Urteil des OLG Oldenburg Berufsunfähigkeit - warum der Heizungsmonteur den Kürzeren zog

Heizungsmonteur bei der Arbeit: In einem Fall vor dem OLG Oldenburg stritt ein Handwerker mit seinem BU-Versicherer.
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Wenn ein Versicherungskunde berufsunfähig wird, versuchen Versicherer häufig, auf eine andere, vergleichbare Tätigkeit zu verweisen. Die Idee dahinter: Wenn sich mit dieser ebenfalls ein auskömmliches Einkommen erzielen lässt, ist der Lebensunterhalt des Kunden gesichert und der Versicherer aus dem Schneider, er kann die Zahlungen einstellen. Maßgeblich bei der Beurteilung, ob nicht auch eine andere Tätigkeit für den Versicherten infrage kommt, ist, ob sich mit dieser Tätigkeit ein vergleichbares Gehalt erwirtschaften lässt.
In einem Fall vor dem Oberlandesgericht Oldenburg (OLG Oldenburg) spielte indessen auch eine andere Frage eine Rolle: Kommt es beim Vergleich von alter und neuer Tätigkeit auch auf die Lebensstellung an, die der Versicherungsnehmer bei Eintritt der Berufsunfähigkeit innehatte? Und muss das tatsächlich erzielte Einkommen vor Eintritt der Berufsunfähigkeit mit Blick auf steigende Löhne in dem Berufszweig auch in die Zukunft fortgeschrieben werden? Mit diesen Fragen...
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Wenn ein Versicherungskunde berufsunfähig wird, versuchen Versicherer häufig, auf eine andere, vergleichbare Tätigkeit zu verweisen. Die Idee dahinter: Wenn sich mit dieser ebenfalls ein auskömmliches Einkommen erzielen lässt, ist der Lebensunterhalt des Kunden gesichert und der Versicherer aus dem Schneider, er kann die Zahlungen einstellen. Maßgeblich bei der Beurteilung, ob nicht auch eine andere Tätigkeit für den Versicherten infrage kommt, ist, ob sich mit dieser Tätigkeit ein vergleichbares Gehalt erwirtschaften lässt.
In einem Fall vor dem Oberlandesgericht Oldenburg (OLG Oldenburg) spielte indessen auch eine andere Frage eine Rolle: Kommt es beim Vergleich von alter und neuer Tätigkeit auch auf die Lebensstellung an, die der Versicherungsnehmer bei Eintritt der Berufsunfähigkeit innehatte? Und muss das tatsächlich erzielte Einkommen vor Eintritt der Berufsunfähigkeit mit Blick auf steigende Löhne in dem Berufszweig auch in die Zukunft fortgeschrieben werden? Mit diesen Fragen hat sich das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG Oldenburg) befasst (OLG Oldenburg v. 11.05.2020 - 1 U 15/20).
Der Kläger war ursprünglich als Heizungsmonteur tätig gewesen. Er unterhält bei der beklagten Versicherung eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Der Versicherer hatte zunächst anerkannt, wegen eingetretener Berufsunfähigkeit des Klägers leistungspflichtig zu sein. Allerdings verwies er den Versicherten auf dessen neuerdings ausgeübte Tätigkeit als technischer Zeichner – der Kunde hatte inzwischen umgeschult und einen neuen Job angetreten. Mit Verweis auf die neue Tätigkeit stellte der BU-Versicherer seine Zahlungen ein.
Vor dem OLG Oldenburg stritten nun beide Parteien darüber, ob diese Verweisung wirksam sei. Das Landgericht hatte zuvor die Klage des Versicherungsnehmers abgewiesen: Der Versicherer habe den Kläger zu Recht auf seine neu ausgeübte Tätigkeit als technischer Zeichner verwiesen. Es lägen die notwendigen Voraussetzungen vor, die den Versicherer von seiner Leistungspflicht entbinden.
Auch die neue Lebensstellung des Klägers sei mit der in der alten Tätigkeit vergleichbar. Der Beruf des Heizungsmonteurs erfahre keine höhere Wertschätzung als der des technischen Zeichners. Daher könne man nicht von einem sozialen Abstieg sprechen. Auch die Einkommensverhältnisse seien gleichwertig. Eine Fortschreibung des ursprünglichen Gehalts, also ein Gehaltsanstieg, den der Monteur im Laufe der Jahre hätte verzeichnen können, müsse man nicht berücksichtigen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Dieser rügt: Das Landgericht habe verkannt, dass es laut Bundesgerichtshof auch Ausnahmen von der Regel gebe. Demnach müsse nicht in jedem Fall das Prinzip gelte, dass man den Lohn nicht fortzuschreiben brauche. Eine solche Ausnahme läge hier vor. Denn zwischen dem Eintritt des Versicherungsfalls und der auf die Verweisung gestützten Leistungseinstellung des Versicherers lägen sechs Jahre. Das Gehaltsniveau auf dem Gebiet des Handwerks habe sich seither im Vergleich zu einer Lohnfortschreibung über den Verbraucherpreisindex positiver entwickelt.