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Börsenblatt „Die Revolution des Donald Trump“

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Wenn die Welt voll von weißem Rauschen ist, dann ist es eine gute Idee, sich zu verhalten wie der Fuchs. Das bedeutet vieles, insbesondre aber**:

1. In Wahrscheinlichkeiten denken: Welche Annahme auch immer man trifft, sie sollte mit einer Wahrscheinlichkeitsaussage kommen. In solchen Situationen sollte man sich nie sicher sein, dass man richtig liegt.

2. Die Vergangenheit vergessen: Die Beurteilung der Lage sollte man nicht davon abhängig machen, wie man sie gestern beurteilt hat. Wenn die Dinge sich ändern (wovon in volatilen Situationen auszugehen ist), muss man auch seine Meinung ändern.

3. Schwarmintelligenz nutzen: Der breite Konsens ist oft ein guter Indikator für die richtige Interpretation. Der Durchschnitt vieler Meinungen und Prognosen ist meist besser als eine einzelne. Es ist derzeit gut, nicht nur den Wirtschafts- sondern auch den Politikteil der Zeitung zu lesen.

4. Reflektieren: Man sollte sich der eigenen Vorurteile möglichst bewusst sein und die eigene Voreingenommenheit in die Überlegungen einbeziehen. Gerade in einer ideologisch aufgeladenen Situation, in der man dem anderen politischen Lager jedes Schurkenstück zutraut, sollte man es für möglich halten, dass das Schöne und Gute nicht immer auch das Wahre ist.

Der Investor wird also abwarten und die vielen kleinen Hinweise aufsammeln, die ihm verraten, wie weit es mit dem Strukturbruch und der Revolution tatsächlich her ist. Man sollte sich nicht von der Hektik der Medien, von Spiegel Online bis zur New York Times anstecken lassen und genau hinsehen, was Geschwätz und was Information ist. Das erfordert Geduld und genaues Zuhören – beides Dinge, die eher rare Güter sind an den Finanzmärkten.

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Quelle: Bloomberg

Die Signale, auf die wir warten, sind nicht die pompösen Dekrete, sondern sie finden sich in der Gesetzgebung. Wenn es zu Zöllen bei potenten Handelspartnern kommt; wenn der nächste Zentralbankchef ein ebensolches Leichtgewicht ist wie Trumps Berater in Handelsangelegenheiten; wenn der Rechtsstaat ausgehöhlt wird; wenn der Eingriff in die unternehmerische Freiheit größer ist als die Ermunterung zu lokaler Fertigung – wenn solche Dinge geschehen, dann ändert sich tatsächlich etwas.

So lange davon nichts geschehen ist, müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass der Schaden, den die Umwelt und der Liberalismus unter Trump nehmen, keine kurzfristigen, sondern nur langfristige wirtschaftliche Schäden verursacht. Und mittelfristig sehen die Märkte weder besonders teuer aus (insbesondere in Europa) noch gibt es nennenswerte Anzeichen für einen wirtschaftlichen Abschwung.

Die Einkaufsmanager sind auf der ganzen Welt positiv gestimmt, die wirtschaftliche Zuversicht allgemein spürbar. Noch kann alles Mögliche geschehen. Noch haben wir in wirtschaftlicher Hinsicht nichts erlebt, was nicht bei einer ganz normalen Regierungsübernahme durch die Republikanische Partei zu erwarten wäre. Das ist die entscheidende Aussage für den Investor. Die Verpackung ist schrill und unappetitlich. Aber etwas Substanzielles ist noch nicht passiert. Und an die Tweets werden wir uns schon noch gewöhnen.

** Im Folgenden beziehe ich mich auf Nate Silver, The Signal and the Noise, S. 61-73.

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