Berenberg-Volkswirt Jörn Quitzau
Risiken der Kryptowährung Libra
Aktualisiert am 05.03.2020 - 15:21 Uhr
Facebook-Gründer Mark Zuckerberg im US-Kongress: Seiner Cyber-Währung Libra schlägt viel Kritik entgegen.
Facebook will seine Kryptowährung Libra trotz Kritik bis Mitte 2020 starten. Berenberg-Volkswirt Jörn Quitzau erklärt die Funktionsweise und fasst Bedenken von Politik und Regulierungsbehörden zusammen.
Ob ein solcher Inflationseffekt spürbar und gefährlich ist, lässt sich a priori nicht sagen. Wenn Libra von den Nutzern eher als Spielerei und Ergänzung zu den bestehenden Zahlungssystemen wahrgenommen wird und pro Nutzer nur geringe Libra-Beträge gehalten werden, dürften die Effekte vernachlässigbar sein. Sollte Libra aber den Durchbruch schaffen und sich als gleichwertiges oder gar führendes globales Zahlungssystem etablieren, könnte es gravierende Folgen haben.
Vor allem dürften die Renditen dauerhaft auf ihrem niedrigen Niveau bleiben, wenn die Libra-Zuflüsse sehr hoch sind und entsprechend viel Deckungskapital in die Anleihemärkte und in den Bankensektor fließt. Gegebenenfalls müsste...
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Ob ein solcher Inflationseffekt spürbar und gefährlich ist, lässt sich a priori nicht sagen. Wenn Libra von den Nutzern eher als Spielerei und Ergänzung zu den bestehenden Zahlungssystemen wahrgenommen wird und pro Nutzer nur geringe Libra-Beträge gehalten werden, dürften die Effekte vernachlässigbar sein. Sollte Libra aber den Durchbruch schaffen und sich als gleichwertiges oder gar führendes globales Zahlungssystem etablieren, könnte es gravierende Folgen haben.
Vor allem dürften die Renditen dauerhaft auf ihrem niedrigen Niveau bleiben, wenn die Libra-Zuflüsse sehr hoch sind und entsprechend viel Deckungskapital in die Anleihemärkte und in den Bankensektor fließt. Gegebenenfalls müsste die Libra Association die Anlagen sogar stärker diversifizieren, und auch auf weniger liquide und risikoreichere Assets ausweichen oder sie könnte das Prinzip der Volldeckung aufgeben, um keine zu hohen Anlagevolumina investieren zu müssen.
Rückzahlungsansprüche und Finanzstabilität
Die Libra Association behauptet, ein Vorteil von Libra sei, dass es – im Gegensatz zu ungedeckten (Krypto-) Währungen – zu keinem „Bankenansturm“ kommen würde. Durch die Deckung sei gewährleistet, dass Rückzahlungswünsche in Papiergeldwährungen jederzeit erfüllt werden können. Weil jeder auf die Werthaltigkeit der Währung vertrauen könne, seien die Voraussetzungen für einen destabilisierenden „Bankenansturm“ nicht gegeben.
Diese optimistische Sichtweise ist nicht zwingend gerechtfertigt. Auch bei vollständiger Deckung durch Wertpapiere kann es zu Kursverlusten kommen. Die Kurse der in der Libra-Reserve enthaltenen Wertpapiere können unter Druck geraten, wenn die Marktzinsen steigen. Auch wenn die Wechselkurse der Währungen unter Druck geraten, in denen die Libra-Reserve angelegt ist, drohen Kursverluste.
Um diesen Kursverlusten zu entgehen, könnten sich die Besitzer der Libra-Coins eilig von ihren Libra-Beständen trennen und in Papiergeldwährung zurücktauschen wollen. Sofern solche Rückzahlungswünsche erfüllt werden sollen, wäre die Libra Association gezwungen, einen Teil ihrer Reserven zu verkaufen und würde durch den Verkaufsdruck gegebenenfalls die Zinsen an den Anleihemärkten nach oben treiben.
Ausblick
Das Projekt bringt eine Reihe von Fragen hinsichtlich Finanzstabilität und makroökonomischer Effekte mit sich, die bisher nicht mit zufriedenstellender Sicherheit beantwortet werden können. Regierungen, Notenbanken und Regulierungsbehörden haben das Libra-Projekt deshalb ins Visier genommen. Dass zunächst als Gründungsmitglieder eingeplante Unternehmen sich inzwischen aus dem Projekt zurückgezogen haben, mag ein Indiz dafür sein, dass die regulatorischen Hürden für Libra hoch sein werden. Genauigkeit dürfte hier vor Schnelligkeit gehen – und das ist angesichts der Tragweite auch gut so.
Libra: Wichtige Eigenschaften
- Die Kryptowährung soll von der Libra Association mit Sitz in der Schweiz ausgegeben werden. Neben Facebook gehören auch Unternehmen wie Vodafone oder Spotify zur Libra Association. Namhafte Unternehmen wie Paypal, Visa und Mastercard, die ursprünglich zu den Gründungsmitgliedern zählen sollten, sind inzwischen jedoch abgesprungen.
- Die Währung soll vollständig durch stabile und liquide Vermögenswerte wie Bankguthaben und Staatsanleihen mit hoher Bonität gedeckt werden („Libra-Reserve“). Der Libra-Wert würde dann mit den Währungen schwanken, in die die Libra-Einnahmen investiert werden.
- Die Menge der umlaufenden Libra ist nicht begrenzt, das Angebot folgt der Nachfrage. Somit sind spekulative Preissprünge wie beim Bitcoin, der eine
Mengen-Obergrenze hat, nicht möglich. Libra würde deshalb vorwiegend für Transaktionszwecke eingesetzt.
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