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Berufsunfähigkeitsversicherung „Weiterhin riskant, Police unter falschen Angaben abzuschließen“

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Auswirkungen auf die Praxis

Das Urteil scheint Anzeigepflichtverletzungen zu privilegieren. Diese Schlussfolgerung trügt jedoch: Es bleibt weiterhin riskant, einen Versicherungsvertrag unter falschen Angaben abzuschließen.

Sind zehn Jahre seit Vertragsabschluss vergangen, so dürfte eine Anfechtung wegen Paragraf 124 Absatz 3 BGB zwar ausgeschlossen sein.

Allerdings stehen dem Versicherer bei einer Anzeigepflichtverletzung zusätzlich die Rechte aus Paragraf 19 Absatz 2 bis 4 VVG zu. Für diese Rechte gilt die Fristenregelung in Paragraf 21 Absatz 3 VVG, die sich erheblich von Paragraf 124 BGB unterscheidet: Paragraf 21 Absatz 3 VVG sieht eine Ausschlussfrist von fünf Jahren ab Vertragsabschluss vor.

Tritt der Versicherungsfall jedoch innerhalb dieser Frist ein, so kann der Versicherer zeitlich unbefristet (so die herrschende Meinung) den Rücktritt oder die Kündigung erklären. Bei Vorsatz/Arglist verlängert sich diese Frist sogar auf zehn Jahre.

Die verschiedenen Rechte des Versicherers

Bleibt noch die Frage zu klären, warum der Versicherer überhaupt nach Paragraf 123 BGB anfechten sollte.

Zunächst ist festzuhalten, dass die Rechtsfolgen bei Anfechtung, Rücktritt und Kündigung unterschiedlich sind. Zweitens sind auch die Voraussetzungen dieser Rechte unterschiedlich: Der Rücktritt oder die Kündigung nach Paragraf 19 Absatz 2 beziehungsweise Absatz 3 Satz 2 VVG müssen innerhalb eines Monats seit Kenntnis von der Anzeigepflichtverletzung erklärt werden.

Bei einer Anfechtung nach Paragraf 123 BGB kann sich der Versicherer etwas mehr Zeit lassen. Hier gilt eine Frist von einem Jahr ab Kenntnis von der arglistigen Täuschung, vgl. Paragraf 124 Absatz 1 und 2 BGB.

Fazit

Das Urteil des BGH mag einen Anlass bieten, über Versicherungsverträge ohne Gesundheitsprüfung nachzudenken, um der Fristenproblematik zu entgehen. Kehrseite wären jedoch entsprechend lange Wartezeiten und höhere Prämien wegen unbekannter Morbiditätsrisiken. Zudem besteht die Gefahr einer adversen Selektion.

Der Verwaltungsaufwand zur Aufdeckung einer Anzeigepflichtverletzung ist hoch, das Risiko eines Rechtsstreits ebenso. Versicherungsverträge, die unter Verletzung der Anzeigepflicht abgeschlossen wurden, können sich etliche Jahre oder sogar Jahrzehnte in einem rechtlichen Schwebezustand befinden.

Zwar ist eine Anfechtung nach zehn Jahren ausgeschlossen, allerdings können Rücktritt und Kündigung unbefristet geltend gemacht werden, wenn der Versicherungsfall innerhalb von fünf beziehungsweise zehn Jahren (bei Vorsatz/Arglist) nach Vertragsabschluss eingetreten ist.

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