Suche Event Calendar Icon EVENTKALENDER Newsletter Icon Newsletter Icon Newsletter Abonnieren
ANZEIGE
Von in Berufsunfähigkeitsversicherung (BU)Lesedauer: 10 Minuten
Sandra Fäth, Mathias Kaja, Tobias Bierl, Jörg Illing und Bastian Hebbeln (v. l.)
Die Teilnehmer des BU-Roundtable zu Gast in den Redaktionsräumen von DAS INVESTMENT: Sandra Fäth, Mathias Kaja, Tobias Bierl und Jörg Illing, gemeinsam mit Redakteur Bastian Hebbeln (v. l.). | Foto: Mark Meyer zu Heide
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Externe Inhalte anpassen

An dieser Stelle finden Sie externen Inhalt, der unseren Artikel ergänzt. Sie können sich die externen Inhalte mit einem Klick anzeigen lassen. Die eingebundene externe Seite setzt, wenn Sie den Inhalt einblenden, selbstständig Cookies, worauf wir keinen Einfluss haben.

Externen Inhalt einmal anzeigen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt und Cookies von diesen Drittplattformen gesetzt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

DAS INVESTMENT: Aktuell wird nach einem BGH-Urteil verstärkt über die Grundfähigkeitsversicherung als Alternative zur Berufsunfähigkeitsversicherung diskutiert. Hat das Konsequenzen für ihren Vertrieb und die Kundensprache?

Jörg Illing: Wir müssen da vorsichtig sein, da wir intern noch viele Dinge rechtlich prüfen. Insofern möchte ich mich da etwas bedeckt halten. Grundsätzlich ist die Grundfähigkeitsversicherung vor allem preislich eine alternative Absicherung – besonders im Handwerkerbereich oder bei körperlich tätigen Berufen. Auch bei Akademikern, gegenüber denen man argumentiert, dass eine BU einem Selbstständigen, der nur mit dem Kopf arbeitet, nichts wirklich bringt. Er würde ja immer weiter arbeiten und sicherlich deutlich höhere Bezüge generieren. Stattdessen könnte man hier dann besser eine Grundfähigkeitsversicherung empfehlen.

Wir als Hannoversche sind ja gerade erst im Januar mit der Grundfähigkeitsversicherung gestartet, die aber aktuell deutlich besser läuft als erwartet.

Sandra Fäth, @ Mark Meyer zur Heide

Sandra Fäth: Erstmal bin ich froh über die rechtliche Klarheit. In den letzten 25 Jahren wussten wir nicht, wie die Grundfähigkeitsversicherung zu behandeln ist. Jetzt ist klar: Wir müssen sie von der BU abgrenzen. Die Auffassung unserer Juristen ist: Wenn wir kein ordentliches Kündigungsrecht vereinbart haben, dann haben wir kein ordentliches Kündigungsrecht – genauso wenig wie in jedem anderen Lebensversicherungsprodukt. Allerdings gilt die Beitragsanpassungsklausel. Auf Anraten unserer Juristen prüfen wir, wo in den Bedingungen wir die GFV stärker von der BU abgrenzen müssen.

Ich hoffe, dass das Urteil keine weiteren Konsequenzen hat. Zum Beispiel: Was bedeutet das Urteil für die steuerliche Behandlung? Und: Wie reagiert der Markt auf das Urteil? Ich sehe noch nicht, dass Vermittler darauf reagieren. Aber ich habe Sorge, dass sich die Vermittler abwenden, obwohl wir mit der Grundfähigkeitsversicherung Menschen erreichen, die wir vorher nicht erreicht haben.

Die Grundfähigkeitsversicherung nur als Alternative zur BU zu positionieren, finde ich problematisch. Sie hat ihre Berechtigung dann, wenn von vornherein klar ist, dass der Kunde die BU aus irgendwelchen Gründen sowieso nicht abschließen wird, etwa weil sie ihm zu teuer ist. Wir als Stuttgarter sehen die beiden Produkte gleichwertig nebeneinander mit einem komplett anderen Beratungsansatz. Auch setzen wir in der Kommunikation nicht auf Arbeitskraftabsicherung, sondern auf Einkommensabsicherung.

Matthias Kaja, @ Mark Meyer zur Heide

Matthias Kaja: Was wir jetzt haben, ist eigentlich keine rechtliche Klarstellung, eher rechtliche Verwirrung. Innerhalb unserer Branche wird viel diskutiert. Es gibt noch viele juristische Fragestellungen, die gerade auch vom GDV geklärt werden.

