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Aktualisiert am 08.09.2022 - 16:55 Uhrin Stolls FondseckeLesedauer: 8 Minuten

Stolls Fondstrends Biotechnologie erwacht zu neuem Leben

Biontech-Zentrale in Mainz
Biontech-Zentrale in Mainz: Durch die Covid-19-Impfung kann die Mainzer Biotechnologiefirma auf Millardeneinnahmen bauen. Zudem hat das Unternehmen im Onkologiebereich noch einiges in der Pipeline. | Foto: Imago Images / Laci Perenyi

Wer heute von Biotechnologie spricht, denkt in den meisten Fällen an Gesundheit, Pillen und Medizin. Die Anwendungsgebiete sind jedoch vielfältig. So haben wir der Biotechnologie Lebensmittel wie Brot, Bier oder Käse zu verdanken, die durch Mikroorganismen wie Bakterien oder Pilze in die vom Menschen gewünschte Form gebracht wurden. Die moderne Biotechnologie geht auf die Entschlüsselung des Erbgutes, der DNA, durch die Wissenschaftler James Watson und Francis Crick im Jahr 1953 zurück. Ihre Entdeckung war die Grundlage für die weitere Genforschung.

Die medizinische Biotechnologie umfasst jene Bereiche, die sich mit therapeutischen oder diagnostischen Verfahren befassen. Ob Therapien gegen Krebs, Nervenleiden oder genetische Erkrankungen: Rund zwei Drittel aller zugelassenen Medikamente stammen aus den Laboren von Biotechnologiefirmen. Die Forschung hat es möglich gemacht, zahlreiche Krankheiten, die als unheilbar galten, erfolgreich zu behandeln. Spätestens die Corona-Pandemie hat verdeutlicht, welchen enormen Stellenwert der Biotech- und Pharmasektor in unserer Gesellschaft hat. Bei der Suche nach Impfstoffen und Therapien gegen das Coronavirus ist die Biotechnologie zum entscheidenden Gamechanger geworden. Forschungsausgaben zur Entwicklung von komplexen Wirkstoffen und Therapien sind seitdem deutlich angestiegen.

Wachstumsdynamik und Schwankungen

Der Impfstoff Comirnaty von Biontech und Pfizer wurde im Jahr 2020 im Eiltempo entwickelt. Ende Dezember 2020 hat die Europäische Kommission den Impfstoff für die Europäische Union als ersten mRNA-Impfstoff zugelassen. Dem Mainzer Unternehmen spülte das im Jahr 2021 einen Nettogewinn in Höhe von 10,3 Milliarden Euro in die Kasse. Im Jahr zuvor hatte das Plus noch bei überschaubaren 15,2 Millionen Euro gelegen. Auch im laufenden Jahr winken dem Unternehmen hohe Einnahmen. Im ersten Quartal konnte Biontech den Umsatz im Vergleich zum Vorjahr auf 6,4 Milliarden Euro mehr als verdreifachen.

Die Mainzer Biotechnologiefirma ist ein prominentes Beispiel für die Wachstumsdynamik im Biotech-Sektor. Aufgrund der guten Zahlen schoss der Aktienkurs von Biontech im Jahr 2021 um 300 Prozent nach oben. Gleichzeitig sind die Schwankungen enorm. So sorgte die miese Stimmung bei Technologiewerten dafür, das sich der Kurs der Aktie seit November um rund 50 Prozent halbierte. Seitdem steht der gesamte Sektor unter Druck. Das Ende des billigen Geldes trifft Technologiekonzerne hart. Biotechnologieaktien sind davon nicht ausgeschlossen. Nach der harten Korrektur werden so viele Unternehmen wie selten mit einem Abschlag unterhalb ihrer verfügbaren finanziellen Mittel (Barwert) gehandelt. Dabei ist die Branche fundamental so gut aufgestellt wie lange nicht. Die Nachrichtenlage im Sektor ist positiv. Es herrscht eine große Aufbruchstimmung.

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So präsentierte beispielsweise AstraZeneca auf der weltweit größten Krebskonferenz ASCO eine bahnbrechende Studie zum Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Enhertu mit hervorragender Wirkung bei bisher schwer zu behandelnden Brustkrebs-Patienten. Vielversprechend ist auch der Ansatz von Denali Therapeutics aus Kalifornien. Die Firma entwickelt Medikamente für Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson oder die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS). Die Technologie von Denali, welche die Blut-Hirnschranke überwinden soll, könnte Wirkstoffe, bei den bisher als unheilbar geltenden Krankheiten, genau dort hinbringen, wo sie benötigt werden.

 

Dazu kommt: Die Treiber, die den Sektor seit Jahren stimulieren bestehen nach wie vor. Jeder will richtig alt werden, aber niemand will wirklich alt sein. Die demografischen Umwälzungen beflügeln die Branche zusätzlich. Denn die unter Bluthochdruck und Gelenkkrankheiten, Herzerkrankungen und Diabetes leidende Bevölkerung will umfassend versorgt werden. Für die nächsten Jahre erwarten Experten deshalb ein Umsatz- und Gewinnwachstum im hohen einstelligen Bereich. Der Anteil von Biotechnologie innerhalb des gesamten Gesundheits-Sektors soll bis zum Ende des Jahrzehnts auf rund 40 Prozent steigen. Vor 15 Jahren lag dieser Wert bei lediglich 14 Prozent.

Die tiefen Bewertungen sorgen seit einigen Wochen dafür, dass sich trotz Krieg, Inflation und Rezessionssorgen die Aktien von Biotechnologiefirmen erfolgreich gegen den Markttrend stemmen. Die Chancen stehen gut, dass die Biotech-Branche ihre Aufholjagd aufgrund der niedrigen Bewertungen auch zukünftig fortsetzt. „Im Gesundheitssektor sind die Bewertungen nach wie vor sehr attraktiv und liegen deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt. Einzelne Teilbranchen scheinen besonders interessant, so beträgt in der Biotechnologie-Branche der KGV-Abschlag für das laufende Jahr gegenüber dem breiten Aktienmarkt 51 Prozent“, argumentiert Erin Xie, Managerin im Health Sciences-Team bei Blackrock.

Wer am Wachstum der Branche teilhaben möchte, braucht ziemlich starke Nerven oder wirkungsvolle Beruhigungspillen. Den grundsätzlich hohen Wachstumschancen stehen nicht zu unterschätzende Rückschlagsgefahren gegenüber. Erfolg oder Misserfolg der kostenintensiven Forschung spiegeln sich sofort im Aktienkurs wider. Eine breite Streuung ist in diesem Sektor deshalb besonders wichtig.

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