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Finanzbranche reagiert auf Plan der Ampel-Koalitionäre „Blick nach England sollte vor Provisionsverbot warnen“

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Der Meinung schließt sich Richter an. Der BVI-Hauptgeschäftsführer warnt gleichzeitig jedoch auch vor einer Unwucht bei Vergütungsmodellen. Würde man lediglich in der Finanzberatung ein Provisionsverbot einziehen, könnte das den unerwünschten Nebeneffekt haben, dass Anleger ihr Geld aus Finanzanlagen abzögen und stattdessen vermeintlich kostengünstigere kapitalbildende Versicherungsprodukte kauften. Versicherungspolicen hätten dann einen unfairen Wettbewerbsvorteil.

Eine Warnung kommt auch EU-Parlamentarier Markus Ferber. Ferber sitzt im Wirtschafts- und Währungsausschuss des europäischen Parlaments. Der EVP-Ageordnete sagt: „Ein Provisionsverbot schadet am Ende dem Verbraucher“. Das Honorarberatungsmodell bringe eine hohe Eintrittshürde mit sich. „Ein Provisionsverbot kann schnell dazu führen, dass sich mancher seine Anlageempfehlungen lieber aus zweifelhaften Quellen aus dem Internet zieht“, befürchtet Ferber.

KPMG-Studie stützt BVI-Standpunkt

Der BVI hat gemeinsam mit dem Bankenverband Deutsche Kreditwirtschaft und dem Deutschen Derivate Verband kürzlich eine Umfrage in Auftrag gegeben. Durchgeführt hat sie die Unternehmensberatung KPMG. Auch diese Studie kommt zu dem Ergebnis, dass es viele Menschen „gravierend benachteiligen“ würde, führte man flächendeckend und verpflichtend Honorarberatung ein. Honorarberatung sei bei einem Anlagebetrag von bis zu 25.000 Euro sogar teurer als das provisionsbasierte Pendant – ausgehend von einem Honorar-Stundensatz von 180 Euro. Vor allem Kleinsparer mit nur geringen Kapitalreserven seien jedoch auf fachkundige Beratung angewiesen.

Auch das Filialnetz deutscher Banken lebe mittelbar von den Zuwendungen der Produktgeber, heißt es von KPMG weiter. Wenn die wegfielen, könne es nicht aufrechterhalten werden – zu Lasten der beratungsbedürftigen Verbraucher. Eine große Hürde für Honorarberatung sei auch, dass eine Mehrheit hiesiger Verbraucher für Beratung nicht gesondert zu zahlen bereit sei. Die Studienautoren ziehen ebenfalls die Situation in anderen Ländern zum Vergleich heran. Provisionsverbote, wie sie im Vereinigten Königreich oder den Niederlanden herrschten, wollen sie als negative Mahnung verstanden wissen.

In Deutschland gibt es seit einigen Jahren qua Lizenzierung die Möglichkeit, dass sich Berater aus dem Finanz- und Versicherungsbereich als Honorarberater positionieren. Im Finanzanlagenbereich gibt es dafür den Paragrafen 34h Gewerbeordnung. Obwohl dieser seit 2014 existiert, hat das Modell des Honorar-Finanzanlagenberaters vergleichsweise wenige Interessenten gefunden. Es gibt noch heute nur etwas mehr als 200 solcher Profis in Deutschland – gegenüber fast 39.000 Finanzanlagenvermittlern, die auch Provisionen nehmen dürfen. De facto haben sich in vielen Vermittlerbetrieben heute Mischmodelle etabliert.

Im Versicherungsvertrieb gibt es neben den freien oder gebundenen Vermittlern auch noch die Versicherungsberater, die keine Provisionen annehmen dürfen. Sie müssen sich stattdessen über Honorare vergüten lassen. Ihre Zahl liegt bei etwas mehr als 300 – gegenüber knapp 200.000 anderen Versicherungsprofis.

Fortsetzung folgt

Ob die Idee von flächendeckender Honorarberatung, die die zukünftigen Ampelkoalitionäre jetzt umwälzen, ihren Weg in den künftigen Koalitionsvertrag finden wird, ist allerdings noch fraglich. Vom Koalitionspartner in spe FDP ist bekannt, dass man dort strikt gegen entsprechende Pläne ist.

Selbst wenn es die Forderung nun trotzdem in das Dokument schaffen würden - dann vermutlich mit einer zähneknirschenden FDP im Hintergrund –, ist auch nicht zu einhundert Prozent gesichert, dass es auch umgesetzt wird. Man erinnere sich nur an das Vorhaben der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD, alle 34f- und 34h-h-Vermittler unter die Aufsicht der Bafin zu bringen. Das Vorhaben ist vorläufig im Sande verlaufen.

In Habachtstellung ob der weiteren Pläne für den Finanzvertrieb dürften viele betroffene Vermittler und deren Interessenvertreter dennoch sein. Bei der Frage nach der Vergütung geht es schließlich auch um den materiellen Fortbestand eines ganzen Berufszweigs.

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