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Börsen-Unwörter 2001 bis 2024 und was sie bedeuten
Das Börsen-Unwort des Jahres 2024 lautet StaRUG. Was hinter dem Akronym steckt, verraten wir weiter unten. Die Kür zum Börsen-Unwort erfolgte durch die Börse Düsseldorf. Dort hat die Wahl von Börsen-Unwörtern Tradition: Seit 2001 stehen einmal pro Jahr Begriffe zur Online-Abstimmung, die in den Monaten zuvor die Finanzwelt jeweils aufwühlten. Dabei erstellen Mitarbeiter der Börse Düsseldorf und Vertreter von Market Makern eine Vorauswahl von fünf Begriffen, über die dann öffentlich abgestimmt wird.
Problematische Entwicklungen in der Finanzbranche
Die Kür des Börsen-Unworts orientiere sich an der sprachkritisch motivierten Wahl zum Unwort des Jahres durch den Germanisten Horst Dieter Schlosser, heißt es von der Börse Düsseldorf. Anders jedoch als beim allgemeinen Unwort des Jahres geht es Börsianern weniger um sprachliche Feinheiten. Die Börsen-Unwörter reflektieren vielmehr Entwicklungen und Herausforderungen der Finanzbranche, die zum jeweiligen Zeitpunkt als problematisch angesehen wurden.
Ein Blick auf die Börsen-Unwörter seit der ersten Kür im Jahr 2001 gibt somit interessante Einblicke in Deutschlands Finanzgeschichte – und das mit einer durchaus selbstkritischen Note. Interessant auch: Während einige Begriffe an vergangene Finanzskandale erinnern, haftet anderen heute nichts Kontroverses mehr an – sie sind mittlerweile in den alltäglichen Finanz-Sprachgebrauch übergegangen.
Klicken Sie sich durch die Börsen-Unwörter seit 2001 – wir haben für jedes Jahr und Wort ein eigenes Bild kreiert.
Börsen-Unwort 2024: StaRUG

StaRUG steht kurz für „Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz“ und ist das Börsen-Unwort des Jahres 2024. Seit seiner Einführung 2021 soll das Gesetz Unternehmenssanierungen ermöglichen, ohne dass alle Aktionäre dem zustimmen müssen. 2024 geriet das StaRUG im Zusammenhang mit dem Fall Varta unter Beschuss:
Die Aktie des Batterieherstellers Varta erleidet im Sommer des Jahres einen schlimmen Crash. Das Sanierungskonzept nach StaRUG sieht einen Kapitalschnitt auf null vor: Alle Kleinaktionäre von Varta sollen ihr investiertes Geld verlieren – während als einziger Alt-Aktionär, der Großinvestor Michael Tojner, von einer anschließenden Kapitalerhöhung profitieren soll.
Gegen den Sanierungsplan nach StaRUG gibt es umfangreichen Protest, nicht zuletzt vom Aktionärsverband DSW (Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz). Geschäftsführer der Börse Düsseldorf Rolf Deml kritisiert: „Solch ein zwangsweiser Ausschluss der Streubesitz-Aktionäre ohne angemessene Beteiligung oder Entschädigung ist ein Konstruktionsfehler des grundsätzlich sinnvollen Sanierungstools.“
Börsen-Unwort 2023: Ultradiversifikation

Das Prinzip der Risikostreuung (Diversifikation) gehört zu den wichtigsten Grundregeln der Geldanlage. Doch 2023 wird aus der eigentlich simplen Regel ein Marketing-Monster erschaffen, die „Ultradiversifikation“. Einfache Welt- oder All-Countries-ETFs bieten bereits eine breite Streuung über hunderte oder tausende Aktien, betonen die Spezialisten der Börse Düsseldorf. Anlegern werde jedoch vorgegaukelt, dass besonders komplexe und oft teure Multifaktor-Fonds darin vermeintlich besonders gut seien.
„Eine solche extreme Optimierung ist vielleicht ein gesellschaftlicher Trend, aber ob sich damit wirklich Überperformance erzielen lässt, wird man erst in vielen Jahren nachweisen können“, sagt Geschäftsführer Rolf Deml.
Besonders problematisch erscheint es den Düsseldorfer Börsianern, dass komplizierten Anlagekonzepte die ohnehin schwach ausgeprägte deutsche Aktienkultur weiter belasten könnten. Statt Aktienanlage als „Raketenwissenschaft“ darzustellen, sei vielmehr eine Vereinfachung nötig, um mehr Menschen zur Geldanlage zu bringen.
Börsen-Unwort 2022: Zufallsgewinne

