Blockchain-Experten Philipp Sandner und Jonas Groß
Der digitale Euro
Aktualisiert am 19.11.2020 - 09:31 Uhr
Philipp Sandner leitet das Frankfurt School Blockchain Center an der Frankfurt School of Finance & Management. Foto: Frankfurt School of Finance
Mehrere Initiativen treiben die Digitalisierung des Geldsystems voran. Mit ihrer Arbeit setzen sie die Europäische Zentralbank unter Druck, einen programmierbaren Euro zu entwickeln, sind sich die Blockchain-Experten Philipp Sandner und Jonas Gross vom Frankfurt School Blockchain Center sicher.
Unser Geldsystem befindet sich derzeit im Wandel. Zuletzt wurden zahlreiche bemerkenswerte Projekte angekündigt, die die Digitalisierung vorantreiben werden. Dazu zählt beispielsweise das von Facebook initiierte Projekt Libra, das bis Ende des Jahres ein weltweites Zahlungssystem erschaffen möchte. Zudem hat China eine eigene digitale Währung namens DC/EP angekündigt. Diese Währung ist sogar bereits seit April testweise in Betrieb.
Beide Initiativen sind von großer geopolitischer Bedeutung und bringen nun auch Europa und die Europäische Zentralbank (EZB) unter Zugzwang. Denn: Sowohl das Libra als auch das DC/EP-Zahlungssystem werden von außerhalb der Europäischen Union betrieben. Sollten...
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Unser Geldsystem befindet sich derzeit im Wandel. Zuletzt wurden zahlreiche bemerkenswerte Projekte angekündigt, die die Digitalisierung vorantreiben werden. Dazu zählt beispielsweise das von Facebook initiierte Projekt Libra, das bis Ende des Jahres ein weltweites Zahlungssystem erschaffen möchte. Zudem hat China eine eigene digitale Währung namens DC/EP angekündigt. Diese Währung ist sogar bereits seit April testweise in Betrieb.
Beide Initiativen sind von großer geopolitischer Bedeutung und bringen nun auch Europa und die Europäische Zentralbank (EZB) unter Zugzwang. Denn: Sowohl das Libra als auch das DC/EP-Zahlungssystem werden von außerhalb der Europäischen Union betrieben. Sollten Libra und DC/EP in großem Maße für Zahlungen verwendet werden und den Euro als Zahlungsmittel zumindest teilweise substituieren, droht der Euro global an Bedeutung zu verlieren.
Wenn Europa nicht mit einer eigenen digitalen Währung reagiert, wird in wenigen Jahrzehnten ein noch größerer Teil aller Transaktionen über nicht-europäische Zahlungssysteme abgewickelt werden.
Neben geopolitischen Motiven sprechen auch zahlreiche weitere Aspekte für die Einführung eines digitalen Euros. Dieser könnte – basierend auf einer Distributed-Ledger-Technologie (DLT), häufig auch als Blockchain-Technologie bezeichnet – folgende Vorteile liefern, die besonders für die Industrie von hoher Relevanz sind:
- Programmierbarkeit von Geldflüssen durch Smart Contracts. Ein digitaler, programmierbarer Euro ermöglicht automatisierte Prozesse und Finanzdienstleistungen wie Zinszahlungen, Darlehen, Treuhandkonten, Leasing, und Factoring.
- Interoperabilität eines digitalen Zahlungsmittels über verschiedene Ökosysteme hinweg.
- Ermöglichen von Machine-to-Machine-Zahlungen. Ein digitaler, programmierbarer Euro könnte nicht nur von Personen, sondern auch von Maschinen und Geräten, zum Beispiel aus dem Bereich dem Internet der Dinge (Internet of Things, IoT), für Transaktionen genutzt werden und wäre deshalb vor allem für die sogenannte Machine Economy von großem Nutzen.
- Integration von Leistung und Gegenleistung in ein DLT-System. Eine solche Integration würde die Abwicklung von Wertpapieren, digitalisierten Rechten, Vermögenswerten und Dienstleistungen deutlich beschleunigen.
- Höhere Effizienz im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr. Durch die Nutzung einer Distributed-Ledger-Technologie können weltweite Zahlungen innerhalb von Sekunden durchgeführt und abgewickelt werden.
Doch wie genau könnte ein digitaler, programmierbarer Euro eingeführt werden? Aufgrund der weitreichenden Implikationen (unter anderem auf das bestehende Geldsystem) handelt es sich um kein leichtes und kurzfristiges Unterfangen.
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