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Allianz zieht vor BGH gegen Riester-Rentenfaktor-Urteil

Die Allianz Lebensversicherung hat nun gegen das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart Revision eingelegt. Der Versicherer will die Rechtmäßigkeit seiner Klausel zur Absenkung des Rentenfaktors bei Riester-Rentenverträgen vom Bundesgerichtshof (BGH) prüfen lassen. Dies bestätigte eine Unternehmenssprecherin gegenüber DAS INVESTMENT.
Das OLG Stuttgart hatte vor einigen Wochen eine Klausel der Allianz für unwirksam erklärt, die bei sinkenden Renditen eine Rentenkürzung erlaubte, aber keine entsprechende Erhöhung bei verbesserten Verhältnissen vorsah. Das Gericht gab damit der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg Recht, die gegen diese Klausel geklagt hatte. „Allianz Leben hat die Entscheidungsgründe des OLG Stuttgart sorgfältig geprüft und beim Bundesgerichtshof das Rechtsmittel der Revision eingelegt“, heißt es vom Versicherer.
Der Sachverhalt
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hatte gegen eine Bestimmung in den fondsgebundenen Riester-Rentenverträgen der Allianz geklagt. Diese Klausel ermöglichte es dem Versicherer, den Rentenfaktor bei nicht vorhersehbarer und nachhaltiger Absenkung der Kapitalanlagerendite zu verringern. Der Rentenfaktor bestimmt, welche monatliche Rentenzahlung der Kunde pro 10.000 Euro angespartem Kapital erhält.
Im konkreten Fall wurde bei Vertragsabschluss im Jahr 2006 ein Rechnungszins von 2,75 Prozent zugrunde gelegt, was einer Rente von 38,74 Euro pro 10.000 Euro Policenwert entsprochen hätte. In zwei Schritten reduzierte die Allianz den Rentenfaktor später auf 30,84 Euro, wobei ein Rechnungszins von 1,25 Prozent angesetzt wurde.
Die gerichtliche Auseinandersetzung
Nachdem das Landgericht die Klage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg mit Urteil vom 10.07.2023 noch abgewiesen hatte (Aktenzeichen: 53 O 214/22), legten die Verbraucherschützer Berufung ein. Der 2. Zivilsenat des OLG Stuttgart gab der Klage der Verbraucherzentrale dann statt (Aktenzeichen 2 U 143/23). Das Gericht untersagte der Allianz die weitere Verwendung der Klausel sowie inhaltsgleicher Regelungen aufgrund einer unangemessenen Benachteiligung der Verbraucher gemäß Paragraf 307 Absatz 1 BGB.
Die Argumentation des OLG
Das OLG stützte seine Entscheidung auf zwei wesentliche Aspekte: Zum einen berücksichtige die Klausel ausschließlich das Interesse des Versicherers an einer Rentensenkung, ohne eine Verpflichtung zur Wiederanhebung bei verbesserten Verhältnissen festzulegen.
Die später in Anschreiben freiwillig gegebene Zusage zur Rentenerhöhung bei besseren Rechnungsgrundlagen zum Rentenbeginn reiche nicht aus, betonten die Richter. Eine solche Verpflichtung müsse bereits in den ursprünglichen Versicherungsbedingungen verankert sein.
Zum anderen bemängelten die Richter das Fehlen angemessener Reaktionsmöglichkeiten für die Versicherungsnehmer. Das bestehende Recht auf jährliche Zuzahlungen oder Beitragserhöhungen sei keine ausreichende Option, da diese Zahlungen in der Höhe begrenzt seien und nach Erreichen des steuerlich absetzbaren Höchstbetrags von 2.100 Euro pro Jahr nicht mehr möglich seien.
Dies ist nicht das erste Urteil, das der Allianz das Absenken des Rentenfaktors untersagt. So befand im Juli vergangenen Jahres das Amtsgericht Reinbek, dass die Allianz die Kunden „unangemessen benachteiligt", wenn sie den Rentenfaktor ihrer Fondspolicen mit sinkenden Höchstrechnungszinsen absenkt. Auch diese Klausel regelte nur die Herabsenkung des Rentenfaktors, nicht aber die Erhöhung. Gegen dieses Urteil hatte die Allianz ebenfalls Berufung eingelegt.
So verteidigt die Allianz ihre Regelung
Die Allianz bekräftigt ihre Position erneut. „Kunden mit entsprechenden Verträgen werden auch bei Rechtskraft des OLG-Urteils gegenüber heute nicht schlechter gestellt werden", betont eine Sprecherin des Versicherers. Die Allianz Leben habe bei sämtlichen Produktgestaltungen die rechtlichen Rahmenbedingungen „sehr sorgfältig geprüft“, so die Sprecherin weiter.
Die strittige Rentenfaktorsenkung stelle eine ausgewogene Regelung dar, die auch die Interessen der Versicherten berücksichtige. Auch die Behauptung, dass die Klausel lediglich die Senkung der künftigen Rente regle, trifft nach Ansicht der Allianz nicht zu: „Unter bestimmten Voraussetzungen ist nach einer Anpassung des Rentenfaktors auch eine Wiederanhebung des Rentenfaktors möglich."
Der Versicherer betont zudem, dass die Absenkung des Rentenfaktors von einem unabhängigen, aktuariellen Treuhänder geprüft und für „erforderlich und angemessen" befunden worden sei.
Der Rentenfaktor beeinflusse nur einen Teil der zukünftigen Rentenleistung, der zu Rentenbeginn berechnet wird und ab dann garantiert ist, argumentiert die Allianz-Sprecherin. Entscheidend bei einer Rentenzahlung sei jedoch die Gesamtrente. Diese bestehe aus der ab Rentenbeginn garantierten Rente und einem zusätzlichen Betrag aus der Überschussbeteiligung. Die Überschussbeteiligung werde von der Anpassung des Rentenfaktors nicht beeinflusst.
„Grundsätzlich gilt: Eine Anpassung des Rentenfaktors zur Berechnung der Rente greift nicht in Garantiezusagen von Allianz Leben ein. Allianz Leben steht zu allen vertraglichen Zusagen und Garantien", bekräftigt das Unternehmen.
Mit der Revision zum BGH wird nun die höchste Instanz in Deutschland über die Rechtmäßigkeit der Klausel entscheiden. Experten rechnen mit einem grundsätzlichen Urteil, das weitreichende Folgen für die gesamte Versicherungsbranche haben könnte.