Der Begriff „Zufallsgewinne“ entsteht 2022 im Zuge der Energiekrise unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Er zielt ursprünglich auf die Gewinne von Energiekonzernen ab, die vom Merit-Order-Prinzip bei stark gestiegenen Gas- und Ölpreisen profitieren. Merit Order bezeichnet die Reihenfolge, in der stromproduzierende Kraftwerke einzusetzen sind, um eine wirtschaftlich optimale Energieversorgung zu gewährleisten.
„Zufallsgewinne“ werden vor allem heimischen Produzenten erneuerbarer Energien nachgesagt. Denn bei vielen von ihnen läuft es im Krisen-Umfeld gar nicht mal so schlecht.
„In bester Unwort-Manier wurden die 'Zufallsgewinne' unter Börsianern schnell zum geflügelten Wort und man spekulierte humorvoll, ob etwa Speiseeishersteller oder Brauereien im Hitzesommer die nächsten Branchen seien“, kommentiert Börse-Düsseldorf-Geschäftsführer Rolf Deml ironisch die Logik, die hinter der Zuschreibung steht und die nahegelegt, dass die Hersteller alternativer Energien ganz unverdient einfach nur großes Glück hatten.
Börsen-Unwort 2021: Taschengeld-Trader

Mit „Taschengeld-Trader“ wird 2021 ein Begriff zum Börsen-Unwort, der abwertend für junge Kapitalmarkteinsteiger steht. Bei der Börse Düsseldorf findet man: Die Bezeichnung rede einen wichtigen Trend schlecht. Denn dass die junge Generation Z ein ausgeprägtes Interesse an Finanzen zeige, sei positiv. Zumal das Thema im Schulunterricht oft zu kurz komme. Gerade unter den 14- bis 29-Jährigen kommen Anfang der Corona-Krise besonders viele Neuaktionäre hinzu. Die Zahl der Aktionäre steigt von 2020 auf 2021 um 67 Prozent, erwähnen die Düsseldorfer lobend.
„Die Betitelung als Taschengeld-Trader klingt despektierlich und unangebracht. In den Punkten Technik und Finanzbildung sind junge Menschen heute in der Regel weiter, als es die Generationen vor ihnen waren“, findet Börse-Düsseldorf-Geschäftsführer Rolf Deml.
Befeuert wird der Aktien-Trend im Corona-Jahr 2021 maßgeblich durch sogenannte Neobroker: digitale Aktienhändler, die mit nutzerfreundlichen Apps und niedrigen Gebühren neue Kundschaft anlocken. Klassische Banken verlangen deutlich höhere Provisionen, erinnert man bei der Börse Düsseldorf.
Börsen-Unwort 2020: Corona-Gewinner

Während der Corona-Pandemie etabliert sich schnell der Begriff „Corona-Gewinner“. Damit gemeint sind Unternehmen, die von der Krise profitieren – etwa Lieferdienste, Anbieter von Videokonferenz-Tools oder Streaming- und Gaming-Diensten. Nach einem Kurz-Börsencrash im Frühjahr 2020 verzeichnen diese Branchen starke Kursgewinne.
Börse-Düsseldorf-Geschäftsführer Thomas Dierkes kritisiert diese Bezeichnung: „Der Erfolg sei allen gegönnt, die mit der richtigen Idee, zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren. Doch gefeiert zu werden als Profiteure eines externen Ereignisses mit so weitreichenden Folgen für Wirtschaft, Gesellschaft und Gesundheit, erscheint mindestens zynisch.“
Besonders problematisch erscheine zudem der Kontrast zu den „Corona-Verlierern“ – Unternehmen, die in der Pandemie ohne eigenes Verschulden in Existenznot geraten und die staatliche Hilfen benötigen.
Börsen-Unwort 2019: Finanztransaktionssteuer

