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In Artenvielfalt investieren Welche Wirtschaftssektoren von Biodiversitätsrisiken besonders betroffen sind

Hunderte junge Meeresschildkröten werden auf der indonesischen Insel Bangka Belitung ausgesetzt
Hunderte junge Meeresschildkröten werden auf der indonesischen Insel Bangka Belitung ausgesetzt: Die patenten Paddler fressen Quallen und Schwämme und spielen bei der Erhaltung des Ökosystems der Ozeane eine wichtige Rolle. ((NurPhoto / 0164192689)) | Foto: Imago Images / NurPhoto

Die Biodiversität unseres Planeten – die Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten – kollabiert geradezu. Sie geht zehn bis hundert Mal schneller zurück als im Durchschnitt der letzten 10 Millionen Jahre. Und der Rückgang beschleunigt sich. Dabei sind Flora und Fauna essentiell: Die Natur versorgt uns mit sauberem Wasser, sauerstoffreicher Luft und gesunder Nahrung.

Derzeit entnehmen wir unserem Planeten 56 Prozent mehr, als er regenerieren kann. Doch ein Großteil dieser Ressourcen wird für den Überkonsum verschwendet. Dem Global Risks Report 2022 des Weltwirtschaftsforums zufolge zählt der Verlust der biologischen Vielfalt zu den drei größten Risiken der nächsten 10 Jahre. Die UN-Plattform für Biodiversität und Ökosystem-Dienstleistungen, IPBES, ist der Auffassung, dass der Verlust an Natur ein sogenanntes „Fat Tail Risk“ ist: Das Risiko ist mit einer linearen Weltsicht nicht vorherzusehen, hat aber enorme Auswirkungen, wenn es eintritt.

Das exponentielle Bevölkerungswachstum verkompliziert die Lage

Inzwischen steht weltweit außer Zweifel, dass die Eindämmung des Klimawandels höchste Priorität hat. Das Erreichen von CO2-Neutralität sichert die Lebensgrundlagen für nachfolgende Generationen. Es ist zwar unmöglich, die Artenvielfalt zu retten, ohne den Klimawandel anzugehen, doch das wird nicht ausreichen. Um die biologische Vielfalt wiederherzustellen, bedarf es noch viel mehr: Hierzu ist ein neuer, wirksamer Rahmen nötig, der andere maßgebliche Ursachen der Umweltzerstörung beseitigt: Umweltverschmutzung, Entwaldung und der Verlust an Biodiversität an Land und im Meer.

 

Das Ausmaß der Herausforderungen ist immens – die direkten Folgen menschlicher Aktivitäten haben Krankheiten, Naturkatastrophen, Hunger und Dürre als Hauptursachen für das Artensterben verdrängt. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, werden die Auswirkungen des menschlichen Konsums durch das exponentielle Bevölkerungswachstum, den Aufstieg von immer mehr Menschen in die Mittelschicht mit entsprechenden Wohlstandsbestrebungen und den verschwenderischen Umgang mit natürlichen Ressourcen noch verstärkt.

Die Kosten des Nichtstuns sind horrend

Mehr als die Hälfte des globalen BIP – rund 44 Billionen US-Dollar – ist in hohem Maße von der Natur abhängig. Die drei größten Sektoren, die hochgradig von der Natur abhängig sind, erwirtschaften zusammen eine Bruttowertschöpfung von fast 8 Billionen US-Dollar: Das Baugewerbe (4 Billionen US-Dollar), die Landwirtschaft (2,5 Billionen US-Dollar) und der Sektor Nahrungsmittel und Getränke (1,4 Billionen US-Dollar). Dies entspricht etwa dem Doppelten der deutschen Wirtschaftsleistung.

Auch Finanzinstitute sind von Biodiversitätsrisiken erheblich stärker betroffen als bisher angenommen. Ein aktueller Beleg dafür ist die Studie „Indebted to nature“, die von der niederländischen Zentralbank und Finanzaufsichtsbehörde De Nederlandsche Bank (DNB) im Juni 2020 veröffentlicht wurde. Dem Bericht zufolge sind allein die niederländischen Finanzinstitute Risiken in Höhe von 510 Milliarden Euro im Zusammenhang mit Biodiversitätsverlusten ausgesetzt, die 36 Prozent aller Vermögenswerte der in dem Bericht erfassten niederländischen Banken, Pensionsfonds und Versicherer betreffen. Laut einer im Jahr 2020 veröffentlichten Studie des WWF unter dem Titel „The Global Futures“ wird der Rückgang der natürlichen Ressourcen die Welt jährlich mindestens 368 Milliarden Britische Pfund kosten. Bis zum Jahr 2050 werden sich die Kosten auf fast 8 Billionen Britische Pfund summieren. Zum Vergleich: Die Zahl entspricht in etwa der gemeinsamen Wirtschaftsleistung von Großbritannien, Frankreich, Indien und Brasilien.

