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Aktualisiert am 09.09.2022 - 11:23 Uhrin Stolls FondseckeLesedauer: 7 Minuten

Stolls Fondsreisen Brasilien: Aufholjagd am Zuckerhut

Christusstatue in Rio de Janeiro
Christusstatue in Rio de Janeiro: Brasiliens Aktienmarkt ist seit Jahresbeginn im Aufwind. Mutige Anleger setzen auf eine weitere Erholung. | Foto: imago images / agefotostock

Megametropolen, smaragdgrünes Meer, Caipirinha, Karneval in Rio, der riesige Amazonas oder exzellenter Fußballzauber vom Feinsten: Brasilien lockt als Urlaubsziel jedes Jahr viele Touristen aus aller Welt an. Das südamerikanische Land ist flächenmäßig das fünftgrößte der Erde. Die Geografie wird geprägt von den Regenwäldern des Amazonas. Der Blick durch die touristische, und zugegeben etwas klischeehafte Brille täuscht allerdings ein wenig über die wirtschaftlichen und politischen Probleme hinweg. Das größte Land Südamerikas steht vor zahlreichen Herausforderungen.

Inflation bei 10 Prozent

Das aktuell drückendste Problem ist die Inflation, die im Februar bei stolzen 10,54 Prozent im Vergleich zum Vorjahrjahresmonat lag. In den letzten Jahren explodierten die Lebensmittelpreise, weil die Landeswährung, der Real, massiv an Wert verlor. 

Das weckt bei vielen Einwohnern Erinnerungen an die 90er Jahre. Damals kämpfte Brasilien mit der Hyperinflation. Zudem traf die Corona-Pandemie das Land am Zuckerhut hart. Weit über 600.000 Corona-Tote, eine hohe Arbeitslosigkeit und Armut waren die Folgen politischen Versagens während der Pandemie. Auch ist es der Regierung nicht gelungen, die Korruption erfolgreich zu bekämpfen. Im Gegenteil: Zahlreiche Korruptionsskandale haben einen direkten Bezug zu Regierungskreisen.

Präsidentschaftswahlen im Oktober

Die Bilanz des amtierenden Präsidenten Jair Bolsonaro ist erschreckend und gleicht mehr einem Desaster als einer Erfolgsgeschichte. Dementsprechend mies sind seine aktuellen Umfragewerte, die gerade einmal bei 25 Prozent liegen. Herausforderer und Ex-Präsident Lula da Silva gewinnt immer weiter an Boden. Viel Zeit für Überzeugungsarbeit bleibt dem Amtsinhaber nicht mehr. Die nächsten Wahlen sind im Oktober 2022.

Renditesamba in São Paulo

Doch allen Krisen zum Trotz ist von Börsenpanik in São Paulo nichts zu spüren. Das Gegenteil ist der Fall. Während risikobehaftete Börsen in anderen Schwellenländern wie China und Russland dramatisch wegbrechen – russische  Titel sind gar nicht mehr handelbar –  hat der brasilianische Aktienmarkt im laufenden Jahr zweistellig gewonnen, obwohl er selbst nicht gerade als Hort von Stabilität gilt. Der von Indexanbieter Morgan Stanley berechnete MSCI Brazil Index notiert so rund 20 Prozent höher als noch zu Jahresbeginn.

Die Gründe dafür sind vielfältig. So ist das brasilianische Bruttoinlandsprodukt (BIP) im vergangenen Jahr um 4,6 Prozent gewachsen. Das Wachstum wurde vor allem vom Dienstleistungssektor getragen. Auch die zuvor verschleppte Impfkampagne läuft mittlerweile auf Hochtouren. Brasilien hat sich aus dem Status einer der am schlimmsten von Corona betroffenen Regionen weltweit herausgeboostert. Ganz Lateinamerika ist inzwischen der Kontinent mit der höchsten Impfquote.

Brasilianische Aktien sind noch günstig

Die Aktien im Leitindex Ibovespa sind zudem verlockend günstig. Das zieht vermehrt ausländische Investoren an. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt nach Bloomberg-Angaben bei lediglich 6,5 und somit mehr als 70 Prozent unter dem historischen Fünfjahresdurchschnitt.

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Der derzeit größte Katalysator für künftig steigende Kurse dürfte die angespannte geopolitische Situation und die Neuausrichtung der globalen Wirtschaftspolitik seit dem Putin-Krieg sein. Brasilien hat das, was Europa dringend braucht: Rohstoffe! Das größte Potenzial liegt mit den sogenannten Pre-Salt-Öl- und Gasfeldern im Tiefseewasserbereich. Die Erdölproduktion belief sich im Jahr 2020 auf rund 160 Millionen Tonnen.

Außerdem ist Brasilien der größte Lieferant von Eisen und anderen Industriemetallen. Ein weiterer Wirtschaftspfeiler ist der Export von Lebensmitteln wie Kaffee, Kakao, Zucker und vor allem Soja. Alles Güter, die sich nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine massiv verteuert haben. Sollte sich der Trend, wie einige Experten vermuten, zu einem neuen Rohstoffsuperzykus mausern, böte das einen idealen Nährboden für weiter steigende Kurse.

Petrobras: Mineralölgigant mit Sitz in Rio de Janeiro

Zu den größten Unternehmen Brasiliens zählt der Rohstoffgigant Petrobras, an dem der Staat zu rund 64 Prozent beteiligt ist. Die Südamerikaner sind mit einem Anteil von 3 Prozent am weltweiten Angebot von Erdöl der achtgrößte Produzent, gleich nach den Vereinigten Arabischen Emiraten. Um neue Ölquellen zu erschließen will der Konzern in den nächsten vier Jahren rund 68 Milliarden Dollar investieren.

Geplant sind moderne Techniken, um Öl aus der Tiefsee zu pumpen und die Förderkosten auf unter 10 Dollar pro Barrel zu senken. In den letzten vier Jahren erzielte Petrobras einen freien Cashflow von 140 Milliarden US-Dollar. Die Dividendenrendite lag im Jahr 2021 bei rund 20 Prozent und der Kurs der Petrobras-Papiere stieg binnen Jahresfrist um 75 Prozent.

Wer von der aktuell freundlichen Großwetterlage am Zuckerhut profitieren möchte, kann sich lediglich zwischen neun Produkten entscheiden. Darunter sind vier aktiv gemanagte Fonds.

Wissenswertes über Brasilien:

  • Einwohner: 212 Millionen
  • Hauptstadt: Brasilia
  • Fläche: 516.000 km²
  • Amtssprache: Portugiesisch
  • Leitbörse: BM & F Bovespa in São Paulo
  • Leitindex: Ibovespa
  • Währung: Brasilianischer Real
  • Pro-Kopf Einkommen: 7000 US-Dollar/Jahr
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