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in Märkte verstehen, Chancen nutzenLesedauer: 4 Minuten
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Blackrock-Interview „Ich bin der Sparrings-Partner“

Bild: Uwe Noelke
Bild: Uwe Noelke
DAS INVESTMENT: Herr Lück, warum braucht Blackrock Sie?

Martin Lück: Blackrock will jemanden, der das Makro-Umfeld an die Kundschaft transportiert. Und ich beschäftige mich seit vielen Jahren damit und mit Auswirkungen auf die Finanzmärkte und Märkte insgesamt.

Sie sollen Kunden die Welt erklären?

Lück: Nein, die wissen sehr gut, wie die Welt funktioniert. Doch viele sind in einem Wust an Informationen gefangen. Und diese Informationen auf den Punkt zu bringen und Anregungen zu geben, dazu bin ich da. Ich biete als Sparrings-Partner eine Einschätzung und gegebenenfalls auch eine alternative Meinung an.

Volkswirte können Dinge gut im Nachhinein erklären. Für Prognosen taugen sie weniger.

Lück: So das weithin bekannte Vorurteil. Einerseits ist es gar nicht so schlecht, Dinge im Nachhinein zu erklären. Andererseits sollte man in der Tat ehrlich sein und nicht behaupten, dass es nur diese eine Meinung gibt. Jede Sache hat mehrere Seiten. Aber man sollte sich immer in eine Richtung positionieren und auch mal aus dem Fenster lehnen. Dabei kann man falsch liegen, das passiert. Kunden nehmen das einem aber nicht übel, wenn man Fehler zugibt und sagt: „Ich habe mich geirrt, weil …“ Denn man hatte ja gute Gründe für die Annahmen.

Ist es nicht riskant für Anleger, ihre Strategie auf solche Wetten abzustellen?

Lück: Irgendein Szenario brauchen sie immer. Zinsen hoch? Zinsen runter? Wie geht es mit Griechenland und der Eurozone weiter? Anleger müssen irgendetwas annehmen.

Es gibt viele Stockpicker, die die Makro-Ebene überhaupt nicht interessiert.

Lück: Das ist ihr gutes Recht. Aber jeder noch so gute Stockpicker lernt irgendwann, dass seine Strategie nicht viel wert ist, wenn der ganze Markt in den Keller geht. Und dass es doch ganz sinnvoll ist, auf wirtschaftliche Dinge zu schauen oder unerwartete Ereignisse oder Ähnliches. Ich meine, dass man Makrotrends und Markttrends nicht unterschätzen sollte.

Kommen wir zur Konjunktur. Wenn die Verschuldung immer so weiter steigt, geht das ganze System in die Grütze.

Lück: Oder jemand leiht Ihnen ständig das Geld dafür, dass es weitergeht. Schauen Sie sich mal Japan an. Es wirtschaftet seit vielen Jahren mit einer alternden Bevölkerung und einem Schuldenstand von über 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Aber solange die Sparer Ihnen das Geld leihen, geht das. Ständig wird irgendwo gesagt, dass etwas nicht lange gutgeht. Und dann geht es doch.

Was macht ein Anleger aus der Lage?

Lück: Das ist in der Tat schwierig. Die Märkte waren bis Jahresmitte stark gelaufen, die Bewertungen waren gestiegen. Doch dann konnte die wirtschaftliche Realität das nicht rechtfertigen. Amerika, Europa, China – alles wurde plötzlich in Zweifel gezogen.

Aber Europa soll sich doch erholen.

Lück: Die Analystenschätzungen für europäische Unternehmen zeigen nach unten. Trotzdem müssen Investoren vor dem Hintergrund der niedrigen Anleiherenditen stark in Aktien gewichtet sein. Am besten solche mit soliden Dividenden und liquide genug, um sie schnell verkaufen zu können.

Das ist kein sehr origineller Tipp.

Lück: Es geht nicht darum, originell zu sein. Ich muss Investoren sagen, wie sie am besten ihr Geld anlegen.

Wenn die Wirtschaft wieder schwächelt, ist die Geldpolitik der Zentralbank mit Nullzins und Anleihekäufen gescheitert.

Lück: Nein, sie hat verhindert, dass der Euro implodiert. Er war wirklich in Gefahr. Außerdem ist die EZB ja nicht die Einzige. Die Amerikaner haben es gemacht. Und die Briten und die Japaner.

Das macht es nicht besser.

Lück: Aber man ist zumindest in guter Gesellschaft, wenn man einen unpopulären Schritt macht.

Die Länder hätten ihre Finanzen auf Vordermann bringen sollen.

Lück: Dafür war es zu spät. Die Sparmaßnahmen hätten der Wirtschaft geschadet, damit wäre die Schuldenquote weiter gestiegen. Der Markt hätte die Länder mit noch höheren Zinsen abgestraft. Die EZB hat mit ihren Maßnahmen Zeit gekauft. Und jetzt setzen die Länder trotzdem Reformen um. Diesmal demokratisch legitimiert, wie in Griechenland, Portugal und Irland. Das macht Hoffnung für die Wahl in Spanien. Man kann ein Land nicht zu Reformen zwingen, das Land muss bereit sein.

Zur Person: Martin Lück ist Chef-Investmentstratege bei Blackrock in Deutschland. Er kommt von UBS Deutschland, wo er als Chefvolkswirt für Deutschland und Mitglied des European- Economics-Teams seit 2007 arbeitete. Davor war er Volkswirt und Investmentstratege bei Kepler Equities. Seine Karriere begann Lück 1984 bei der früheren NG Bank in Hannover. Er hat Volkswirtschaft und Business Administration an der Universität in Hannover studiert.

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