Roundtable Klein, fein, mein: Wie Fonds-Boutiquen die Branchengrößen herausfordern
Die Finanzbranche befindet sich im Umbruch. Während die Giganten weiter wachsen, behaupten sich kleinere, spezialisierte Anbieter erfolgreich am Markt. Doch wie schaffen es diese Davids, gegen die Goliaths zu bestehen? DAS INVESTMENT hat drei Experten zum Roundtable geladen: Alexander Patz von Wagner & Florack, Andreas Meyer von Fountain Square Asset Management und Heiko Böhmer von Shareholder Value Management. Im Gespräch zeigt sich: Größe ist nicht alles – Persönlichkeit, Transparenz und Spezialisierung sind die Trümpfe der Kleinen.
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Die Finanzbranche befindet sich im Umbruch. Während die Giganten weiter wachsen, behaupten sich kleinere, spezialisierte Anbieter erfolgreich am Markt. Doch wie schaffen es diese Davids, gegen die Goliaths zu bestehen? DAS INVESTMENT hat drei Experten zum Roundtable geladen: Alexander Patz von Wagner & Florack, Andreas Meyer von Fountain Square Asset Management und Heiko Böhmer von Shareholder Value Management. Im Gespräch zeigt sich: Größe ist nicht alles – Persönlichkeit, Transparenz und Spezialisierung sind die Trümpfe der Kleinen.
DAS INVESTMENT: Meine Herren, kürzlich machte die Nachricht die Runde, dass BNP Paribas AXA IM übernehmen will. Damit entsteht ein neuer Gigant in Europa. Wie blicken Sie als Vertreter von Boutiquen auf diesen Fusionstrend? Macht es das Leben für Sie schwieriger oder sehen Sie es als Chance?
Heiko Böhmer: Wir haben ein spezielles Angebot, und unser Alleinstellungsmerkmal ist das Eigentümergeführte. Deshalb interessieren uns diese Fusionen ehrlich gesagt kaum. Ob es nun 18, 16 oder 12 große Player am Markt gibt, spielt für uns keine Rolle – wir sind in einer anderen Liga.
Alexander Patz: Für uns ist das weitgehend irrelevant. Unser Pitch ist das Thema der echten Unabhängigkeit und Flexibilität. Beides prägt unsere DNA, und beides schafft Mehrwert für den Kunden. Das im Wettbewerb klar zu kommunizieren und zu betonen ist unsere Herausforderung und Aufgabe.
Andreas Meyer: Bei uns ist es noch extremer. Ob Axa und Co. fusioniert, ist für uns irrelevant. In unserem Bereich, den Special Situations, haben wir praktisch keine direkten Wettbewerber in Deutschland. Was wir machen, wird hauptsächlich von angelsächsischen Investoren umgesetzt, typischerweise von klassischen Hedgefonds aus London. Wir sind also mit einem ziemlich großen Alleinstellungsmerkmal im deutschen Markt unterwegs.
Das klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Gibt es denn gar keine Herausforderungen für Sie durch die zunehmende Konsolidierung?
Meyer: Wenn man eine Ebene tiefer schaut, sieht man schon Veränderungen. Im Vermögensverwaltungsbereich passiert sehr viel. Es gibt große Equity-Geber, die einen Vermögensverwalter nach dem anderen aufkaufen, um zu wachsen. Das kann durchaus Auswirkungen haben, wenn man sehr eng mit einem bestimmten Vermögensverwalter zusammenarbeitet und der plötzlich fusioniert. Aber auch das kann eine Chance sein. Am Ende des Tages geht es darum, einen guten Job bei der Performance zu machen.
Apropos guten Job machen – muss man sich als Boutique heute anders positionieren als noch vor zehn Jahren?
Patz: Auf jeden Fall ist es kein ausreichendes Alleinstellungsmerkmal mehr, einfach nur eine inhabergeführte Boutique zu sein. Eine erfolgreiche Positionierung gelingt nur über echte Alleinstellungsmerkmale, die dem Kunden Mehrwert bieten: Das ist in unserem Fall die Kombination aus Unabhängigkeit, der Einzigartigkeit der Investmentphilosophie, klarer Meinungen und persönlichem Kontakt. Unsere Aufgabe ist es, diesen Mehrwert für die Kunden mit einer klaren, nachvollziehbaren Kommunikation herauszustellen.
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Böhmer: Das sehe ich ähnlich. Früher war es vielleicht ausreichend, einfach nur gute Performance zu liefern. Heute müssen wir viel mehr erklären und unsere Entscheidungen nachvollziehbar machen. Die Kommunikation spielt eine wichtigere Rolle als früher.
Was können Boutiquen denn tatsächlich flexibler oder besser machen als die Großen?
Böhmer: Ein wesentlicher Punkt ist die Transparenz. Ich erlebe das immer wieder in der Kommunikation mit Kunden und in meinen Präsentationen. Ich spreche offen über unsere Top-Fünf-Positionen. Dabei sage ich nicht einfach, dass etwas ein starker Kauf mit einem bestimmten Kursziel in sechs Monaten ist, sondern ich erkläre detailliert , warum wir in diese oder jene Position investiert haben. Bei den großen Häusern ist da oft Schluss – da kommt aus Compliance-Gründen einfach nichts mehr.
