Berenberg zu US-Wahlen „US-Aktienmarkt bleibt ‚Place to be‘“
Dazu sollte weniger die Notenbankpolitik, sondern vielmehr die für 2017 erwartete Rückkehr des Gewinnwachstums bei den Unternehmen beitragen. Chancen bieten – dank der Stabilisierung des Ölpreises – vor allem Energietitel. Normalerweise gilt der Spruch: „Politische Börsen haben kurze Beine.“ Jetzt geht man im US-Aktienteam bei Berenberg jedoch davon aus, dass es diesmal anders ist. Die Wahlen in den USA könnten einen stärkeren Einfluss auf die Aktienmärkte haben. Am 8. November sind die US-Bürger aufgerufen, den Präsidenten, das Abgeordnetenhaus und große Teile des Senats neu zu wählen. Zwar blicken die Medien vor allem auf die beiden Kandidaten Hillary Clinton und Donald Trump. Wir halten die Wahl des Abgeordnetenhauses aber für viel entscheidender.
Eine kontrollierte Präsidentin Clinton wäre am besten für die Märkte
Grundsätzlich sieht Berenberg drei Szenarien. Das beste und zugleich auch das wahrscheinlichste Szenario für die Märkte ist ein Wahlsieg der Demokratin Clinton, während die Republikaner die Mehrheit im Abgeordnetenhaus verteidigen. Dann könnte das System der Checks and Balances funktionieren. Diese Kontrollfunktion des Abgeordnetenhauses wäre in dieser Form nicht mehr gegeben, wenn das zweite Szenario eintritt: ein haushoher Sieg Clintons, der indirekt auch zur Machtübernahme der Demokraten im Senat und sogar im Abgeordnetenhaus führt. Dann könnte sie ihre Politik nahezu unkontrolliert umsetzen. Es würde wahrscheinlich höhere Steuern und mehr Regulierung geben. Auch das dritte Szenario, ein Wahlsieg Trumps und einen republikanischen Kongress, könnte problematisch für die Märkte werden. Allerdings würden Berater und Abgeordnete Trump sicherlich bei einigen Themen auch etwas bremsen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Clinton neue Präsidentin wird, erachten die Experten bei Berenberg aktuell bei 80 zu 20, dass die Republikaner das Abgeordnetenhaus weiter dominieren ebenfalls bei 80 zu 20 Prozent. Die Chancen für die beiden Parteien im Senat hält er für ausgeglichen.
Trump-Sieg würde für Unsicherheit sorgen – nicht nur in den USA
1.200% Rendite in 20 Jahren?
Trotz unterschiedlicher Schwerpunkte der Kandidaten gibt es keine besonderen Chancen oder Risiken für einzelne Sektoren, die abhängig vom Wahlausgang sind. Wichtiger als die Segmente ist das übergeordnete Szenario. Wenn Trump gewinnt, dürften die Aktienkurse aufgrund steigender Unsicherheit erst einmal auf breiter Front fallen. Wenn hingegen unser bevorzugtes Szenario eintritt, gäbe es wahrscheinlich Erleichterung am Markt und tendenziell Kursgewinne. Auch ist man überzeugt, dass nicht nur der US-Markt vom Wahlausgang betroffen sein wird: Ein Trump-Sieg könnte am Folgetag vielleicht sogar ein kurzfristiges Minus von fünf Prozent im US-Aktienindex S&P 500 auslösen. In Europa würden die Aktienmärkte dann aber wahrscheinlich sogar noch deutlicher fallen.
Vom zins- zum gewinngetriebenen Bullenmarkt
Im Hintergrund des Wahlkampfspektakels entwickelt sich die US-Wirtschaft weiterhin zufriedenstellend. Die Ent-wicklung ist nicht spektakulär, aber der private Verbrauch, der Arbeitsmarkt und der Wohnungsmarkt sind auf einem guten Weg. Für 2016 rechnet er mit einem Wirtschaftswachstum in den USA von gut 1,5 Prozent, 2017 soll das Bruttoinlandsprodukt dann wieder um mindestens zwei Prozent steigen.
Den nächsten kleinen Zinsschritt der Fed erwartet er kurz vor Weihnachten. 2017 sollte ein weiterer Trippelschritt erfolgen. In solch moderat steigenden Zinsen gibt es keinen Grund für fallende Aktienkurse. Vielmehr gilt die Annahme, dass sich der seit 2009 anhaltende Bullenmarkt bei US-Aktien noch ein paar Jahre fortsetzt. Allerdings müssten sich dafür die ausschlaggebenden Kursmotoren ändern. Statt der Notenbankpolitik dürften ab dem kommenden Jahr die Unternehmensgewinne die Kurse ankurbeln. Für 2016 zeichnet sich noch eine Nullrunde beim Gewinnwachstum der S&P 500-Unternehmen ab. Für 2017 liegt der Marktkonsens bei 13 Prozent Gewinnwachstum. Bei Berenberg rechnet man mit 8 bis 10 Prozent.