„Finanztransaktionssteuer“ ist ein irreführender Begriff, findet man bei der Börse Düsseldorf. Denn die Abgabe, die einer Idee von Bundeskanzler Olaf Scholz entspringt, soll nur Aktiengeschäfte mit europäischen Blue-Chip-Werten betreffen. 145 deutsche beziehungsweise 500 europäische Konzerne mit über einer Milliarden Euro Marktkapitalisierung sollen darunterfallen. Spekulativere Anlageformen wie Derivate, CFDs, Pennystocks und der Hochfrequenzhandel bleiben ausgenommen.
Daran stört man sich auch bei der Börse Düsseldorf. Geschäftsführer Thomas Dierkes urteilt: „Die ursprüngliche Intention einer solchen Steuer zur Krisenprävention und Stabilisierung des Finanzsystems ist völlig aus den Augen verloren worden."
Die Steuer träfe vor allem Privatanleger, die langfristig in Aktien, Fonds oder ETFs investierten – ein falsches Signal in Zeiten von Nullzinsen und der Notwendigkeit privater Altersvorsorge. Zumal professionelle Marktteilnehmer die Möglichkeiten hätten, die Abgabe zu umgehen, wie die Düsseldorfer kritisieren.
Der Vorschlag solle jährlich 1,5 Milliarden Euro in die Staatskasse spülen. Allerdings kann er sich nicht durchsetzen und verschwindet wieder in der Schublade.
Börsen-Unwort 2018: America First

„America First“: Mit dieser Parole will der 2017 erstmals angetretenen US-Präsident Donald Trump eine Politik der Konfrontation durchsetzen, die die Weltwirtschaftsordnung angreift und die globalen Finanzmärkte stark verunsichert: Unter Trump kündigen die USA Handelsabkommen auf, verhängen Strafzölle gegen Europa und Asien und beleben Handelskriege als politisches Instrument wieder.
„Viele Schwankungen an den Finanzmärkten fielen 2018 in die Kategorie 'politische Börsen', die gemäß einer populären Wertpapierhändler-Weisheit zwar eigentlich 'kurze Beine' haben, aber in ihrer außergewöhnlichen Häufigkeit trotz solider Wirtschaftsdaten eben doch die Märkte treiben konnten“, erklärt Börse-Düsseldorf-Geschäftsführer Thomas Dierkes zum Börsen-Unwort 2018.
Zwar würden die US-Wirtschaft zunächst vom neuen Kurs profitieren, etwa durch niedrigere Unternehmenssteuern. Dagegen litten die internationalen Börsen unter der Unsicherheit, die der US-Präsident durch undiplomatische und sprunghafte Kommunikation über das Netzwerk Twitter (später X) noch verstärke, kritisieren die Düsseldorfer.
Börsen-Unwort 2017: Bitcoin Boom

Wer Bitcoin bis dato nicht kannte, hört davon spätestens 2017. Die Kryptowährung wird in dem Jahr zum Börsen-Überflieger, ihr Kurs steigt von rund 1.000 Dollar zu Jahresbeginn auf über 20.000 US-Dollar im Dezember. Eintagsfliege oder Langfrist-Trend? Die klassische Börsenwelt ist skeptisch, es kursieren Vergleiche mit der Tulpen-Manie im frühen 17. Jahrhundert.
Auch bei der Börse Düsseldorf warnt man: Der Boom ziehe auch unerfahrene Anleger an. Geschäftsführer Thomas Dierkes erläutert zur Wahl des Börsen-Unworts 2017: „Das ursprünglich digitale Zahlungsmittel ist zum reinen Spekulationsobjekt geworden, was seine Funktion als Währung stark in Frage stellt.“
Anders als bei steigenden Aktienkursen, die auf Unternehmensgewinnen und realer Wertschöpfung beruhten, fehle beim Bitcoin-Boom die wirtschaftliche Substanz. Auch die Bafin warnt 2017 vor „höchst spekulativen Vorgängen mit der Möglichkeit des Totalverlustes“.
Dass sich Bitcoin als Ur-Kryptowährung in den kommenden Jahren durchsetzen wird, ist 2017 noch nicht abzusehen.
Börsen-Unwort 2016: Anlagenotstand