Patz: Klar – Boutiquen sind eher Schnellboot als unbeweglicher Tanker. Aber es geht vor allem auch um die Konsistenz in der Umsetzung und um die Transparenz. Wir identifizieren und voll mit dem, was wir tun, und dokumentieren das deshalb auch transparent: Wir legen unser Buch für den Kunden vollkommen offen. Ich mache mich da regelrecht nackt, um Vertrauen aufzubauen. Bei großen Häusern gibt es „Transparenz“ oft nur im Nachhinein oder mit monatelanger Verzögerung. Da ist der Zug dann schon längst abgefahren.
Meyer: Ich kann das nur unterstreichen. Wir versuchen im Service die Extrameile zu gehen, die große Häuser oft nicht gehen können oder wollen. Wir haben etwa institutionelle Kunden, die uns direkt anrufen, weil sie wissen, dass wir uns Sondersituationen anschauen. Da liefern wir dann echten Mehrwert, gehen häufiger in den Austausch, und der Kunde landet direkt beim Fondsmanager – nicht irgendwo in der x-ten Ebene einer Konzernhierarchie.
Das klingt alles sehr persönlich. Der Fokus auf das "Gesicht der Boutique" scheint bei Ihnen allen sehr präsent zu sein. Ist das nicht auch ein zweischneidiges Schwert?
Meyer: Klar, wir bekommen oft die Frage, was passiert, wenn mal der Hauptverantwortliche ausfällt. Das ist natürlich ein Risiko, das die Kunden für sich abwägen müssen. Aber die meisten kommen zu dem Schluss, dass die Chancen überwiegen. Ich glaube, viele Anleger finden es am Ende des Tages cool, einen Fonds mit einem echten Gesicht zu haben – zumal man diesem Gesicht im Zweifel die Schuld geben kann, wenn es mal nicht so gut läuft.
Böhmer: Bei uns war es sogar so, dass ich als Person die Rolle des „Außenministers“ von unserem Gründer Frank Fischer nach und nach übernommen habe. Früher hat er 90 Prozent der Außenauftritte gemacht, heute mache ich den Großteil. Das zeigt, dass wir als Boutique flexibel sind und uns anpassen können, ohne unsere Identität zu verlieren.
Das klingt alles sehr positiv. Aber mal Hand aufs Herz: Die Mittelzuflüsse konzentrieren sich doch oft auf wenige große Boutiquen. Was braucht es denn wirklich, um als kleine Boutique richtig Mittel anzuziehen?
Meyer: Wir sind ein kleines Team, momentan fünf Mitarbeitende, und wir reinvestieren viel. Wir sind bei 161 Millionen Assets under Management, was für uns schon ein toller Erfolg ist. Aber klar, die ganz großen Tickets gehen oft erstmal an die bekannten Namen. Für uns ist es wichtig, dass wir die Balance finden zwischen Wachstum und Qualität. Wir hatten Situationen, wo ich quer durch Deutschland gefahren bin, um ein vergleichsweise kleines Ticket abzuholen – was eigentlich in keiner Relation zum Aufwand stand. Aber genau das unterscheidet uns eben auch.
Patz: Der Schlüssel liegt darin, nicht krampfhaft zu versuchen, die Großen zu kopieren. Wir fragen unsere potenziellen Kunden ganz direkt: „Was suchen Sie?“ Und dann schauen wir gemeinsam, ob das Angebot passt – oft genug sollte es passen. Wir machen uns unsere Nische zunutze. Wir machen aber nichts, von dem wir nicht überzeugt sind, nur um ein Mandat zu gewinnen. Am Ende werden weder wir noch der Kunde damit glücklich. Wenn das Angebot bei dem Interessenten gerade nicht passt, ist das auch ok.
Böhmer: Genau, diese Spezialisierung ist unser Vorteil. Ich arbeite mich tief in ein Thema ein und kann dann auch wirklich detailliert darüber sprechen. Bei uns weiß man, wenn Heiko Böhmer auftaucht, was gespielt wird. Diese Konsistenz und Expertise schätzen viele Kunden.
Zum Abschluss noch eine Frage: Was wäre Ihr größter Wunsch, um die Boutiquen-Landschaft in Deutschland zu stärken?
Patz: Ich würde mir wünschen, dass die Fondsselektoren öfter mal out of the box denken. Wenn sie spezialisierten kleineren Anbietern eine Chance geben, können sie sich von der Konkurrenz abheben. Das wäre ein echtes Alleinstellungsmerkmal, sie würden echten Mehrwert erhalten und würden uns als Boutiquen natürlich auch helfen.
Böhmer: Und wenn wir schon beim Wünschen sind: Wenn die Aktienrente kommt, dann bitte nicht nur die großen ausländischen Adressen mit Standardprodukten bestücken. Es wäre toll, wenn man damit auch den Finanzstandort Deutschland stärken würde, vielleicht sogar mit einem Fokus auf kleinere, innovative Anbieter. Das wäre mein Traum.
Meyer: Einen Wunsch habe ich auch noch! Wir würden uns sehr freuen, wenn auch der deutsche Markt offener für Alternative-Strategien wird. Diese sind derzeit vor allem angelsächsischen Anbietern vorbehalten. Eine zunehmende Allokation ist bereits erkennbar und wir sind dankbar über viele Gespräche, aber da ist sicherlich noch viel Luft nach oben.