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Berufsunfähigkeitsversicherung „Falsch beantwortete BU-Gesundheitsfragen bedeuten nicht gleich Arglist“

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Die rechtliche Würdigung des BGH:

Zunächst stellte der BGH fest, dass der vom Versicherer beauftragte Arzt passiver Stellvertreter des Versicherers sei. Die Fragen, die von dem Arzt gestellt werden, sind Fragen des Versicherers. Der Arzt hat somit die Stellung eines Versicherungsagenten des Versicherers. Folglich ist auch die Kenntnis des Arztes von gesundheitlichen Umständen dem Versicherer zuzurechnen beziehungsweise die erteilten Antworten stehen den Erklärungen gegenüber dem Versicherer gleich. Was dem Arzt gesagt ist, ist dem Versicherer gesagt.

Des Weiteren stellte der BGH fest, dass alleine aus der unrichtigen oder unvollständigen Beantwortung von Gesundheitsfragen nicht auf das Vorliegen von Arglist geschlossen werden kann, denn in subjektiver Hinsicht setzt die Annahme von Arglist vielmehr zusätzlich voraus, dass der Versicherungsnehmer erkennt und billigt, dass der Versicherer seinen Antrag bei Kenntnis des wahren Sachverhalts gar nicht oder nur zu anderen Konditionen annehmen werde.

Es kann jedoch vorliegend nicht ausgeschlossen werden, dass das OLG die Frage nach dem Vorliegen dieser Voraussetzung anders beurteilt hätte, wenn es die zusätzlichen Angaben in der Erklärung vor dem Arzt ebenfalls berücksichtigt hätte. Diese lassen es nämlich möglich erscheinen, dass der Kläger davon ausgegangen ist, schon die Mitteilung über die Synkope im Jahre 2004 und eine nachfolgende „neurologische Abklärung“, die ohne Befund geblieben sei, gestatte es der Beklagten in gleicher Weise, eine Risikobewertung vorzunehmen wie nach ausdrücklicher Bezeichnung der durchgeführten MRT-Untersuchungen.

Anhaltspunkt gegeben

Der Beklagten war aber zumindest ein Anhaltspunkt für weitere Nachforschungen oder Nachfragen gegeben, soweit die Synkope im Jahre 2004, die dem Arzt gegenüber angegeben wurde, als Anlass durchgeführter neurologischer Untersuchungen für ihre Risikobeurteilung von Relevanz war.

Das Berufungsgericht hätte deshalb der Frage nachgehen müssen, ob der Kläger geglaubt hat, es sei für die Annahmeentscheidung der Beklagten nicht von Bedeutung, ob sie konkret über durchgeführte MRT-Untersuchungen oder nur allgemein über eine „neurologische Abklärung“ unterrichtet wurde. Hierfür könnte die vom Kläger behauptete Mitteilung seiner Hausärztin, er sei gesund, ein tragfähiges Indiz darstellen, wenn diese in Kenntnis der MRT-Befunde erfolgt war.

Auswirkungen für die Praxis

Der Beschluss des BGH überzeugt im Ergebnis, denn er stellt klar, dass Falschangaben oder nicht getätigte Angaben nicht zwingend ein arglistiges Verhalten des Versicherungsnehmers darstellen. Vielmehr ist im Einzelfall auf alle gesamten Umstände abzustellen, also auch ob der Versicherungsnehmer in subjektiver Hinsicht erkennt und billigt, dass der Versicherer seinen Antrag bei Kenntnis des wahren Sachverhalts gar nicht oder nur zu anderen Konditionen annehmen werde.

Im Übrigen ist der Versicherer in der Beweislast für das Vorliegen von Arglist. Dieser Einwand stellt ein „sehr scharfes Schwert“ gegenüber dem Versicherungsnehmer dar. Liegen die Voraussetzungen für ein arglistiges Verhalten gar nicht vor, so kann sich der Versicherer sich auch nicht wirksam von dem Vertrag mit einer Anfechtung lösen.

Von daher sollten alle Leistungsentscheidungen von Versicherungen, am besten jedoch schon vor Anmeldung dieser Ansprüche beim Versicherer, juristisch überprüft werden, damit nicht ungerechtfertigte Leistungsablehnungen riskiert werden. Auch rein prozessual ist es ratsam, gerichtliche Streitigkeiten stets von Spezialisten im Versicherungsrecht führen zu lassen.

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