Berenberg-Volkswirt Jörn Quitzau
US-Dollar als sicherer Hafen
Jörn Quitzau ist Volkswirt und Leiter des Bereichs Wirtschaftstrends bei der Berenberg Bank. Foto: Berenberg
Der US-Dollar ist immer noch ein sicherer Hafen für Anleger, ist Jörn Quitzau überzeugt. Hier nennt der Berenberg-Volkswirt Gründe.
Der US-Dollar ist in den vergangenen Monaten deutlich unter Druck geraten. Mitte März hatte die US-Währung ihren vorläufigen Höchststand erreicht. Damals erhielt man für einen Euro lediglich etwas mehr als 1,06 US-Dollar. Aktuell gibt es für einen Euro gut 1,16 US-Dollar, zwischenzeitlich war der Wechselkurs sogar auf fast 1,20 US-Dollar je Euro gestiegen. Auch der breiter angelegte Dollar-Index, der die Wechselkursveränderung gegenüber einem Währungskorb abbildet, ist in dieser Zeit spürbar gesunken (Abbildung 1).
Manche Beobachter sehen darin nicht bloß eine vorübergehende Schwächephase, wie sie am Devisenmarkt immer wieder vorkommt. Für sie ist dies ein Indiz, dass...
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Der US-Dollar ist in den vergangenen Monaten deutlich unter Druck geraten. Mitte März hatte die US-Währung ihren vorläufigen Höchststand erreicht. Damals erhielt man für einen Euro lediglich etwas mehr als 1,06 US-Dollar. Aktuell gibt es für einen Euro gut 1,16 US-Dollar, zwischenzeitlich war der Wechselkurs sogar auf fast 1,20 US-Dollar je Euro gestiegen. Auch der breiter angelegte Dollar-Index, der die Wechselkursveränderung gegenüber einem Währungskorb abbildet, ist in dieser Zeit spürbar gesunken (Abbildung 1).
Manche Beobachter sehen darin nicht bloß eine vorübergehende Schwächephase, wie sie am Devisenmarkt immer wieder vorkommt. Für sie ist dies ein Indiz, dass der US-Dollar seinen Status als Safe Haven, also als sichere Anlagewährung in unruhigen Zeiten, dauerhaft einbüßt. Ihr Argument: Wenn der US-Dollar während einer Jahrhundert-Rezession nicht auf- sondern abwertet, dann haben die Marktakteure offenbar das Vertrauen in die USA als Anlagestandort verloren.
Der Abgesang auf den Dollar wird garniert mit dem Hinweis auf die schwache politische Führung, das mangelhafte Corona-Krisenmanagement und die horrenden Haushaltsdefizite sowie steigende Staatsschulden.
Ein irreführender Befund
Der skizzierte Befund ist mindestens irreführend, denn der US-Dollar war im ersten Quartal, als die Corona-Pandemie ihren Lauf nahm, tatsächlich als sicherer Hafen gesucht. Seine stärkste Phase hatte die amerikanische Währung Mitte März. Zu dieser Zeit war der Euro auf nur noch gut 1,06 US-Dollar je Euro gesunken. Wegen der massiven geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen in den USA und in Europa, kam es beim Wechselkurs Euro-US-Dollar zu einem kräftigen Auf und Ab, letztlich war es bis Mitte Mai aber eine volatile Seitwärtsbewegung.
Erst als sich ab Mitte Mai deutlicher abzeichnete, dass die Corona-Krise wirtschaftlich nicht zum Weltuntergang führen würde, begann die Schwächephase des US-Dollars, der Eurokurs stieg entsprechend an. An den Aktienmärkten hatte die Erholung bereits früher begonnen und die Corona-Krise wurde zunehmend ausgepreist – auch wenn sie realwirtschaftlich noch lange nicht überstanden ist –, sodass die Suche nach einem sicheren Anlagehafen vorüber war und der Dollar-Raum nicht mehr gesucht wurde.
Als Anfang vergangener Woche die Aktienkurse erneut einbrachen und der Dollarkurs gleichzeitig in die Höhe schoss, zeigte sich einmal mehr, dass der Dollar weiter als sicherer Anlagehafen gefragt ist. Der Dollar ist trotz aller Probleme, mit denen die Wirtschaft, aber auch die USA als Land momentan kämpfen, einfach noch zu wichtig und zu unentbehrlich. Die Wirtschaft ist groß und dynamisch, der Anleihemarkt hochliquide, die Zinsen im Vergleich zu den anderen großen Wirtschaftsräumen attraktiver und politisch ist Amerika immer noch eine Großmacht.
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