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Wie die US-Regierung das Vertrauen der Anleger verspielt

Die aktuelle Nachrichtenlage ist so schnelllebig, dass an den Märkten nach der Ankündigung einer 90-tägigen Zollpause aktuell Entspannung angesagt ist. Eine echte Lösung ist das noch nicht und Investoren werden zu Recht misstrauisch bleiben, denn viel Vertrauen wurde unnötigerweise von der US-Regierung verspielt.
Investorenvertrauen ist die Grundlage der hohen Bewertungen und des relativen Bewertungsaufschlages des US-Aktienmarktes. Von diesem Vertrauen in den hohen Grad an wirtschaftlicher Freiheit und in ihr klares Rechtssystem haben die US-Märkte in den vergangenen Jahrzenten profitiert. Hinzu kamen noch sukzessiv steigende Margen der US-Konzerne, die neben fallenden Zinsen auch auf eine weltweit stärkere wirtschaftliche Integration zurückzuführen sind.
Der extreme Schritt von Donald Trump, gegen fast alle Handelspartner prohibitiv hohe Zölle anzukündigen und dabei weder zwischen Freund noch Feind zu unterscheiden, hat die genannten Grundlagen fundamental erschüttert. Man liest immer noch hoffnungsvolle Äußerungen, dass es sich dabei um eine zwar extreme, aber dennoch für Donald Trump typische Verhandlungsstrategie handeln könnte. Das mag letztendlich sogar stimmen, doch genau darin liegt das Problem, denn der Vertrauensschaden ist durch die zu extreme und nicht rational nachvollziehbare Positionierung beim „Liberation Day“ bereits eingetreten. Die nächsten 3,5 Jahre der Präsidentschaft von Donald Trump werden von der Angst geprägt sein, dass es zu weiteren ähnlich erratischen und extremen Entscheidungen kommen könnte, und das ist Gift für Investitionen aller Art.
Politische Kehrtwenden sind Gift für Investments
Unternehmen werden nur dann Fabriken in die USA verlagern, wenn sie davon ausgehen, dass die hohen Zölle für eine lange Zeit in Kraft bleiben werden und sich die damit verbunden Investitionen lohnen. Eine politische Kehrtwende ist für die von Trump gewünschten Investments also Gift. Kommt sie aber in den kommenden Wochen aufgrund von Marktturbulenzen dennoch, dann werden sich Unternehmen erst recht mit Investitionen in den USA zurückhalten, denn warum sollten sie unnötigerweise an einem Hochkostenstandort mit angespannter Arbeitsmarktlage investieren.
Eine ähnliche Argumentation greift aus meiner Sicht mit Blick auf den US-Aktienmarkt. Die im weltweiten Vergleich hohen Bewertungen verdienen vor dem Hintergrund einer wirtschaftlich irrational und erratisch agierenden US-Regierung möglicherweise einen Bewertungsabschlag. Die Premiumbewertung wird sich vermutlich erst über Jahre und eine Vielzahl von vertrauensbildenden Maßnahmen zurückgewinnen lassen können. Investoren sollten das bei ihren Entscheidungen berücksichtigen und gegebenenfalls eher auf Investments in Unternehmen setzen, die regionale Stärken haben und in einem Umfeld fortgesetzter Zollkonflikte fundamental nicht so stark betroffen sind.
Was also tun? Investoren sollten in den kommenden Wochen sehr stark auf die Rhetorik von Donald Trump achten. Diese muss milder ausfallen. Gleichzeitig werden Unterhändler ihre Arbeit aufnehmen und im Verlauf von Wochen Verhandlungserfolge durchklingen lassen. Zwischenzeitliche Rückschläge an den Aktienmärkten bieten dann taktische Kaufgelegenheiten. Auch wenn ein langfristiger Vertrauensschaden bleiben wird, kurzfristig werden alle bemüht sein, ein vernünftiges Maß an Zutrauen wiederherzustellen.
Über den Autor:
Conrad Lauterbach ist Vorstand von Allington Investors in Bad Homburg.