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„Bis eine Frau ‚Ich‘ schreit, haben sich schon drei Männer gemeldet“

Alexandra Kallmeier
Alexandra Kallmeier
DAS INVESTMENT.com: „Frauen im Versicherungsvertrieb - was sagen die Kunden dazu?“ - das war der Titel eines der Vorträge, die auf der DKM 2013 im Rahmen des Kongresses „Triple F: Frauen.Finanzen.Führung.“ gehalten wurden. Ist das nicht diskriminierend? Schließlich setzt sich die Bevölkerung zu jeweils rund 50 Prozent aus Männern und Frauen zusammen. Da sollten doch auch in der Versicherungsbranche beide Geschlechter selbstverständlich sein.

Alexandra Kallmeier: Das stimmt. In der Realität sind wir aber weit davon entfernt. Der Versicherungsvertrieb ist nach wie vor männerdominiert. Schuld daran sind aber sehr viele Faktoren. So hat die Branche in der Bevölkerung nach wie vor mit einem negativen Image zu kämpfen. Hinzu kommen die allgemeinen Probleme im Vertrieb. Ich denke schon dass Frauen generell eher Schwierigkeiten mit „Ablehnung“ - egal ob bei Kunden, Kollegen oder im allgemeinen sozialen Umfeld haben als Männer. Viele Frauen haben darüber hinaus die Befürchtung, in einem männerdominierten Beruf schlechtere Aufstiegschancen zu haben als in einem Job, in dem das Geschlechterverhältnis einigermaßen ausgewogen ist.
Live aus Dortmund: Die DKM 2013 in Bildern


DAS INVESTMENT.com:
Anscheinend zu Recht. Denn schaut man auf die Chefetagen der größten Finanz- und Versicherungsgesellschaften, finden sich dort kaum weibliche Manager.

Kallmeier: Das liegt aber nicht nur an den Gesellschaften. Auch Frauen selbst sind jetzt gefragt.

DAS INVESTMENT.com: Inwiefern?

Kallmeier: Frauen fühlen sich oft für alles verantwortlich, insbesondere in der Familie beziehungsweise in ihrer Mutterrolle. Daher trifft sie die Doppelbelastung von Beruf und Familie besonders schwer. Denn allen Absprachen und Gleichberechtigungsparolen zum Trotz sind es meist Frauen, die die liegen gebliebenen Hausarbeiten erledigen und ihre beruflichen Termine für die Familie zurückstellen - selbst wenn sie beruflich genauso viel leisten wie ihre Partner. Selbst wenn der Partner hier vieles „mitmacht“ bleibt häufig das schlechte Gewissen die Familie zu vernachlässigen. Selbst in der Karriereplanung oder der Zusage zu größeren Projekten wägen Frauen oft zu intensiv ab oder denken zu viel nach.

DAS INVESTMENT.com: Das ist doch gut.

Kallmeier: Natürlich wollen wichtige Entscheidungen auch gut überlegt sein. Wenn aber zu lange nachgedacht und über alle Argumente mehrfach abgewogen wird, oder sich beispielsweise bereits vorab genau darüber Gedanken gemacht werden, ob und wie ein Projekt erledigt werden kann, und welche Auswirkungen eventuelle Änderungen oder Schwierigkeiten für die Familie mit sich bringen könnten, wird „Frau“ schlicht und einfach zu langsam und bekommen das Projekt am Ende nicht. Denn bis eine Frau ‚Ich‘ schreit, haben sich oft schon drei Männer gemeldet.

DAS INVESTMENT.com:
Aber der geringe Anteil der weiblichen Führungskräfte kann doch nicht an den Frauen alleine liegen. Schließlich braucht jede Nachwuchsführungskraft Förderer und gut funktionierende Netzwerke.

Kallmeier:
Ja, das ist schon richtig. Auch in Sachen Netzwerke haben Frauen oft Nachholbedarf. Aber es ist ja nicht so, dass sie schlechter Kontakte knüpfen und pflegen als ihre männlichen Kollegen. Nur wenn es darum geht, diese Netzwerke für eigene Zwecke einzusetzen, schrecken Frauen häufig zurück. Es fällt ihnen eben selbst in relativ neutralen Netzwerken schwerer, um Rat oder Hilfe zu Fragen, als den Männern. Dabei funktionieren berufliche Netzwerke nach einem einfachen Prinzip - jeder nutzt seine Kontakte zu seinem Vorteil und so ergibt sich ein Geben und Nehmen. Hier fehlt es den Frauen noch ein bisschen an Selbstbewusstsein.
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