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Berlenbach über Öl: „150 Dollar können wir uns nicht leisten“

Geologe und Fondsmanager Joachim Berlenbach
Geologe und Fondsmanager Joachim Berlenbach
DAS INVESTMENT.com: Der langlaufende Future für die Ölsorte Brent rutschte im März unter 100 Dollar, während der tatsächliche Ölpreis bei etwa 125 Dollar notierte.

Joachim Berlenbach: Da waren wohl einige Optimisten am Werk.

DAS INVESTMENT.com: Zu Recht?

Berlenbach: Die über den Future angekündigten 90 Dollar sehe ich auf keinen Fall. Viele Ölförderer wie Russland brauchen einen bestimmten Preis, um ihren Staatshaushalt zu finanzieren. Da reden wir über dreistellige Zahlen. Die Lagerbestände sind enorm gesunken, die Förderkosten steigen. Auch neue Fördermethoden wie Fracking werden daran nichts ändern. Wenn die Amerikaner ihre strategischen Reserven freigeben, zeugt das schon von richtiger Panik.

DAS INVESTMENT.com: 2008 haben viele Analysten ähnlich argumentiert wie Sie jetzt. Dann kamen Panikverkäufe und drückten den Preis unter 40 Dollar.

Berlenbach: Das kann sicherlich wieder passieren. Allerdings sind damals viele Spekulanten auf dem falschen Fuß erwischt worden, als der Ölpreis plötzlich wieder stieg. Sie sind verbrannt und vielleicht schon gar nicht mehr am Markt. Auch ich kann nicht genau sagen, was gerade auf der Long- und Short-Seite passiert. Das ist auch nicht meine Aufgabe, ich konzentriere mich auf die Fakten: Der weltweite Ölverbrauch geht derzeit von 90 auf 100 Millionen Barrel zu. Wenn Sie die Lücke von 10 Millionen Barrel pro Tag schließen müssen, haben Sie ein Problem, das Sie bei einem Preis von 90 Dollar nicht lösen können. Dann brauchen Sie definitiv 130 Dollar.

DAS INVESTMENT.com: Was passiert, wenn wir 100 Millionen Barrel gar nicht aus der Erde kriegen?

Berlenbach: Ich weiß es nicht. Vielleicht Krieg, vielleicht gigantische Preise. Auf jeden Fall wird es dann richtig eng. Es bedeutet auch, dass wir uns zunehmend auf alternative Energiequellen verlassen werden müssen, einschließlich Kernenergie.

DAS INVESTMENT.com: Aber noch geht es?

Berlenbach: Ja. Saudi-Arabien hat auch schon angekündigt, die Fördermenge um 25 Prozent erhöhen zu können.

DAS INVESTMENT.com: Die prahlen gerne mal.

Berlenbach: Das ist das Problem. Und selbst wenn sie es tatsächlich könnten, hätten sie dann ihre Flexibilität für weitere Produktionserhöhungen deutlich verringert. Schon jetzt wissen wir gar nicht mehr genau, wie viel wirklich noch da ist.