„Anlagenotstand“ steht 2016 für eine Entwicklung, die die Vermögen von Verbrauchern bedroht: Mini- bis Nullzinsen und teils noch Gebühren auf Guthaben. Selbst Immobilien erwirtschaften kaum noch effektive Renditen. Aber dabei von einem „Notstand“ zu sprechen? Völlig übertrieben!, finden die Kritiker von der Börse Düsseldorf:
„Notstand“ werde bei Naturkatastrophen oder im Strafrecht verwendet und sei hier kontraproduktiv. Das negativ konnotierte Wort lähme die Menschen und verstelle den Blick auf Lösungen. Insbesondere auf die Aktienanlage als Alternative zu Zinsinvestments. Denn trotz Krisen wie dem Brexit-Votum und der Wahl des Populisten Donald Trump zum US-Präsidenten läuft es 2016 an den Aktienmärkten rund.
Anleger sollten die Gelegenheit nutzen, Wissen aufbauen und risikobewusst in die Aktienmärkte einsteigen, statt den Kopf in den Sand zu stecken, findet man bei der Börse Düsseldorf.
Börsen-Unwort 2015: Zinswende

Die viel beschworene „Zinswende“ ist 2015 in aller Munde – ohne dass es zu einem Umschwung kommt und die ultraniedrigen Zinsen wieder steigen würden. Im Gegenteil: Das Zinstief wird erst im März 2016 erreicht.
Während im Euroraum Bundesanleihen bis zu sechs Jahren Laufzeit Minuszinsen aufweisen und selbst italienische Staatsanleihen negativ rentierten, warten Anleger 2015 also vergeblich auf eine Trendumkehr.
Börse-Düsseldorf-Vorstandschef Dirk Elberskirch meint: „Selbst, wenn nach Minuszinsen mal wieder ein moderater Guthabenzins erzielbar sein sollte, so sind wirklich hohe Zinsen auf lange Zeit nicht in Sicht.“
Die Situation vergleichen die Düsseldorfer mit dem Theaterstück „Warten auf Godot“ – das lange erwartete Ereignis will einfach nicht eintreten. Die EZB setzt ihren Kurs stattdessen unbeirrt fort.
Börsen-Unwort 2014: Guthabengebühr

Das Wort „Strafins“ klingt hässlich. Dagegen eine „Guthabengebühr“? Das säuselt sich schon viel freundlicher. Dass Kunden auf Bankeinlagen keine Zinsen mehr bekommen, sondern noch welche zahlen müssen, werde mit dem Begriff „Guthabengebühr“ euphemistisch umetikettiert, kritisiert die Börse Düsseldorf in ihrer Begründung für das Börsen-Unwort 2014.
„Als 'Guthabengebühr' bezeichnet, klingt dies zwar weniger schlimm, deutlich wird aber auch, dass die Maßnahme der EZB nicht wie geplant positiv auf die Kreditvergabe der Banken an Unternehmen wirkt, sondern schlicht an die Kunden weitergereicht wird und damit verpufft“, kommentiert Börse-Düsseldorf-Vorstandschef Dirk Elberskirch.
Börsen-Unwort 2013: Billiges Geld

Der Begriff „billiges Geld“ wurde 2013 zum Symbol der expansiven Geldpolitik der großen Notenbanken. Diese wollen durch niedrige Leitzinsen und höhere Geldmengen die Konjunktur stimulieren. Insofern ist billiges Geld doch etwas Feines, oder?
Die Börse Düsseldorf ist anderer Ansicht: Ein Substantiv wie Geld, das für etwas Werthaltiges steht, solle man nicht mit einem Adjektiv kombinieren, das abwertend für mindere Qualität steht. „Wer trinkt etwa schon gerne billigen Wein oder macht einen billigen Scherz“, schreibt Börse-Düsseldorf-Chef Dirk Elberskirch provokativ. Die Wortkombination untergrabe die Wertschätzung von Geld als wichtiges Wirtschaftsgut.
Auch die Wirkung, die „billiges Geld“ erzielt, sei zweischneidig: Es führe nicht nur dazu, dass Banken mehr Kredite vergeben, sondern das Geld fließe auch in den Aktienmarkt. Fremdkapital aufnehmen und als Eigenkapital anlegen, das birgt die Gefahr liquiditätsgetriebener Blasen – wovor nicht nur die Börse Düsseldorf warnt. Ende November 2013 setzt die EZB den Hauptrefinanzierungssatz auf 0,25 Prozent herab.
Börsen-Unwort 2012: Freiwilliger Schuldenschnitt

