritt wird die EZB dann vermutlich den Strafzins auf Bankeinlagen von –0,4 Prozent auf –0,25 Prozent abmildern, bevor sie Anfang 2020 schließlich auch den Refinanzierungssatz etwas anhebt und damit die Nullzinspolitik beendet. Sofern Großbritannien den harten Brexit vermeidet, wird sich die derzeit unter ungewöhnlicher Unsicherheit ächzende britische Wirtschaft 2019 erholen können. Bei einem ohnehin angespannten Arbeitsmarkt dürfte die Bank of England dann im Frühjahr und Herbst 2019 ihre Leitzinsen jeweils um 25 Basispunkte anheben. Dagegen erwarten wir eine unverändert expansive Politik von der Bank of Japan.
2018 haben zwei Trends das Wechselkursgeschehen geprägt. Zum einen haben die starke US-Konjunktur, die Zinsschritte der Fed und die Reform der US-Unternehmenssteuer Geld in die USA gelockt. Zum anderen ist Kapital aus krisengeschüttelten Schwellenländern in den sicheren Hafen des US-Marktes geflossen. Beides hat den US-Dollar gestärkt. Dagegen hat sich der Außenwert des Euro kaum verändert, da die Verluste gegenüber dem US-Dollar weitgehend durch höhere Kurse gegenüber Schwellenlandwährungen ausgeglichen wurden.
Für 2019 rechnen wir damit, dass die USA bei etwas weniger lebhafter Konjunktur an Anziehungskraft verlieren, während sich einige Anleger wieder den Schwellenländern zuwenden. Dieser Prozess scheint bereits im November und Dezember in Gang gekommen zu sein. Im Ergebnis könnte der US-Dollar auch gegenüber dem Euro wieder etwas an Wert verlieren und sich Ende 2019 wieder bei etwa 1,20 Dollar pro Euro einpendeln. Eine abnehmende Risikoscheu der Anleger könnte den Euro ab dem Frühjahr 2019 auch gegenüber dem Schweizer Franken stärken – auf bis zu 1,20 Franken pro Euro.
Sofern die großen politischen Risiken nicht eintreten, dürften die Aktienkurse 2019 nach den herben Rückschlägen des Vorjahres insgesamt wieder etwas zulegen können, unterstützt durch leicht steigende Unternehmensgewinne, günstigere Bewertungen und fehlende Anlagealternativen. Wir rechnen jedoch mit weiteren Volatilitätsspitzen, da die Zentralbankunterstützung nachlässt, politische Risiken nicht vollkommen abebben und sich das Wachstum in den USA etwas eintrübt. Folglich sollten sich die Aktienmarktbewertungen nur leicht ausweiten und der Margendruck sollte wegen steigender Zinsen, Löhne und Zölle zunehmen. Gerade zum Jahresbeginn 2019 kann es an den Märkten recht unruhig bleiben.
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