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Technologie-Börsenlieblinge schwächeln Bekommen die Aktienmärkte nun neue Zugpferde?

Von in WirtschaftLesedauer: 6 Minuten
Nvidia-Chef Jensen Huang hält Laptop und Grafikkarte hoch
Nvidia-Chef Jensen Huang bei einem Kongressauftritt | Foto: Imago Images / ZUMA Press Wire

Der Technologiesektor sendet seit Anfang Juli Schwächesignale. Den Kursrückgängen seit Mitte Juli, die zunächst im Abverkauf in der ersten Augustwoche gipfelten, folgte eine zwischenzeitliche Erholung, die dann jedoch Anfang diesen Monats von erneuten Kursrückgängen unterbrochen wurde.

Rein technisch betrachtet, ist die Tatsache, dass der Tiefpunkt des ersten Abverkaufs zuletzt nicht unterschritten wurde, unserer Meinung nach eine gute Nachricht. Solange dies so bleibt, sieht diese Marktphase eher nach einer Konsolidierung aus als nach einem Trendwechsel. Dennoch ist aus unserer Sicht Vorsicht geboten.

 Grafik: Wertentwicklung Technologie-Branche

Aus fundamentaler Sicht scheinen die Marktteilnehmer derzeit ihre Erwartungen hinsichtlich des Technologiesektors einem Reality-Check zu unterziehen. Denn die starke Wertentwicklung der vergangenen Jahre – getrieben durch die erwartete KI-Revolution – hat die Bewertungen und die Wachstumserwartungen in die Höhe schnellen lassen. Diese Markterwartungen scheinen sich nun in einigen Fällen als zu optimistisch erwiesen zu haben. 

Revolution in der Warteschlange

Obwohl die jüngst gemeldeten Wachstumszahlen von Unternehmen wie Nvidia, Microsoft, und Alphabet durchaus robust ausfielen, wurden die Unternehmen nach Bekanntgabe der Quartalszahlen mit Kursverlusten abgestraft. So ging der Aktienkurs von Nvidia am Tag nach Veröffentlichung der Zahlen um 6 Prozent in die Knie.

Eine Woche später beliefen sich die Verluste sogar auf -15 Prozent. Auch Alphabet sank am Tag nach Bekanntgabe der Geschäftsergebnisse um 5 Prozent und der Kurs von Super Micro Computers, einem weiteren KI-Liebling, brach sogar um 20 Prozent ein. Diese Marktreaktionen können als Signal für übertriebene Markterwartungen aufgefasst werden. Die Nervosität steigt.

Tabelle: Top-Tech-Aktien im Überblick

Chart: Kurentwicklung der Top-Tech-Titel

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Der Technologiesektor nach wie vor mit hohen Bewertungen

Aus Sicht der Bewertungen hat sich jedoch nicht allzu viel verändert. So liegt die Bewertung des Technologiesektors auf Basis der sogenannten Forward P/E Ratios nach wie vor rund 50 Prozent über dem Zwanzigjahresdurchschnitt. 

Hier geht es zur Übersicht der Technologiefonds

Zugegeben, ein gewisser Bewertungsaufschlag im Vergleich zur Historie dürfte gerechtfertigt sein. Immerhin erzielen die Technologieunternehmen heute im Durchschnitt eine höhere Kapitalrendite als noch vor 10 oder 20 Jahren. Zudem hat der neue Megatrend KI die Wachstumsperspektiven des Sektors insgesamt zu Recht aufgehellt. Ob dies allerdings einen Bewertungsaufschlag von 50 Prozent rechtfertigt, darf zumindest kritisch hinterfragt werden. Und genau das scheint der Markt derzeit zu tun. Mit weiteren volatilen Phasen ist daher wohl auch in näherer Zukunft zu rechnen.

Der Blick über den Tellerrand kann sich lohnen

Wie bereits in früheren Marktkommentaren angedeutet, lohnt sich aus unserer Sicht derzeit ein Blick auf Marktsegmente außerhalb des Technologiesektors bzw. der technologielastigen US-Mega-Caps. Denn es gibt durchaus Bereiche im Aktienmarkt, die unseres Erachtens ebenfalls ein attraktives Wachstumspotential aufweisen und gleichzeitig deutlich günstiger bewertet sind. Einige dieser Bereiche konnten sich während der jüngsten Schwächephase des Technologiesektors positiv hervorheben. 

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Hierzu zählen beispielsweise die Versorger. Der Sektor gehört im laufenden Jahr zu den stärksten Sektoren und konnte gerade in den letzten beiden Monaten für Stabilität sorgen. Dennoch sind die Bewertungen der Versorger insgesamt vergleichsweise günstig. Die voranschreitende Energiewende, die maßgeblich von den Versorgern getragen wird, und das damit verbundene Wachstumspotential scheinen in vielen Fällen kaum in den Bewertungen eingepreist zu sein.

 

 

Der deutliche Anstieg der Zinsniveaus seit der Covid-Pandemie hat den Sektor insgesamt belastet. Mit den zu erwartenden Zinssenkungen der Notenbanken könnte sich der Wind nun aber drehen und für viele Versorger einen Befreiungsschlag auslösen.

Ein Sektor der ebenfalls überproportional von Zinssenkungen der Zentralbanken profitieren könnte, ist der Immobiliensektor. Insbesondere die sogenannten REITs (Real Estate Investment Trusts), haben in den letzten beiden Jahren stark unter dem erhöhten Zinsniveau gelitten. Das könnte sich nun ändern. Als Vorgeschmack kann die jüngste Marktphase seit Anfang Juli dienen, in der sich REITs besonders stark entwickeln konnten.

Die beiden oben genannten Sektoren finden sich zudem im Bereich der Infrastruktur wieder. Der enorme Nachholbedarf bei Infrastrukturinvestitionen weltweit könnte sich daher langfristig als zusätzlicher Rückenwind erweisen. Die Ausgangslage für Versorger und selektive REITs, die in Wachstumsmärkten involviert sind, erscheint uns daher äußerst günstig.

Grafik: Branchen-Wertentwicklung im Vergleich 

 

Für antizyklische Anleger, die Geduld und starke Nerven mitbringen, könnte sich zudem ein Blick auf bestimmte regionale Aktienmärkte lohnen. Neben China sind derzeit einige Schwellenländer wie Brasilien besonders günstig bewertet. Aber auch in Europa gibt es zahlreiche Schnäppchen, vor allem unter den Value-Titeln. 

Auch wenn es wohl noch zu früh ist, um von einem Wechsel der Marktführerschaft zu sprechen, lohnt es sich, unseres Erachtens bereits heute in weniger beachteten Aktienmarktsegmenten außerhalb des Technologiesektors nach attraktiven Anlagemöglichkeiten Ausschau zu halten.

 


Über den Autor:

Ivan Domjanic ist Kapitalmarktstratege (Capital Market Strategist) beim britischen Fondsanbieter M&G Investments.

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