Da die Weltbevölkerung den Ökosystemen bei der derzeitigen Verbrauchsrate etwa das 1,6-Fache dessen entnimmt, was sie in einem Jahr regenerieren können, wird es nicht mehr lange dauern, bis die Dezimierung der Ressourcen durch den Menschen zum Zusammenbruch ganzer Branchen führt. Einige Kipppunkte für Ökosysteme sind bereits erreicht, wie etwa die Verfügbarkeit von unbelastetem Süßwasser. Sobald ein Kipppunkt erreicht ist, steht zu erwarten, dass ein großes Ökosystem innerhalb von 50 Jahren allmählich zusammenbricht.

Chancen und Investmentstrategien

Für Unternehmen kann eine führende Rolle in puncto Biodiversität wichtige wirtschaftliche Vorteile haben:

  • Erschließung profitabler neuer Märkte durch die Entwicklung wertvoller neuer Produkte und Dienstleistungen und die Weiterentwicklung ihrer Geschäftsmodelle.
  • Verbesserung ihres Wertversprechens und ihrer Marke – da sie als Unternehmen gesehen werden, die das Richtige für den Planeten tun.
  • Besserer Zugang zu Kapital und potenzielle betriebliche Synergien, unter anderem durch geringere Rohstoff- und Energiekosten.

Für eine solche Transformation des Unternehmens sind natürlich Finanzmittel erforderlich – doch wie viel wird benötigt und woher soll das Geld kommen?

Die Finanzierungsziele für die Biodiversität wurden bisher deutlich verfehlt. Bis 2020 sollte die Welt die sogenannten Aichi-Biodiversitätsziele erreichen. Diese Ziele wurden im Jahr 2010 im Rahmen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD) festgelegt, das von 194 Ländern unterzeichnet wurde. Ihr Ziel war der Schutz und die Erhaltung der biologischen Vielfalt. Auf der Basis von Zahlen aus dem Jahr 2010 wurde berechnet, dass weltweit 51 bis 53 Milliarden US-Dollar pro Jahr für die Finanzierung von Biodiversitäts- und Ökosystemleistungen ausgegeben wurden – im Vergleich zum Ziel des CBD von 150 bis 440 Milliarden US-Dollar pro Jahr, mit dem die Aichi-Biodiversitätsziele erreicht worden wären. Die Aichi-Biodiversitätsziele scheiterten auch daran, dass sie schwer zu messen waren. Die Vertragsparteien des UN-Übereinkommens über die biologische Vielfalt werden im Dezember 2022 zusammenkommen, um den globalen Biodiversitätsrahmen nach 2020 festzulegen. Ihr Hauptziel ist die Vereinbarung neuer globaler Ziele, die messbar, wissenschaftlich untermauert und mit eindeutigen Ergebnissen verbunden sind.

Der Fokus dieser von Regierungen ausgehenden Biodiversitätsinitiative ist der Schutz von
30 Prozent der Böden, Flüsse, Seen und Feuchtgebiete auf der Welt bis zum Jahr 2030. Diese Initiative wird mit Investmentmöglichkeiten in grüne Staatsanleihen verbunden sein, wie beim jüngsten Beispiel der Staatsanleihe von Belize. Ein weiterer, höchst interessanter Bereich sind Biodiversitätsanleihen: Mindestens ein Dutzend neuer Initiativen sind bereits angelaufen oder werden gerade gestartet. Eines der wichtigsten Ziele ist die Einführung von Lieferketten ohne Abholzung und Änderung der Flächennutzung.

Die Staaten sind in der Pflicht

Allerdings ist dies auch ein sehr riskantes Gebiet für Investoren. Ohne sinnvolle staatliche Unterstützung ist die Entwicklung einer naturbewussten Wirtschaft in dieser Phase nicht möglich. Zugleich müssen finanzielle Anreize geschaffen werden, um die Schädigung der biologischen Vielfalt zu stoppen. Andererseits kommt im Hinblick auf die wichtige Konferenz im Dezember 2022 bereits eine gewisse Dynamik in Gang. So forderte beispielsweise die Internationale Union zur Erhaltung der Natur (IUCN), in der sowohl staatliche als auch zivilgesellschaftliche Organisationen vertreten sind, die Regierungen auf, jedes Jahr zusätzliche Investitionen in die Natur zu gewährleisten, um den Erfolg des neuen Biodiversitätsrahmen sicherzustellen. Die Erhöhung sollte zwischen 0,7 und 1 Prozent des jährlichen globalen BIP betragen. Die IUCN betonte außerdem, dass die staatlichen Konjunkturprogramme der Natur keinen zusätzlichen Schaden zufügen dürfen und mindestens 10 Prozent der Gesamtinvestitionen für den Wiederaufbau in den Schutz und die Wiederherstellung der Natur fließen sollten.

Mehr dazu in der neuen Candriam-Broschüre zur Biodiversität.

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