Das EU-Mitglied Griechenland rutscht in eine Krise, die sich bereits seit 2010 abzeichnet. Das Land hat mit 177 Prozent seines BIPs ultrahohe Schulden angehäuft, es herrscht Arbeitslosigkeit, die politische Stabilität ist bedroht. Mehr noch: Der Zusammenhalt der gesamten EU steht auf dem Spiel. Insgesamt drei Rettungspakete vergeben die EU und der Internationale Währungsfonds an Griechenland.
Im Zuge der Krise vereinbaren Griechenlands Gläubiger auch einen Schuldenschnitt. Die Krux: Während die griechische Regierung mit Banken und institutionellen Investoren verhandelt, werden Privatanleger von den Gesprächen komplett ausgeschlossen. Stattdessen führt Griechenland rückwirkend per Gesetz Zwangsumschuldungsklauseln (Collective Action Clauses) ein. Diese zwingen private Anleihegläubiger zum Verzicht auf ihre Forderungen. Doch geschieht das auch wirklich aus freien Stücken?
Die Börse Düsseldorf kritisiert: Der „freiwillige Schuldenschnitt“ erschüttert das Vertrauen der Anleger nicht nur in Staatsanleihen, sondern gar in die Rechtsstaatlichkeit selbst – und wird zum Börsen-Unwort 2012.
Börsen-Unwort 2011: Euro-Gipfel

Der Euro steckt in der Krise. Auf zahlreichen Treffen der Eurostaaten werden Rettungsmaßnahmen für die europäische Gemeinschaftswährung diskutiert. Die Wende kommt erst 2012, als EZB-Chef Mario Draghi ankündigt, „whatever it takes“ am Euro festhalten zu wollen.
Ein Jahr zuvor, 2011, eilen die europäischen Staaten einstweilen von Gipfel zu Gipfel. Die Euro-Gipfel verkommen nach Meinung der Kritiker von der Börse Düsseldorf dabei zu Non-Ereignissen. Denn während ein echter Gipfel sich nur nach mühsamem Aufstieg erklimmen lässt und mit einem weiten Blick und Freude über den Erfolg einhergeht, bleiben die zahlreichen Euro-Gipfel ohne nachhaltige Wirkung.
Die inflationäre Häufung dieser Treffen führe zu einem paradoxen Effekt: Wie bei einer Bergkette, bei der zu viele Gipfel nebeneinander eine Ebene ergeben, verlieren auch die Euro-Gipfel ihre herausragende Bedeutung, wie man in Düsseldorf findet. Das Ergebnis: Euro-Gipfel wird zum Börsen-Unwort 2011.
Börsen-Unwort 2010: Euro-Rettungsschirm

Der Begriff „Euro-Rettungsschirm“ ist eine irreführende Metapher, finden die Unwort-Sucher von der Börse Düsseldorf. „Euro-Rettungsschirm“ steht 2010 für die Notkredite an finanziell angeschlagene Staaten im Rahmen der Eurokrise.
Der Begriff sei in doppelter Hinsicht problematisch, urteilt man in Düsseldorf: Denn eine „Rettung“ markiere eigentlich das Ende einer Notlage. Die Notkredite hingegen müssten jedoch zurückgezahlt werden – wobei oft unklar sei, wie dies gelingen könne.
Auch an der Metapher „Schirm“ stoßen sich die Börsenprofis: Weder funktioniert der „Euro-Rettungsschirm“ wie ein Regenschirm, unter den man sich stellen kann, bis das Unwetter vorüber ist (die Schulden bleiben ja bestehen), noch ist er mit einem Fallschirm vergleichbar (der öffnet sich immer, nicht nur im Notfall).
Statt „Euro-Rettungsschirm“ sollte es besser „Notkreditlinie auf Zeit für bis über die Ohren verschuldete Staaten" heißen, lästern die Düsseldorfer.
Börsen-Unwort 2009: Bad Bank