Aber neben der rechtlich Regulatorik haben wir ein Regulativ über den Markt. Eine Umfrage letztens hat gezeigt, dass nahezu alle befragten Unternehmen sagen, dass sich für sie zunächst nichts Wesentliches ändert. Im Markt hat sich der Standard herausgebildet, dass es bei den Produkten in der Regel kein ordentliches Kündigungsrecht gibt. Vielleicht müssen wir das, vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion,  an der einen oder anderen Stelle noch einmal klarstellen.

Und was die Begrifflichkeit angeht: Wir haben als Versicherer ein Lösungsportfolio für existenzielle Risiken – ob das Arbeitskraftabsicherung oder Einkommensabsicherung genannt wird, das ist für uns intern wichtig, aber nicht für den Kunden. Zu diesem Produktportfolio gehört auch eine Grundfähigkeitsversicherung als integraler Bestandteil.

Wie ist die Perspektive aus Vermittlersicht, Herr Bierl?

Tobias Bierl: Das Urteil haben die Kunden und auch 99 Prozent der Vermittler nicht mitbekommen. Es wird sich in der Praxis praktisch nichts ändern. Eine Grundfähigkeitsversicherung ist natürlich keine alternative Arbeitskraftabsicherung. Es ist aber eine Alternative zur Absicherung von Risiken, genauso wie eine Pflegeversicherung oder eine Unfallversicherung.

Ich sage immer: Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler. Wenn man es richtig macht, geht man mit dem Interessenten in der Beratung am Anfang erst einmal alle Möglichkeiten durch, die der Markt bietet. Der Kunde sollte dann entscheiden, nicht wir für den Kunden. Das High-Class-Produkt mit der geringsten Haftung ist natürlich die Berufsunfähigkeitsversicherung und dieses Urteil wird daran gar nichts ändern.

Es wird immer schwieriger, sich im Markt vom Wettbewerb abzugrenzen. Viele versuchen es durch den Preis. Droht hier eine ruinöse Spirale nach unten?

Jörg Illing
Jörg Illing, © Mark Meyer zur Heide

Illing: Grundsätzlich sind alle Produkte am Markt in der Selbstständigen Berufsunfähigkeitsversicherung mittlerweile gut, gemessen an allem, worüber wir früher diskutiert haben. Natürlich sucht heute jeder Versicherer im Wettbewerb seinen USP. Es gibt auch immer wieder Ausreißer, wie der zum Beispiel der Verzicht des HDI auf die konkrete Verweisung. Das hat im Markt Wellen geschlagen.

Aber an jeder Veränderung in den Bedingungen klebt aktuariell natürlich ein Preisschild. Manche Sachen kosten nichts oder wenig, andere aber richtig viel zusätzlichen Beitrag. Das gilt es im Wettbewerb immer abzuwägen.

Wir werden uns in Zukunft vermutlich nur noch mit kleineren Schritten vorwärts bewegen. Vor allem werden wir schauen, welche Leistungen auf welche Zielgruppen besonders einzahlen. Die großen Meilenschritte in der BU sind aber aus meiner Sicht abgeschlossen. Manchmal fehlt mir persönlich ein Produkt welches wirklich nur den Worst Case absichert.

Das Thema ist heute vor allen Dingen, dass durch die diversen „Vergleicher“ ein immer größerer Preisdruck entsteht. Denn bei inhaltlich relativ gleichen Produkten entscheidet der Vermittler häufig nach dem Preis.

Kaja: Die Rechnungszinsanhebung hat den Versicherern Preissenkungen bei der BU ermöglicht. Von dem Potenzial wurde der größte Teil an den Markt weitergegeben. Im Branchenschnitt waren das sechs Prozent. Das zeigt, dass wir als Branche in der heutigen Zeit trotz Inflation stabil aufgestellt sind und auch ein Teil in die langfristige Stabilität geflossen ist. Dass das Thema trotz des Wettbewerbs ruinös ist, glaube ich nicht, weil wir als etablierte Versicherer, zumal als Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, sehr langfristig denken.

Es gibt grundsätzlich zwei Perspektiven auf das Thema Pricing zu schauen. Die eine ist, zu fragen, wo man im Marktvergleich positioniert sein möchte. Die andere ist, nach risikoadäquaten Preisen zu kalkulieren, damit Tarife langfristig sicher und stabil sind. Ich glaube, dass wir dabei eine noch viel größere Spreizung sehen werden. Das wird für manche Berufsgruppen höhere Preise bedeuten, für andere niedrigere.

