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Exklusiv: Bert Flossbach im Interview „Weglassen können ist das Allerwichtigste“

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Kann es sein, dass die Welt inzwischen wahnsinnig komplex geworden ist?

Flossbach: Es kommt einiges zusammen, Brexit, Handelskrieg, die Klimadiskussion. Nicht zu vergessen: die Macht der Daten. Es wäre früher undenkbar gewesen, eine Wahl in einem anderen Land zu beeinflussen. Das alles, gepaart mit der Globalisierung, verändert die Welt, und Volkswirtschaften, die sich nicht darauf einstellen, gehören zu den Verlierern. Damit kommt Widerstand auf, der Populisten Auftrieb gibt. Das Ganze erzeugt eine gewisse Instabilität, die sich aber in der Wirtschaft bisher noch nicht allzu sehr niedergeschlagen hat.

Die gefürchtete Deglobalisierung läuft noch nicht.

Flossbach: Bisher nur punktuell.

Foto: Jochen Rolfes

Wird sie noch kommen?

Flossbach: Sobald es die betroffenen Länder zu sehr schmerzt, dürften sie damit aufhören. In China ist das der Fall, wenn die Wirtschaft nicht mehr ausreichend wächst. Dann ist der dort so wichtige ökonomische Frieden gefährdet.

Wie viel Wachstum braucht China zurzeit?

Flossbach: Das kann man nicht genau sagen. Wir wissen ja nicht einmal, wie sauber die Zahlen sind. Es sind vielleicht 5 oder 6 Prozent, aber auf keinen Fall nur 2 Prozent. In den USA sind starke Börsen, florierende Wirtschaft und niedrige Arbeitslosigkeit für Präsident Trump essenziell. Deshalb muss er alles irgendwie am Laufen halten. Er hatte ja die Steuerreform …

… deren Effekt aber ausläuft. Zurzeit sieht es so aus, als würde er die Wirtschaft in die Grütze reiten.

Flossbach: Die USA sind eine große, geschlossene Wirtschaft, in der man die Effekte des Handelskonflikts noch nicht so merkt. Die Wirtschaft läuft gut, die Arbeitslosigkeit ist auf einem Tief und die Börse auf Allzeithoch. Und Trump kennt seine Stellschrauben. Er weiß, dass es dem Markt hilft, sobald er deeskaliert. In Europa merkt man den Handelskrieg schon eher. Aber er schlägt sich in den Absatzzahlen, zum Beispiel der Autoindustrie, noch nicht nieder.

Die sind Vergangenheit, wie sehen die Auftragsbücher aus?

Flossbach: Da kühlt sich sicherlich alles etwas ab. Wir gehen folglich auch nicht davon aus, dass sich das Wachstum demnächst beschleunigen wird. Aber es sieht eben auch nicht nach einer Weltrezession aus.

Wir haben uns schon gefragt, wann das böse Wort mit R fällt.

Flossbach: Das Gerede über eine technische Rezession mit zwei Minusquartalen in Folge ist ohnehin Unfug. Und einen schmerzhaften Abschwung sehen wir höchstens in der Autoindustrie und bei den Zulieferern, aber nicht im Bau oder dem Dienstleistungssektor.

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