Der Begriff „Bad Bank“ schafft es 2009 mit großer Mehrheit zum Börsen-Unwort des Jahres. Begründung: Der Begriff sei für ein breiteres Publikum schwer nachvollziehbar. Denn wieso bloß sollte eine offenbar schlechte Bank eine weitere schlechte Bank („Bad Bank“) gründen und damit die Probleme der Finanzkrise lösen?
Bei einer Bad Bank handelt es sich indessen nicht um eine Bank im herkömmlichen Sinne. Das Konstrukt wurde im Zuge der Finanzkrise ersonnen: Banken, die in Not geraten sind, lagern ihre Risiken aus und können mit sauberen Büchern neu starten. Die Börse Düsseldorf nennt es eine „Deponie für toxische Wertpapiere und Assets, bei denen es bereits zu erheblichen Wertabschlägen gekommen ist“.
Die Verluste, die auf eine Bad Bank ausgelagert werden, könnten je nach Marktverlauf auch noch schlimmer werden – oder positiver, erinnern die Düsseldorfer. So könnte eine Bad Bank, wenn die bei ihr geparkten Vermögensgegenstände den Wert der eigentlich schon abgeschriebenen Gegenstände übersteigen, sogar Gewinne einfahren. Klingt merkwürdig? Ist es auch. In diesem Fall wäre die Bad Bank am Ende sogar eine Good Bank, sinnieren die Düsseldorfer.
Sie räumen ein: Langfristig könnten „Bad Banks“ dem Bankensystem aus der Krise helfen und dazu beitragen, das verloren gegangene Vertrauen zwischen den Banken wiederherzustellen.
Börsen-Unwort 2008: Leerverkauf

Der Begriff „Leerverkäufe“ wird 2008 zum Börsen-Unwort gewählt – weil er zu Unrecht negativ stigmatisiert wird, wie man bei der Börse Düsseldorf findet. Denn im Grunde genommen sei ein Leerverkauf eine ganz normale Finanztransaktion: Der Verkäufer leiht sich Wertpapiere gegen Sicherheiten und Leihgebühr, verkauft diese und hofft, sie vor der Rückgabe günstiger zurückkaufen zu können. Diese Praxis ermöglicht Risikoabsicherung und erhöht die Liquidität am Markt.
Wieso Leerverkäufe 2008 trotzdem einen negativen Beiklang erhalten? Während der Finanzkrise legen Aufsichtsbehörden fest, dass bestimmte große Finanztitel nicht leerverkauft werden dürften, um die Finanzstabilität nicht zu gefährden.
Außerdem erlangen sie in einem spektakulären Fall rund um den Volkswagen-Konzern zweifelhaften Ruhm: Leerverkäufer spekulieren auf einen Kursverfall, ein massenhafter Run auf die Aktie lässt den Kurs jedoch immer weiter steigen. Dadurch erleiden Volkswagen-Leerverkäufer besonders dramatische Verluste.
Der Fall Volkswagen zeige zwar die Risiken von Leerverkäufen auf, sei aber kein Grund, das Finanzinstrument grundsätzlich zu verteufeln, finden die Düsseldorfer.
Börsen-Unwort 2007: Subprime

Der Begriff „Subprime“ wird 2007 zum Symbol der weltweiten Finanzkrise. Während die Bezeichnung („unterhalb der Spitzenqualität“) harmlos klingt, verbirgt sich dahinter ein fatales Geschäftsmodell, das 2007 in voller Blüte steht: Banker bündeln ausfallgefährdete Hypothekendarlehen und verpacken sie zu vermeintlich lukrativen Finanzprodukten. Da die Ratingagenturen mitspielen und den zweifelhaften Schuldenpaketen Bestnoten verleihen, schlagen weltweit renditehungrige Investoren zu.
Was zunächst nur einzelne US-Immobilienfinanzierer straucheln lässt, wächst sich zu einer der größten Vertrauenskrisen an den internationalen Finanzmärkten aus, wie die Börse Düsseldorf 2007 diagnostiziert. Mit dramatischen Folgen: Risikomanager und Vorstände werden entlassen, Banken müssen Milliarden abschreiben.
„Leider ist zu erwarten, dass die Subprime-Krise noch weitere Spuren in den Jahresabschlüssen der Finanzhäuser hinterlässt und insofern noch längst nicht beendet ist“, warnen die Düsseldorfer begleitend zur Kür ihres Börsen-Unworts 2007. Mit Blick auf die Folgejahre sollen sie Recht behalten.
Börsen-Unwort 2006: Börsen-Guru

