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Schärfere Bewertung – weniger Top-Tarife in der BU-Versicherung

Das Analysehaus Franke und Bornberg (F&B) hat 121 Tarife der Selbstständigen Berufsunfähigkeitsversicherung (SBU) von 54 Anbietern in seinem jährlichen Rating unter die Lupe genommen. Trotz verschärfter Kriterien und dadurch verschlechterter Ergebnisse ist das Niveau der Produkte weiterhin sehr hoch.
Qualitätswettbewerb ausgereizt
„30 Jahre Produktratings und Wettbewerb haben Berufsunfähigkeitsversicherungen zur Produktkategorie mit dem höchsten Qualitätsniveau gemacht. Verbesserungen sind im Leistungskern kaum noch möglich“, sagt Michael Franke, Gründer und Geschäftsführer von Franke und Bornberg.

Mittlerweile seien die Versicherungsbedingungen der meisten BU-Tarife ohne ernsthaften Makel. Aber hohe Qualität könne auch zu einem Problem werden, denn seit über 15 Jahren herrsche zusätzlich ein harter Preiswettbewerb. „Läuft der Wettbewerb aus dem Ruder, kommen Überschüsse unter Druck und bei der Leistungsregulierung wird auf die Bremse getreten. Am Ende verlieren die Kunden.“
Das ändert sich beim BU-Rating 2025
Bei Standardleistungen, die sich laut F&B nicht länger zur Differenzierung eignen, senkt das neue BU-Rating den Bewertungsfaktor. „Für Selbstverständlichkeiten gibt es keine Extrapunkte mehr. Auf diese Weise steigt das Gewicht von Kriterien, die tatsächlich einen Unterschied machen“, so Franke.
Hiervon betroffen sind unter anderem die Detailkriterien „Festschreiben von Beruf und Lebensstellung bei vorübergehendem Ausscheiden aus dem Beruf“, „Verzicht auf abstrakte Verweisung bei Erstprüfungen“, „weltweiter Versicherungsschutz“ sowie „kundenfreundliche Regelungen, wenn die Anzeigepflicht schuldlos verletzt wird“. Damit Versicherer einmal erreichte Standards nicht unterlaufen oder für Kunden negative Regeln einführen, bleiben diese Kriterien jedoch weiterhin Mindeststandards, erläutern die Autoren.
Für einige Leistungen vergibt das neue BU-Rating aber auch mehr Punkte als zuvor. Das betrifft die Regeln bei Arbeitsunfähigkeit (AU-Klausel). Während viele Tarife erst nach sechsmonatiger AU zahlen, gibt es bei leistungsstarken Tarifen bereits nach drei oder vier Monaten Geld, sofern eine Prognose für sechs Monate vorliegt. Ebenfalls höher bewertet werden jetzt besonders kundenfreundliche Regelungen bei Wegfall von Krankengeld. Bestehen Krankentagegeld und BU-Vertrag beim selben Konzern, sollte zum Beispiel ein nahtloser Übergang der Leistungen gewährleistet sein, so die Experten.
So funktioniert die Methodik
Im Detail gehen 73 Leistungskriterien in die Bewertung ein, die 20 Oberpunkten zugeordnet sind. Daneben fließen in die Gesamtwertung erneut das hauseigene BU-Unternehmensrating und das BU-Stabilitätsrating aus dem „Map-Report“ mit ein. Als Quellen für das Rating werden nach laut F&B ausschließlich die Versicherungsbedingungen sowie gegebenenfalls verbindliche Verbraucherinformationen, Antragsformulare, Versicherungsscheine, Geschäftsberichte und per Stichprobe verifizierte Daten genutzt.
Die Testkandidaten werden zunächst dahingehend überprüft, in welchen Ausprägungen beziehungsweise Varianten welche Detailleistungen und Einzelregelungen angeboten werden, so F&B. Die Qualität der jeweiligen Regelungen wird in einem nächsten Schritt auf einer Skala von null für die schlechteste Ausprägung bis 100 für die beste Ausprägung eingeordnet. Danach werden die einzelnen Leistungskriterien entsprechend ihrer Bedeutung aus Kundensicht gewichtet.
Die Klassen sind den Angaben zufolge „in ihrer Bandbreite so bemessen, dass geringfügige, für die Praxis unerhebliche Punktunterschiede nicht zur Einstufung in eine andere Klasse führen. Zusätzlich werden Mindeststandards berücksichtigt“. Weitere Informationen zur Methodik der Untersuchung sind in den Bewertungsgrundlagen nachzulesen.
Das sind die bestbewerteten SBU-Tarife 2025
Für das Rating haben die Analysten 121 Tarife mit insgesamt 1.052 Tarifvariationen von 54 Anbietern untersucht. Im Vorjahr waren es 123 Offerten mit insgesamt 794 Tarifvariationen von 55 Anbietern. Die Neujustierung von Ratingkriterien zeigt sind im Gesamtergebnis. Die Topnoten erhalten nur noch knapp 35 Prozent der Offerten nach rund 57 Prozent im Vorjahr. Dahinter steigen die Anteile in allen Wertungsklassen. Auffällig: Wirklich schwache Produkte in Kombination von Qualität, Stabilität und Leistungspraxis gibt es nach Auffassung der Analysten nicht. Die beiden untersten Klassen bleiben unbesetzt.
17 von 54 Versicherern (Vorjahr: 32) platzieren mindestens einen Tarif in der Top-Gruppe. Das sind:
- Allianz
- Alte Leipziger
- Axa
- Continentale
- DBV Deutsche Beamtenversicherung
- Deutsche Ärzteversicherung
- Dialog
- Ergo Vorsorge
- Gothaer
- Hannoversche
- HDI
- LV 1871
- Münchener Verein
- Nürnberger
- Signal Iduna
- Stuttgarter
- Zurich Deutscher Herold

