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Branche im Wandel Wie Versicherer digital Schritt halten wollen

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Doch Internetportale wie Booking.com verdrängten lediglich die Vermittler wie Reisebüros. Mithilfe spezieller Kampagnen über den Vertriebsweg Internet reduzieren die Hotels ihre Leerstände in den Randzeiten heute sogar besser als früher. Ähnlich wie bei ihrer Urlaubsplanung informieren sich viele Verbraucher hierzulande auch vor dem Abschluss einer Versicherung zunächst über das Internet – besonders gerne auf vermeintlich unabhängigen Vergleichsportalen wie Check 24 und Verivox. Deren Macht habe jedoch ihre Grenzen, denn viele Produkte der Personenversicherung erscheinen zu erklärungsbedürftig für den unbegleiteten Online-Vertrieb. „Daran wird sich vorerst nichts ändern.“


Kottmann: Als Gefahr für die Hotellerie erscheint hingegen Airbnb. Denn dieser als Start-up an den Markt gekommene Vermittler von privaten und gewerblichen Übernachtungsmöglichkeiten stelle das Geschäftsmodell Hotel grundlegend infrage. „Eine solche Disruption sehen wir am Versicherungsmarkt heute noch nicht: Es gibt kein komplett neues Angebot, das unter einer neuen Marke beworben wird“, beruhigt Kottmann.

Eine Police sei schließlich kein Produkt wie ein Paar Schuhe, das der Kunde nach dem Anprobieren einfach zurück an den Versandhändler schicken kann. Stattdessen habe man als Verbraucher teilweise erst nach vielen Jahren die Gewissheit, dass die Versicherung im Ernstfall einspringt: „Damit geht es hier vor allem um Vertrauen, und es ist kein Wunder, dass viele junge Leute bei den gleichen Gesellschaften wie ihre Eltern versichert sind.“ Das stelle eine Herausforderung für Newcomer wie Lemonade dar, die „erst einmal eine starke Marke aufbauen oder alternative Marktzugänge finden“ müssten.

Einfacher hätten es dagegen Deutschlands Banken, denen die Deutschen auch hinsichtlich des Datenschutzes mehr vertrauen als jungen Tech-Firmen. „Sofern die Kunden der Weitergabe ihrer Transaktionsdaten zustimmen, sitzen die Kreditinstitute sogar auf einer potenziellen Goldmine“, glaubt Unternehmensberater Kottmann. „Dank der EU-Zahlungsdienstrichtlinie PSD 2 können sie sogenannte Financial Homes mit einem Bancassurance-Komplettangebot aufbauen.“ Die neue EU-Zahlungsdienstrichtlinie kennen Online-Kunden deutscher Banken spätestens seit der Mitte September eingeführten Pflicht zur sogenannten starken Kundenauthentifizierung: Online- und Kartenzahlungen müssen sie nun zweifach bestätigen. Außerdem schreibt die Payment Services Directive 2 (PSD 2) Banken vor, externen Dienstleistern Zugriff auf Kontodaten der Kunden zu gewähren. Voraussetzung dieses Datentransfers an externe Dritte ist das Einverständnis des Endkunden.

Das heißt, die Geldhäuser bündeln anbieterunabhängig Bankkonten, Versicherungen und Kapitalanlagen in einem digitalen Ökosystem, das mit einer einzigen App auf dem Smartphone verwaltet werden kann. Diese digitalen Heimstätten für Finanzen erhalten detaillierten Einblick in Einkommen und Lebenshaltungskosten sowie Sparguthaben und Versicherungen. Diese Informationen können die Betreiber auswerten, um dem Kunden beispielsweise Alternativen zu bestehenden Policen aufzuzeigen, ihn auf einen Bedarf hinzuweisen oder zum Kündigen überflüssiger Altverträge zu raten. So kann die Bank künftig beispielsweise einen jungen Familienvater auf sein Angebot einer Risikolebensversicherung hinweisen, sobald sie erstmals den Eingang von Kindergeld auf dem Girokonto bemerkt. Für das systematische Auffinden solcher Vertriebspotenziale eignet sich der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI).

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