„Börsen-Guru“ schafft es 2006 aus zwei Gründen zum Börsen-Unwort des Jahres. Für die Börse Düsseldorf widerspricht der Begriff fundamental dem Wesen der Börse. Denn dort lassen sich einfach keine unfehlbaren Voraussagen treffen – was allerdings der Begriff andeutet.
Zum anderen steht er für eine fragwürdige Geschäftspraxis: Selbsternannte Börsen-Gurus versprächen leichtgläubigen Anhängern hohe Gewinne, indem sie gezielt kleine, unbekannte Aktien (Penny Stocks) empfehlen. Durch die geringe Marktkapitalisierung dieser Werte reichten bereits wenige Orders aus, um deren Kurse deutlich nach oben zu treiben.
Dabei profitierten vor allem die „Gurus“ selbst, wie die Börse Düsseldorf erinnert: durch kostenpflichtige Newsletter, Seminare, Hotlines und vermutlich auch durch die selbst herbeigeredeten Kurssteigerungen.
„Die Gefahr für den Privatanleger ist, dass er völlig unkritisch den sich selbst erfüllenden Prophezeiungen glaubt, Investitions-Entscheidungen nicht hinterfragt oder vergleicht, und er letztlich mit seinem eigenen Geld vor allem den Gewinn des 'Gurus' vermehrt“, schreiben die Düsseldorf in ihrer Begründung.
Börsen-Unwort 2005: Heuschrecken

Der vom damaligen SPD-Chef Franz Müntefering geprägte und bis heute populäre Vergleich von Finanzinvestoren mit gefräßigen Insektenschwärmen wird 2005 aus der Taufe gehoben. „Heuschrecken“ soll das vermeintliche Wesen von Private-Equity-Gesellschaften und Hedgefonds entlarven. Die Metapher beschreibt Investoren als schonungslose Egoisten, die über Unternehmen herfallen, sie abgrasen und dann einfach weiterziehen.
Das sei allerdings ein verzerrtes Bild einer ganzen Branche, findet man in Düsseldorf. Denn in Studien lasse sich auch das Gegenteil belegen: Mit Beteiligungskapital finanzierte Firmen wachsen schneller, schaffen mehr Arbeitsplätze und erwirtschaften höhere Renditen. Auch bei der Sanierung von Unternehmen spielen diese Investoren eine wichtige Rolle, erinnert man in Düsseldorf.
Und auch im biologischen Sinne sei die Bezeichnung unzutreffend. Denn im Gegensatz zu den tierischen Heuschrecken treten Finanzinvestoren weder in Schwärmen auf, noch lassen sie sich wie echte Heuschrecken von einem Parasiten namens „Saitenwurm“ in den Selbstmord treiben – wie es im Tierreich vorkommt. Auch darauf weist die Börse Düsseldorf hin.
Börsen-Unwort 2004: Seitwärtsbewegung

Der Begriff „Seitwärtsbewegung“ sei ein logischer Widerspruch, findet man bei der Börse Düsseldorf: Er beschreibt eine Situation, in der sich an der Börse gerade nichts bewegt. Während die Börse von Kursbewegungen lebt – das Auf und Ab sorgt für Handelstätigkeit und Ordervolumen – bedeute eine „Seitwärtsbewegung“ in Wirklichkeit Stillstand: horizontale Linien ohne Volatilität, ein Albtraum für jeden Börsianer. Der von Charttechnikern geprägte Begriff wolle dem jedoch eine gewisse Dynamik andichten, kritisiert man bei der Börse Düsseldorf.
Das Börsenjahr 2004 ist indessen ein typisches Jahr für einen solchen Stillstand: Der deutsche Leitindex Dax pendelt im Jahresverlauf lange um die 4.000 Punkte – bevor er gegen Jahresende auf einmal nach oben wegzieht.
Börsen-Unwort 2003: Bester Preis

