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Bert Flossbach im Interview „Als aktiver Aktionär können wir die Interessen unserer Anleger vertreten“

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Heißt das auch, dass sie sich ab sofort öfter aktiv in Belange von Unternehmen einmischen wollen, in die Sie investieren?

Bert Flossbach: Wir sehen Aktivismus nicht als Aktionismus, sondern als Chance, die Interessen aller Anleger, deren Gelder wir verwalten, zu vertreten. Anders ausgedrückt: Wir sind zuallererst unseren Anlegern verpflichtet. Wir werden Probleme ansprechen und mögliche Lösungen skizzieren, die ein Unternehmen nachhaltig erfolgreicher machen und damit allen Stakeholdern, also Kunden, Mitarbeitern, der Gesellschaft und natürlich auch den Aktionären helfen. Aufgrund der wachsenden Macht passiver Vermögensverwalter wird es immer wichtiger, dass die verbliebenen aktiven Investoren bei Bedarf ihre Stimme erheben und als konstruktives Korrektiv wirken.

Auch der Blackrock-Chef Larry Fink hat angekündigt, sich in Zukunft stärker in Unternehmensbelange einmischen zu wollen. Er begründet das ebenfalls mit dem Trend zu Indexfonds: Aus ihnen kann Geld nicht so schnell abgezogen werden, Blackrock will daher für langfristig gewinnträchtige Unternehmen sorgen. Sehen Sie einen Trend unter Großinvestoren, sich aktiv in Unternehmen einzumischen?

Bert Flossbach: ETF-Anbieter sind zwangsweise in tausenden Unternehmen investiert. Die schiere Masse macht es eigentlich unmöglich, jedes Unternehmen umfassend zu analysieren. Von daher ist die Ankündigung von Blackrock eher beängstigend. Außerdem gibt es Interessenkonflikte, etwa weil ein großer ETF-Anbieter gleichzeitig der größte Aktionär bei allen relevanten Unternehmen der gesamten Branche ist. Das ist ein bisschen so, als würden einem Investor alle Fußballclubs einer Liga gehören. Das schlimmste aber ist, dass viele Vorstände einen großen, aber passiven Zwangsaktionär durchaus begrüßen, weil der in der Regel alle wichtigen Beschlüsse kritiklos durchwinkt. Am Ende müssen die verbliebenen, wirklich aktiven Aktionäre die Verantwortung übernehmen und den Job für alle machen. 

Halten Sie einen offenen Brief für wirkungsvoller als ein persönliches Gespräch?

Bert Flossbach: Persönliche Gespräche bilden die Basis für ein langfristiges Engagement. Manchmal ist es aber notwendig, in einem offenen Brief die Belange aller Stakeholder anzusprechen und diese mit an Bord zu nehmen – weil der Vorstand das nicht will, nicht kann oder sich nicht traut. In den letzten beiden Fällen unterstützt ein offener Brief die Arbeit des Vorstands. Da wir uns aktiv für ein Investment entschieden und als größerer Aktionär auch „Skin in the Game“ haben, sind wir ein glaubwürdiges und konstruktives Korrektiv. Im Falle Daimler werben wir bei allen Stakeholdern für eine Lösung, die aus einem komplexen und vergleichsweise schwerfälligen Unternehmen in einem immer herausfordernderen Umfeld zwei agilere, effizientere, sicherere und damit auch nachhaltigere Unternehmen macht. Diese Lösung ist im Interesse aller – und deshalb kämpfen wir dafür.

Erwarten Sie, dass Herr Zetsche Ihnen Gehör schenkt?

Bert Flossbach: Es wäre im Interesse aller Stakeholder. Davor kann sich der Vorstand nicht ewig verschließen.

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