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BGH-Urteil zu unrechtmäßigen Gebühren „Die Bank gewinnt immer, sagt man im Casino“

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Auch wenn 100 oder 200 Euro mehr nicht schlecht sind, macht ein gekündigter Girovertrag Ärger und Aufwand. Man muss zu einer neuen Bank wechseln, die auch schon mit einer neuen Preisliste wartet. Man muss Arbeitgeber, Vermieter, Finanzamt, Strom- und Gasversorger eine neue Kontonummer mitteilen. Und weiß man, wer was der Schufa meldet?

Die Bank gewinnt immer, sagt man im Casino. Und so ist es auch hier. Ein antiquiertes Zivilprozessrecht, ein unbrauchbares Musterfeststellungsklagengesetz und eine überlastete Justiz machen es möglich. Die grundsätzliche Aussage des BGHs gilt zwar für nahezu alle Banken- und Sparkassen-AGB, das BGH-Urteil jedoch nur für einen einzigen Fall. Und so muss jeder Kunde selbst die Justiz bemühen. Die Kreditinstitute können sich auf eine von immer wieder den gleichen Klagen genervte Justiz verlassen. Der Abgasskandal sowie der Widerruf von Krediten und Lebensversicherungen haben die Gerichte müde gemacht.

Diesmal sind es die Amtsgerichte, deren Aufgabe es ist, über Streitigkeiten unter 5.000 Euro zu entscheiden. Teilt man 3 Milliarden Euro durch 150 Euro, so ergeben sich theoretisch 20 Millionen Prozesse. Die Anwaltszunft hat kein Interesse an Fällen, in denen es um 150 Euro geht. Es scheint die Stunde der Startups zu sein, mit automatisierten Prozessen, wie sie Banken verwenden. Doch die Startups drohen zu scheitern. Vor allem am antiquierten Zivilrecht, das zu Abtretungen in Papierform zwingt. Wenn außergerichtlich nichts läuft, sind wieder Anwälte gefragt.

Auch wenn die Rechtslage sonnenklar ist, gehen die Banken in nahezu jedem Fall vor ein Amtsgericht. Die Richter sind mit der Spezialmaterie hart gefordert. Sind die Bankkunden in der Pflicht, die Kontoauszüge der letzten zehn Jahre dem Amtsrichter vorzulegen oder muss die Bank Auskunft über den Erstattungsbetrag geben? Reicht der Anspruch drei Jahre zurück oder ist er zeitlich unbegrenzt, wie es der Europäische Gerichtshof unlängst angedeutet hat? Darf das Konto gekündigt werden oder nicht?

 

 

 

Dabei war der Beginn der fairen Partnerschaft zwischen Bank und Kunden so schön. Girokonten ohne Kontoführungsgebühren und mit Wechselprämien waren Anfang des Jahrtausends Standard in Deutschland. Eine Zeit intakter Beziehungen.

Vielleicht gelingt es immer mehr Bankvorständen, auf Dialog zu setzen, mit den wenigen Kunden, die bislang Ihre Ansprüche geltend machen, einen fairen Deal zu finden und ihre Frankfurter Bankenanwälte zurückzupfeifen. Es könnte ein Gewinn für alle sein.

Über den Autor:

Timo Gansel ist Fachanwalt für Bankrecht und Vorstand der Gansel Rechtsanwälte Rechtsanwaltsaktiengesellschaft.

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