„Bester Preis“ ist 2003 ein beliebtes Marketingversprechen. Der Begriff sei jedoch irreführend, findet man bei der Börse Düsseldorf: Denn nach der Börsenordnung ist ein Börsenpreis derjenige, zu dem der größte Umsatz bei größtmöglichem Ausgleich der Kauf- und Verkaufsaufträge stattfindet.
Zudem enthalte der Begriff einen logischen Widerspruch, wie die Düsseldorfer monieren: Was für den Käufer „bester“ Preis ist, bedeute für den Verkäufer zwangsläufig einen „schlechten“ Preis – und umgekehrt. Wenn mehrere Anbieter also gleichzeitig den „besten Preis“ garantieren, müssten sie sich theoretisch bei der Preisfeststellung gegenseitig permanent unter- beziehungsweise überbieten.
„Insofern suggeriert die Verwendung dieses Begriffes Anlegern einen Vorteil, der eigentlich nicht existiert“, schreiben die Autoren in ihrer Erläuterung zum Börsen-Unwort 2003.
Börsen-Unwort 2002: Enronitis

Der Begriff „Enronitis“ entsteht 2002 im Zuge des Bilanzfälschungsskandals bei Enron. Der US-Energiehändler geht Ende des Jahres 2001 krachend insolvent – obwohl Ratingagenturen ihm kurz vorher noch beste Bonität bescheinigt haben. Die Aktie wird vom Handel genommen, Verträge über Sparpläne und Betriebsrenten für Mitarbeiter werden wertlos.
Dagegen erhalten hunderte von Enron-Managern noch kurz vor der Insolvenz saftige Boni. Enron beziehungsweise die Enronitis wird zum Synonym für einen epidemischen Vertrauensverlust an den Börsen.
In Düsseldorf empfindet man die Wortschöpfung jedoch als problematisch: Sie setze kriminelles Handeln einzelner Akteure mit einem „seuchenartigen Krankheitsverlauf“ gleich. Zumal 2002 auch die Dotcom-Blase eben geplatzt ist und sich viele Verbraucher, darunter viele Neuaktionäre, verprellt fühlen.
Der Begriff „Enronitis“ könne das Vertrauen in den Finanzmarkt zusätzlich erschüttern, beklagt man unter diesem Eindruck bei der Börse Düsseldorf. Und betont: „Tatsächlich greifen aber die Aufsichts- und Transparenzbestimmungen, um Manipulationen aufzudecken und den Anlegerschutz zu gewährleisten.“
Das wiederum scheint angesichts zahlreicher Folgeskandale eine allzu optimistische Einschätzung zu sein.
Börsen-Unwort 2001: Gewinnwarnung

Die wörtliche Übersetzung des englischen „profit warning“ wird 2001 zum Börsen-Unwort des Jahres gekürt. Die Düsseldorfer begründen ihre Wahl: „Gewinnwarnung“ suggeriert eigentlich eine Warnung vor Gewinnen, dabei warnt es vor genau dem Gegenteil, nämlich vor Verlusten. Beziehungsweise vor Gewinnen, die viel kleiner als prognostiziert ausfallen.
Ein Unternehmen muss eine solche Mitteilung veröffentlichen, wenn die Geschäftsentwicklung deutlich schlechter als prognostiziert verläuft (früher in Paragraf 15, heute Paragraf 26 WpHG gefordert).
Interessanterweise steht „Gewinnwarnung“ im selben Jahr auch auf der Shortlist für die Wahl zum allgemeinen Unwort des Jahres. Dort jedoch setzte sich stattdessen der Begriff „Gotteskrieger“ durch – im Jahr der Anschläge des 11. September eine nachvollziehbare Wahl.
Für heutige Ohren klingt „Gewinnwarnung“ kaum mehr schräg – es hat sich im Börsen-Sprech durchgesetzt.