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BGH-Urteil zu unrechtmäßigen Gebühren „Die Bank gewinnt immer, sagt man im Casino“

Eine Filiale der Deutschen Bank: Wegen unrechtmäßiger Kontogebühren laufen aktuell 26 Klagen gegen das Geldhaus.
Eine Filiale der Deutschen Bank: Wegen unrechtmäßiger Kontogebühren laufen aktuell 26 Klagen gegen das Geldhaus. | Foto: Imago Images / Jan Huebner

Der erste Schock traf die Bankenbranche 2014 völlig unvorbereitet, als der Vorsitzende Richter des XI. Senats des Bundesgerichtshofs (BGH) wenige Tage vor seiner Pensionierung kurzerhand alle Bearbeitungsentgelte von Banken und Sparkassen für unzulässig befand. Diese hatten immer dann ordentlich zugelangt, wenn große Geldmengen aus- oder zurückgezahlt wurden, zum Beispiel, wenn sie einen Kredit für ein Einfamilienhaus oder den neuen Passat bewilligten.

Infolge des Urteils wanderten innerhalb kürzester Zeit Milliarden Euro zurück an Verbraucher. Auch Unternehmer kamen in den Genuss erheblicher Rückerstattungen, die die Banken – ähnlich wie Zollbehörden – von Firmenkrediten und Kontokorrentlinien „für die Kreditbearbeitung“ einbehalten hatten. Es gab damals nur ein kurzes Zeitfenster von wenigen Monaten. Danach sollte alles verjährt sein. Hunderttausende von Anwaltsschreiben flatterten quer durch das Land. Die Banken waren schlicht logistisch überfordert. Aus Angst vor einer Klageflut zahlten sie.

 

 

 

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Der nächste Schock ereilte die Branche im April 2021. Banken und Sparkassen hatten das Gesetz über viele Jahre offenbar falsch verstanden und in ihrem Kleingedruckten immer mehr kleine Beträge für allerlei Kontoleistungen erdacht. Die Beträge summierten sich über die Jahre auf ein paar Hundert Euro pro Kunde. Ihren Erfindergeist stützten die Kreditinstitute auf eine im Jahr 2009 ins Gesetz eingefügte Passage, nach der die Zustimmung zu einer Änderung des Kontovertrags als erteilt gilt, wenn der Kunde seine Ablehnung nicht explizit erklärte.

Der BGH kippte diese Praxis in seiner Entscheidung vom 27. April 2021 (Aktenzeichen: XI ZR 26/20). Die Bafin schätzte die unrechtmäßig abgebuchten Beträge in Summe auf rund 3 Milliarden Euro – die Hälfte des Jahresgewinns der Girobranche. Die Suche nach der Nadel im Heuhaufen begann. Verbraucherschutzverbände stellten Musterschreiben zur Verfügung. Legal-Tech-Start-ups bauten automatisierte Prozesse und warben um Bankkunden.

Diesmal holte die Bankenlandschaft kurzerhand zum Gegenschlag aus. Sie stellte die Geschäftsbeziehung zum Kunden zur Disposition. Wenn der BGH urteile, dass Schweigen keine Zustimmung sei, dann besorge man sich diese eben. Nachträglich und gleich auch für künftige Gebühren. Wer nicht zustimme, wurde nachdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Girovertrag auch kündbar sei. Kurz und schmerzlos. Gezahlt wird nichts. Und so berichtete die Presse schon einige Wochen nach dem Urteil nicht mehr darüber, welche Bank wie schnell wie viel zurückzahlte, sondern darüber, ob Banken einfach im großen Stil Girokonten kündigen dürfen.

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