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Börsenkenner Robert Halver Zinswende voraus?

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Würde sich die Wirtschaftserholung dann doch nicht einstellen und müsste die internationale Geldpolitik doch wieder freizügiger werden, hätte sie viel an Reputation und damit auch an zukünftiger Handlungsfähigkeit verloren. Bei Aprilwetter-launigen Präsidenten sollte man immer die dicke Jacke und den Regenschirm dabeihaben.

Die Geldpolitik hat „Platzangst“

Ohnehin geht es den Notenbanken um viel mehr als nur Konjunkturfragen. Die Fed als Mutter aller Notenbanken ist ein gebranntes Kind der Finanzkrise 2008. Mit ihren Zinserleichterungen hatte sie im Vorfeld einen Immobilienboom ausgelöst und anschließend mit einer Verfünffachung der Leitzinsen seinen Crash verursacht. Damals wurde aus der Immobilien- zügig eine Schuldenkrise, die um ein Haar das Ende des Finanzsystems bedeutet hätte.

Und heute sind die Systemrisiken noch größer. Heute hat die Welt etwa 50 Prozent mehr Schulden als vor der Finanzkrise. Wir sprechen von einer Gesamtverschuldung von ca. 260 Bio. US-Dollar. Die Fallhöhe einer internationalen Schuldenkrise 2019 ist also deutlich größer als 2008. Dieses Monster, diese größte Anlageblase aller Zeiten, kann nur durch anhaltende künstliche Zinsdrückung der Notenbanken am Platzen gehindert werden.

Vor diesem Hintergrund betreibt auch die EZB mit ihren seit November 2019 revitalisierenden Anleihekäufen in Höhe von monatlich 20 Milliarden Euro systemerhaltende Maßnahmen. Ohnehin muss sie als Schutzpatronin ebenso die (sozial-)politischen Fliehkräfte einer wenig harmonischen Eurozone bändigen. Sie muss den Euro-Laden zusammenhalten. Strategisch vorausschauend hat dieses Ankaufprogramm daher keine zeitliche Befristung.

Die EZB kann also auch morgen und übermorgen noch alle Schuldenrisiken in Liquidität ersäufen. Mehr als die gesamte Neuverschuldung der Eurozone ist gedeckt. Das ist unverhohlene Staatsfinanzierung. Politische Stabilität der Eurozone geht grundsätzlich vor Finanzstabilität. Wundern Sie sich jetzt immer noch, warum Christine Lagarde und nicht Jens Weidmann das EZB-Zepter schwingt?

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