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Berufsunfähigkeitsversicherung Wann wird eine Lüge im BU-Antrag zum Haftungsfall für den Vermittler?

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„BGH–Urteil ist kein Freibrief“

Inwiefern haben Kunden, welche die ersten zehn Jahre nach Abschluss ihrer BU-Versicherung gesund bleiben, selbst dann noch einen Leistungsanspruch, wenn sie absichtlich und bewusst bei Antragstellung getäuscht haben?

Wie bereits immer schon: Wer mehr als zehn Jahre durchhält, dürfte sicher sein. Das gilt, folgt man der Kommentierung*, auch in Bezug auf die Zehnjahresfrist beim Rücktritt. Notwendige mehrinstanzliche Rechtsstreitigkeiten sind deshalb aber nicht ausgeschlossen. Manchmal muss man lange kämpfen.

Bisher kenne ich kein Urteil, dass eine lange Frist zwischen dem Versicherungsfall und dem Leistungsantrag sanktioniert. Dessen ungeachtet ist auch die Verjährung zu beachten. Wenn man rückwirkend Ansprüche geltend macht, wird wohl alles, was verjährt ist, nicht mehr durchsetzbar sein, es sei denn, der VR verzichtet auf die Einrede der Verjährung.

Das BGH–Urteil ist jedenfalls aber kein Freibrief dafür, dass es richtig wäre, gegenüber dem bei Antragstellung zur Täuschung gewillten VN die Gefahr des Anspruchsverlusts herunterzuspielen, wenn er sich nur nach Eintritt des Versicherungsfalls mit der Geltendmachung der Versicherungsleistung so lange geduldet, bis zehn Jahre seit Vertragsschluss herum sind. Denn diese Frage war nicht der Schwerpunkt der Entscheidung.

Der BGH hatte nur die Frage der Wirksamkeit der Anfechtung zu beantworten. Zur Anzeigezeit legte er deshalb nur dar: „Anhaltspunkte dafür, dass - wie die Revisionserwiderung lediglich andeutet - der Versicherungsfall im Streitfall unter Verstoß gegen Treu und Glauben absichtlich spät gemeldet worden wäre, um der Beklagten die rechtzeitige Geltendmachung ihrer Rechte aus Paragraf 19 Absatz 2 bis 4 VVG oder Paragraf 123 BGB zu erschweren, sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ersichtlich. Die Beklagte hat sich in den Vorinstanzen darauf auch nicht berufen….“

Dieses Zitat belegt, dass der BGH sich hierzu nicht festlegen wollte, es also auch nicht für ausgeschlossen hält, den VR dann zu schützen, wenn der VN das Vertragsverhältnis pervertiert.

In welchen Fällen sollte der Versicherungsvermittler bei der Beratung seines Kunden in Erwägung ziehen, eine bestehende Vorerkrankung bewusst nicht anzugeben?

Wenn der Vermittler solche Vorschläge macht, könnte der aufmerksame Kunde darauf achten und bestehen, dass diese Vorschläge sich im Beratungsprotokoll wiederfinden. Die Falschangabe kann dann zum Leistungsausschluss für den VN und zum Haftungsfall für den Vermittler führen. Generell bin ich dafür, solche Vorschläge überhaupt nicht machen. Der Kunde sollte zu den Gesundheitsfragen ausgiebig befragt etc. belehrt werden, wie dies üblich ist bzw. üblich sein sollte, Paragraf 19 Absatz 5 VVG.

Ich halte es aber auch für eine Beraterpflicht, über die hier angesprochenen Fristen zu informieren. Nicht, um den Antragsteller zu Falschangaben zu animieren, sondern gerade, um ihm klarzumachen, wie lange es braucht, bis die etwaig unterlassene oder Falschangabe egalisiert sein könnte. Zehn Jahre sind eine lange Zeit. Was nützt die Nichtangabe einer schon bestehenden Erkrankung und/oder eines Krankenhausaufenthalts mit Operation oder sonstiger Behandlung wenn der VN  nach drei/vier Jahren aus anderen Gründen berufsunfähig wird, der VR sodann anficht und zurücktritt, weil ihm die vorvertragliche Krankengeschichte unbekannt war? Dann gibt es nicht mal die Beiträge/Prämien zurück.

Die Möglichkeit des Wartens nach dem Versicherungsfall, bis zehn Jahre herum sind, scheint mir kaum eine Empfehlung zu sein, ganz abgesehen davon, dass sich mit Sicherheit dann ein mehrjähriger Rechtsstreit vor den Gerichten anschließt. In unserem Fall war der VN zwischenzeitlich verstorben!

Auch sollte man dem Kunden raten, vor Beantwortung der Gesundheitsfragen bei seinem Krankenversicherer eine Auskunft über die registrierten medizinischen Behandlungen in dem fraglichen Zeitraum, der den VR interessiert, einzuholen. Dann weiß er zumindest, was der VR im Versicherungsfall vorliegen hat und kommt außerdem nicht so sehr in die Gefahr, irgendetwas zu vergessen. Zudem gibt es sicherlich Alternativen zur BU-Versicherung, die dem Kunden Rentenleistungen im Falle des Ausfalls seiner Arbeitskraft als Erwerbsquelle  sichern, ohne das Gesundheitsfragen beantwortet werden müssen. Hier wäre dann das eigentliche Beratergeschick gefragt, das ich nicht in der Überredung zur Falschangabe sehe.


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