Fäth: Auch wenn es erstmal so aussieht, dass wir als Stuttgarter auch an der Preisschraube gedreht haben – ich werbe gerne mit bis zu 40 Prozent bei 750 Berufen. Das ist aber nur die Spitze, denn wir haben auch Berufe verteuert. Wir haben die Rechnungszinsänderung zum Anlass genommen und geprüft, was wir in unserer Berufsliste anpassen müssen.

Wenn ich Wettbewerber sehe, die bei Akademikern 25 Prozent günstiger sind als unsere neue beste Berufsgruppe, dann bin ich ein bisschen irritiert. Unsere Aktuare haben eine stabile, risikoadäquate Kalkulation erstellt. Trotzdem spüren wir jetzt den Marktdruck, weil wir an bestimmten Stellen anti-selektiert werden.

Als Stuttgarter sind wir nicht die Billigsten, aber wir wollen die Schwaben sein, die halten, was sie versprechen. Beitragsstabilität und ein verlässliches Leistungsversprechen sind ein hohes Gut. Das ist ein extrem wichtiger Auftrag für die ganze Branche, auch für die Vermittler. Es heißt oft, der Versicherer leistet nicht. Wir sollten daher mit gutem Beispiel vorangehen und den Kunden ein positives Erlebnis geben. Das bekommen wir nicht hin, wenn wir an der Preisschraube nach unten drehen und alle Risiken reinnehmen, die irgendwann nicht mehr kalkulierbar sind.

Tobias Bierl, @ Mark Meyer zur Heide

Bierl: Ob es ruinös ist, wird sich aber erst in 15 bis 20 Jahren herausstellen. Wir versichern viele junge Menschen, zum Beispiel Studenten. Das eigentliche Risiko steigt erst mit 45, 50 Jahren deutlich an. Besonders kritisch sehe ich die aktuellen Beitragssenkungen – bei manchen Gesellschaften um 30 bis 40 Prozent für bestimmte Berufsgruppen. Wenn man sich diese Prämien anschaut, wird einem klar: schon wenn jemand nur acht Monate arbeitsunfähig ist, die Prämien kommen da nicht mehr rein. Das ist schon sehr ambitioniert kalkuliert.

Die Vermittler tragen daran allerdings eine Mitverantwortung. Wir agieren nach dem Prinzip: Alle Produkte in den Vergleich nehmen und dann das günstigste auswählen. Dadurch sind wir als Vermittler an diesem Preiskampf maßgeblich mitschuldig. Wenn ich in meinen Artikeln schreibe, was die Gesellschaften im Kundeninteresse aufnehmen sollten, treibe ich diese Entwicklung selbst mit voran. Die Versicherer reagieren auf unsere Forderungen nach immer mehr Features. Zwar sind manche dieser Leistungserweiterungen prämienneutral, aber andere erhöhen definitiv den Preisdruck.

Wir stecken in einem klassischen Dilemma: Einerseits wollen wir nicht unbedingt den absolut günstigsten Tarif, andererseits muss er im Marktvergleich attraktiv sein. Parallel dazu beobachten wir eine immer stärkere Differenzierung am Markt. Ein prägnantes Beispiel ist der Bildungsabschluss: Zwischen Bachelor und Master gibt es mittlerweile enorme Beitragsunterschiede bei einigen Versicherern – eine Entwicklung, die es früher nicht gab. Dieser Trend zu immer feineren Unterscheidungen setzt sich in der gesamten Tariflandschaft fort.

PDF nur für Sie. Weitergabe? Fragen Sie uns.
Newsletter Titelbild
Ja, ich möchte den/die oben ausgewählten Newsletter mit Informationen über die Kapitalmärkte und die Finanzbranche, insbesondere die Fonds-, Versicherungs-und Immobilienindustrie abonnieren. Hinweise zu der von der Einwilligung mitumfassten Erfolgsmessung, dem Einsatz der Versanddienstleister June Online Marketing und Mailingwork, der Protokollierung der Anmeldung, der neben der E-Mail-Adresse weiter erhobenen Daten, der Weitergabe der Daten innerhalb der Verlagsgruppe und zu Ihren Widerrufsrechten finden Sie in der Datenschutzerklärung. Diese Einwilligung können Sie jederzeit für die Zukunft widerrufen.
+
Anmelden