Die vollständige Ergebnisliste gibt es hier.
Vorsicht bei Nachversicherungsgarantien
Abseits des Ratings weist das Analysehaus auf einige aus seiner Sicht bedenkliche Entwicklungen hin. So mahnt Philipp Wedekind, Leiter Ratings Vorsorge und Nachhaltigkeit bei Franke und Bornberg vor einem zu großzügigen Umgang mit den bei jungen Kunden immer wichtiger werdenden Nachversicherungsgarantien. Viele Anbieter hätten ihre Bedingungen überarbeitet und die Grenzen für spätere Rentenerhöhungen deutlich angehoben. „Versicherer sollten mit Bedacht handeln und zusätzliche Leistungen ohne erneute Risikoprüfung nur in einem vertretbaren Rahmen gewähren.“ Andernfalls könnten Rentenhöhen entstehen, die gängige Annahmekriterien unterlaufen.
Kritik an fragwürdigen Leistungsausweitungen
Drei Versicherer verzichten laut F&B auf die konkrete Verweisung – ein Schritt, der aus Sicht der Analysten riskant ist. Zwar nutzten viele Gesellschaften die Neukalkulation bestehender Tarife zur Anpassung ihrer Bedingungen, doch ein breiter Trend zum Verzicht auf die konkrete Verweisung sei nicht zu erkennen. „Großzügige Geschenke für wenige Versicherte eignen sich nicht als Marketing-Turbo“, so Wedekind. Solche Maßnahmen könnten die Stabilität des Kollektivs gefährden – belastbare Rechengrundlagen oder Erfahrungen fehlten.
Ähnlich kritisch bewertet Franke und Bornberg den Verzicht auf die Umorganisationsprüfung bei Selbstständigen. Während eine Einschränkung auf Betriebe mit weniger als fünf oder zehn Mitarbeitern vertretbar sei, gelte ein vollständiger Verzicht ohne individuelle Prüfung als risikobehaftet. Solche Klauseln stünden auf der „Watchlist“ des Analysehauses.