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Bernd Raffelhüschen Altersvorsorge: „Gewonnen hat die Bürokratie“

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Widerspricht es nicht der Vollkaskomentalität der Deutschen, dass keine Garantien mehr versprochen werden dürfen?

Raffelhüschen: Ja, aber das gilt auch für die private Altersvorsorge. Jede Form von Garantie hat ihren Preis, und der ist sehr hoch. Wenn wir den Pfad in der bAV verlassen, dann kann das eine Signalwirkung auch für andere Anbieter haben. Garantien zerschießen Rendite.

Um Geringverdiener zu schützen, werden erstmalig Freibeträge eingeführt, um die Grundsicherung im Alter nicht anzutasten. Ist das nicht ein Gewinn?

Raffelhüschen: Die Frage ist sicher relevant, trifft in der bAV aber auf niemanden zu. Der Anteil dieser Personen liegt im Alter bei knapp 3 Prozent und bezieht msich auf diejenigen, die weniger als 30 Jahre gearbeitet haben oder nur geringfügig bezahlt wurden. Altersarmut zu bekämpfen, sollte man der gesetzlichen Rentenversicherung überlassen. Sie hat jahrzehntelange Erfahrung damit. Die bAV ist für den Mittelstand, für die, die zusätzlich zur Rente vorsorgen möchten. Ob man deshalb mit neuen Zulagen etwas bewirkt, wage ich zu bezweifeln. Gewonnen hat da nur die Bürokratie.

Aber wie kann das gesetzliche Rentensystem überleben?

Raffelhüschen: Will man beim jetzigen Eintrittsalter bleiben, gibt es zwei Szenarien: Bleiben die Beiträge stabil, wird das Rentenniveau unter 40 Prozent sinken. Anders herum, wollen wirdas Rentenniveau halten, dann müssen die Beiträge auf 27 oder 28 Prozent steigen – gerechnet auf das Jahr 2040 bis 2045. Es gibt keine weiteren Freiheitsgrade. Meiner Meinung nach kann die junge Generation nichts dafür, dass sie so wenige sind. Deshalb haben wir mit der Agenda 2010 in der Rürup-Kommission seinerzeit den Nachhaltigkeitsfaktor eingeführt, der den Rentenbeitragssatz bei unter 22 Prozent auf ewig halten soll. Die alte Generation bekäme dann weniger Rente, aber das ist gerecht. Es trifft den Verursacher.

Der Experte: Bernd Raffelhüschen ist Professor für Finanzwirtschaft und Direktor des Forschungszentrums Generationenverträge an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen der Sozial- und Steuerpolitik, insbesondere der Alterssicherung, Gesundheitsökonomie und Pflegevorsorge. Raffelhüschen war Mitglied der Rürup-Kommission und ist Botschafter der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft; darüber hinaus ist er Mitglied des Aufsichtsrats der Ergo Group und der Volksbank Freiburg.

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